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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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wurden nun alte byzantinische Texte vorgelegt, die die orthodoxe Haltung stützen sollten. Ein zutiefst besorgter Kirchengelehrter aus Ephesos, der die mitgebrachten Schriften in aller Eile in der Sakristei von Santa Croce durchgesehen hatte, entdeckte plötzlich eine Formulierung, die der orthodoxen Position zu widersprechen schien. Voller Panik - der Kaiser und der Papst warteten ungeduldig auf seine Rückkehr mit dem Folianten - kratzte er die Tinte vom Pergament. Doch in seiner Hast irrte er sich in der Zeile.
    Als der griechische Text verlesen und die versuchte Fälschung der orthodoxen Kirche entdeckt wurde, brach erneut ein Tumult aus. Der gefälschte Foliant wurde von einem herbeistürzenden römischen Delegierten zornig zu Boden geworfen, zertrampelt und zerfetzt. Darauf kam es zu Handgreiflichkeiten und gotteslästerlichen Flüchen, die in eine wüste Prügelei mehrerer römischer und griechischer Delegierter mündeten.
    Basilios und ich sprangen gleichzeitig auf und schoben uns durch die tobende Menge, um die Streitenden zu trennen und den Frieden wiederherzustellen. Isidor fasste sich ein Herz und folgte uns entschlossen ins Gewühl.
    Tief beschämt über die versuchte Fälschung verließ Markos mit seinem Gefolge die Sitzung. Andere Hierarchen wie Andreas, der Erzbischof von Rhodos, folgten seinem Beispiel.
    Entsetzt über die Gewalt im Konzil - die meisten Schläge trafen Basilios, Isidor und mich -, schlug der Kaiser vor, die Sitzung zu vertagen und andere Manuskripte aus Byzanz holen zu lassen. Doch Kardinal Cesarini lehnte seinen Vorschlag rundweg ab: »Euer Majestät, wenn Ihr in den Krieg zieht, solltet Ihr Eure Waffen mitnehmen und nicht mitten in der Entscheidungsschlacht nach ihnen schicken!«

    Am nächsten Morgen las ich an meinem Schreibtisch einen Brief des Herzogs von Athen, als Alessandra die Tür öffnete und geheimnisvoll lächelnd verkündete: »Ihr habt Besuch, Euer Seligkeit!«
    »Ich will ihn nicht sehen«, murmelte ich und wollte mich wieder dem Schreiben von Herzog Nerio widmen, der sich nach dem Stand der Unionsverhandlungen erkundigte und von den Unruhen in Athen berichtete.
    Empörte Gläubige hatten meine Metropolitankirche besetzt und die Tore von innen verriegelt, um die orthodoxe Kathedrale von Athen gegen jeden zu verteidigen, der dort lateinische Gottesdienste abhalten wollte. Am Ende waren sie mit Waffengewalt aus der Kirche vertrieben worden - drei Tote, neun Schwerverletzte. Und die Lage in Korinth und Mistra war ebenso angespannt ...
    »Es ist nicht Basilios!«, flüsterte Alessandra eindringlich. »Der Papst möchte mit dir sprechen. Er kommt gerade die Treppe herauf!«
    Im selben Augenblick erschien der päpstliche Sekretär in der Tür, schob sich an ihr vorbei in den Raum und verneigte sich. »Euer Seligkeit! Der Heilige Vater ersucht Euch um eine vertrauliche Unterredung.«
    Das Kästchen aus Nussbaumholz, das er unter dem Arm trug, stellte er auf einen der Sessel vor dem Kamin. Ich erhob mich. Fra Domenico geleitete den Pontifex herein und verließ den Raum.
    Als Alessandra ihm folgen wollte, hielt Eugenius sie zurück: »Bitte bleibt! Was ich mit Seiner Seligkeit zu besprechen habe, geht auch Euch etwas an. Denn ich hoffe auch auf Eure Einwilligung«, orakelte er mit einem feinen Lächeln.
    »Wie Ihr wünscht, Heiliger Vater!« Sie schloss die Tür.
    Der Papst kam zu mir herüber. »Verehrter Bruder, ich bin gekommen, um Euch meinen tief empfundenen Dank auszusprechen. Und meine Bewunderung für Euren Mut. Ohne Euer beherztes Eingreifen gestern Nachmittag in Santa Croce wäre das Konzil gescheitert.«
    Schweigend wandte ich mich ab, kehrte zu meinem Sessel hinter dem Schreibtisch zurück und wies auf den zweiten Stuhl. »Wollt Ihr Euch nicht setzen, Bruder Gabriel?«
    Er raffte die Falten seines Ornats und ließ sich nieder, nachdem er so lange gewartet hatte, bis ich saß.
    Alessandra beobachtete uns aufmerksam von der Tür aus.
    »Ich schätze Eure Besonnenheit, Bruder Niketas«, erklärte Eugenius. »Und die Standhaftigkeit, mit der Ihr immer noch für die Versöhnung zwischen Rom und Byzanz eintretet. Gestern habt Ihr etliche schmerzhafte Schläge von beiden Seiten einstecken müssen, als Ihr den Streit zu schlichten suchtet. Ich hoffe, Ihr seid in dem Handgemenge nicht verletzt worden?«
    »Nein«, erwiderte ich. »Basilios von Nikaia und Isidor von Kiew haben mich geschützt.«
    »Ich habe gesehen, wie Euer Freund Euch gegen Eure Gegner verteidigt hat.«

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