Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)
zurückgefunden habe. Weil ich wieder lachen und weinen kann, hoffen und mich nach ihr sehnen. Glückselig, weil ich sie mit allen Sinnen begehre und sie mir unermesslich viel Freude schenkt. In ihren Armen habe ich erkannt, welches Opfer ich in den letzten Jahren gebracht habe.«
»Ihr habt Euer Gelübde gebrochen und ihr Eure Heiligkeit geopfert.«
»Ja.«
»Empfindet Ihr Reue?«
»Nein«, gestand ich. »Ich bin glücklich mit ihr. Und doch weiß ich, dass ich sie schon bald verlassen muss, um nach Athen zu reisen. Werde ich jemals wieder nach Florenz zurückkehren? Werde ich sie vor meinem Tod noch einmal Wiedersehen?«
Tröstend legte er mir die Hand auf den Arm. »Niketas, mein Junge!«
Ich atmete tief durch. »Ihr wisst, welche Karriere Kaiser Manuel für mich plante, nachdem ich ihm endlich die Erlaubnis abgerungen hatte, die Mönchsgelübde ablegen zu dürfen.«
»Er wollte, dass Ihr Patriarch werdet.«
»In der Stunde seines Todes habe ich ihm hoch und heilig geschworen, dass ich ihm seinen Herzenswunsch erfüllen würde. Aber ich kann es nicht.«
»O Gott!«
»Ehrwürdiger Vater, ich weiß, wie enttäuscht Ihr von mir seid. Und wie enttäuscht Manuel wäre, weil ich meinen Schwur breche. Das beschämt mich zutiefst. Aber ich kann nicht Patriarch von Konstantinopolis werden. Und ebenso wenig will ich als Kardinal nach Rom gehen.«
»Warum nicht?«
»Der Papst weiß von meiner Liebe zu Alessandra. Wenn ich den Purpur annehme, erwartet er von mir, dass ich sie verlasse.«
»Wie denkt sie darüber?« Ich zitierte ihre Worte.
»Oje!«, seufzte er. »Niketas, verzeiht mir die Frage: Ist sie schwanger?«
»Das weiß ich nicht. Es ist noch zu früh.«
»Wünscht Ihr Euch ein Kind?«
»Von ganzem Herzen«, bekannte ich. »Ich wünsche mir, dass ich noch so lange lebe, bis ich meinen Sohn oder meine Tochter im Arm halten kann. Das würde mich sehr glücklich machen. Ein Kind zu hinterlassen, wenn ich für immer gehe ... einen kleinen Konstantin ...«
Er ergriff meine Hand und drückte sie. »Und sie?«
Traurig schüttelte ich den Kopf. »Ich glaube, sie will unserem Kind nicht dasselbe Schicksal zumuten, das sie selbst erlitten hat. Dieselben Demütigungen. Dieselben erbitterten Kämpfe, die sie als illegitime Tochter eines Priesters ihr Leben lang ausgefochten hat.«
Er nickte versonnen und schwieg.
»Ihr werdet mir nicht raten, was ich tun soll, nicht wahr?«
»Nein, Niketas, das maße ich mir nicht an, obwohl wir uns schon so lange kennen. Ich bin ein alter, sterbenskranker Mann. Vertraut Euch Eurem besten Freund an! Er kennt Euch besser als jeder andere. Basilios ist in derselben Lage wie Ihr. Der Papst will auch ihn zum Kardinal ernennen. Vor zwei Stunden war er hier, um meinen Rat zu erbitten. Ich habe ihm dasselbe gesagt, was ich Euch nun sage: Versöhnt euch, und trefft diese Entscheidung gemeinsam! Niketas, mein lieber Junge, werdet Ihr mir diesen Herzenswunsch erfüllen?«
Kapitel 23
Der orthodoxe Morgengottesdienst des Hohen Samstags in der Kirche Santa Croce war beendet, die Portale wurden geöffnet. Niketas' Sekretär Leandros, der während der stundenlangen Messe neben mir gestanden hatte, zupfte mich am Ärmel und winkte mich einen Schritt zurück zu den Säulen des Seitenschiffs.
Über den gesenkten Köpfen der niederknienden Gläubigen erblickte ich den Basileus, der in einer Sänfte zum Hauptportal getragen wurde. Ihm folgten der greise Patriarch, die Metropoliten und Bischöfe, alle in schwarzen Roben mit goldenem Brustkreuz und Panagia-Medaillon. Nur die Diakone, die ihnen das Ehrengeleit gaben, trugen goldene und purpurne Brokatgewänder.
Während Ioannis in seiner Sänfte zum Portal getragen wurde, segnete er die Byzantiner und schlug das Kreuz über ihren gesenkten Häuptern. Sein Gesicht wirkte angespannt, die Augen verkniffen, die Lippen zusammengepresst. Als er mich inmitten der Gläubigen erkannte, verfinsterte sich sein Blick, und die zum Segen erhobene Hand hielt einen Moment inne. Dann ließ er sie auf die Armlehne sinken und ballte sie zur Faust. Er war noch immer zornig.
Wenige Tage nachdem der Papst Niketas den Kardinalspurpur überreicht hatte, hatte der Kaiser mich in den Palazzo Peruzzi gebeten, um mir ins Gewissen zu reden.
»Gebt mir Niketas zurück!«, hatte er von mir verlangt, ohne Giorgios Scholarios zu bemühen, der mir gemäß dem strengen Hofzeremoniell seine Worte hätte wiederholen müssen.
Meine Antwort hatte dem Kaiser missfallen. Ebenso
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