Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)
beunruhigt. Wusste er, was in Alexandria geschehen war? Ahnte er, warum der Patriarch den Mönch nach Florenz geschickt hatte? Fürchtete er um mein Leben?
»Seid Ihr bewaffnet, Caedmon?«
Er zeigte mir den Dolch, den er unter dem Skapulier trug. »Dann begleitet mich, und weicht nicht von meiner Seite!«
Ein Bund mit dem Tod und ein Pakt mit Satan, um mein Leben zu schützen, dachte ich, während ich mit Caedmon die Treppe hinunterstieg, um Bruder Leonidas mit einem strahlenden Lächeln in meinem Haus willkommen zu heißen und mich nach dem werten Befinden des Patriarchen zu erkundigen, der ihn geschickt hatte, mich zu ermorden.
Ich erwachte, als die Tür meines Schlafzimmers leise geschlossen wurde.
Das Feuer im Kamin war längst heruntergebrannt, und die verglimmende Glut reichte nicht aus, um in der Finsternis sein Gesicht zu erkennen. Es war mitten in der Nacht! Wo war er so lange gewesen?
Ich lag still und wartete, bis Niketas sein Metropolitengewand abgelegt hatte und zu mir unter die Bettdecke geschlüpft war. Seinen Dolch schob er unter das Kopfkissen.
Als ich mich zu ihm umdrehte, flüsterte er: »Ich dachte, du schläfst schon ...«
»Ich habe auf dich gewartet, aber dann bin ich eingeschlafen.«
»Caedmon hat mir eben von Leonidas' Besuch erzählt. Bis auf die Küche und die Pferdeställe hast du ihm ja den gesamten Palazzo gezeigt.«
»Ich hatte nicht den Eindruck, als würde er sich dabei langweilen. War Caedmon wach, als du kamst?«
»Nein, er hat in meinem Bett geschlafen. Die Tür meines Schlafzimmers stand weit offen. Er hat mich gehört, als ich die Treppe hinaufstieg, und hielt ein Schwert in der Hand, als ich den Raum betrat.«
»Er hat darauf bestanden, heute Nacht vor meiner Tür zu wachen. Wie war dein Treffen mit Basilios und Isidor?«
Er schwieg zwei oder drei Atemzüge lang.
»Ich war beim Kaiser«, offenbarte er mir schließlich.
»Habt ihr über die Konzilssitzung morgen gesprochen?«
»Mhm.«
Er klang so ... so hoffnungslos! »Was ist geschehen?«
In der Finsternis hörte ich ihn tief durchatmen. »Ioannis weiß, dass wir uns lieben und dass ich mein Gelübde gebrochen habe.«
»Du lieber Himmel!«, flüsterte ich betroffen. Demetrios hatte seine Drohung wahr gemacht! »Wie hat er reagiert?«
»Er hat getobt. Er hat mir befohlen, noch heute Nacht meine Truhen zu packen und zu Basilios in den Palazzo Albizzi zurückzukehren. Ich habe mich geweigert.«
»Habt ihr gestritten?«
»Mhm.«
Niketas schwieg eine Weile. Dann murmelte er: »Er hat mich gefragt, ob du schwanger bist.«
Ich ließ mich in die Kissen zurücksinken und starrte in die Finsternis. »Niketas, wünschst du dir ein Kind?«
Er antwortete nicht.
»Und du?«, fragte er schließlich. »Willst du ein Kind?«
»Ich will dich«, sagte ich. »Glaubst du, dass unsere Liebe noch eine Zukunft hat?«
»Ich werde dich nicht verlassen.« Dann wisperte er so leise, dass ich ihn kaum verstehen konnte: »Jedenfalls jetzt noch nicht.« Ich umarmte ihn und hielt ihn fest. Eng aneinander geschmiegt schliefen wir endlich ein.
Kalter Stahl an meiner Kehle!
Die scharfe Klinge schnitt so schmerzhaft in meine Haut, dass ich nicht schlucken konnte, ohne mich zu verletzen.
Entsetzt riss ich die Augen auf und dachte, mein Herz bliebe stehen. Ein Schatten beugte sich über das Bett und bedrohte mich mit einem Dolch. Im Licht der Kerze, die er entzündet hatte, erkannte ich ihn: Bruder Leonidas!
Ich lag wie erstarrt und wagte kaum zu atmen.
Wie war er hereingekommen? Caedmon schlief nebenan. Er musste ihn gehört haben, wenn er die Tür meines Schlafzimmers geöffnet hatte! Ohne mich zu bewegen, blinzelte ich zu den Fensterläden hinüber. Sie waren geschlossen und verriegelt. Dann bemerkte ich den flockigen grauen Staub auf seinem Habit. Es war Asche. Er war durch den Kamin herabgestiegen!
Der Ägypter beugte sich über mich, presste den Dolch an meine Kehle und hielt mir den Zeigefinger an die Lippen. Dann blickte er zu Niketas hinüber, der fest schlief.
Keinen Laut - oder er stirbt!
Ich nickte stumm.
Er bedeutete mir aufzustehen. Ich gehorchte, hob die Decke an und wollte gerade aus dem Bett schlüpfen, als Niketas sich im Schlaf zu mir umdrehte und den Kopf im Kissen vergrub. Sein langes schwarzes Haar fiel über sein Gesicht, und ich konnte nicht erkennen, ob er aufgewacht war.
Ging sein Atem schneller?
Dann sah ich es: Als er sich umdrehte, hatte er seine rechte Hand unter das Kopfkissen geschoben. Dort
Weitere Kostenlose Bücher