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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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begrüßte ich ihn. »Ich bin Alessandra d’Ascoli.«
    Samir wirkte bestürzt. »Bitte verzeih, ich habe dich nicht erkannt«, nuschelte er und rieb sich verlegen die knochigen Hände. Etliche Male hatte der Alte mich mit florentinischer Kleidung und einem blütenzarten Gesichtsschleier durch die Gasse zum Funduk der Italiener eilen sehen. Ich war an seinem Laden stehen geblieben und hatte die Qualität des Papiers und der Farben bewundert.
    »Tayeb und ich werden heute abreisen. Ich benötige Farben für die Buchmalerei.«
    Unruhig blinzelte Samir über meine Schulter die belebte Gasse hinauf zum Funduk. »Wo ist dein ... ähm ... Gefährte?«
    Tayebs Verhältnis zu mir war ihm ein Rätsel: War er mein Gemahl, mein Geliebter, mein Beschützer, mein Sklave? Stets hielt er sich in meiner Nähe auf. Aber weder folgte ich ihm mit demütig gesenktem Blick mit drei Schritten Abstand, noch folgte er mir. Also war er nicht mein Diener. Nein, Tayeb und ich gingen nebeneinander wie Gleichgestellte. Die Tuareg haben ein ungezwungeneres Verhältnis zu Frauen als ägyptische oder türkische Muslime. Bei den Tuareg sind die Männer verschleiert, die Frauen jedoch nicht.
    »Et vergnügt sich im Hamam, bevor wir nach Florenz zurückkehren«, log ich. In Wahrheit hatte ich Tayeb vor einer Viertelstunde zu einem Arzt gebracht, der seine Wunde versorgte. Später, wenn ich unsere Sachen gepackt hatte, wollte ich ihn dort abholen, um die Stadt zu verlassen.
    Nach einigem Zögern ließ sich Samir schließlich herab, mit einer jungen Frau zu verhandeln - schließlich hatte mich Tayeb geschickt. Während wir bei einem heißen Minztee über den Preis für die Farbpigmente feilschten, ließ ich das Portal des Funduks nicht aus den Augen. Zwei Tuchhändler aus Florenz verließen das Gebäude in ihrer Festtagskleidung. Als Christen mussten sie das fünf Pfund schwere Holzkreuz um den Hals tragen und einen blauen Turban anlegen - eine demütigende Vorschrift für die Ungläubigen.
    Nach einem Glas Tee waren wir uns einig. Ich verließ Samirs Laden mit zwei Säckchen Farbpigmenten in Lapisblau und Purpurrot. Kaum war ich wieder auf der Straße, öffnete ich das Leinensäckchen mit dem gemahlenen Lapislazuli, ließ Tayebs silbernes Amulett mit den Papyrusfragmenten des Evangeliums hineingleiten und bedeckte es mit einer Schicht Farbpigmenten. Das strahlende Blau färbte meine schweißfeuchte Hand.
    Das Tor des Funduks wurde nicht bewacht, und niemand hielt mich auf, als ich den Innenhof betrat, der auf allen vier Seiten von zweigeschossigen Arkaden umsäumt war. Elegant geschwungene Ziegelornamente wie Blumen und Sterne in strahlendem Türkis und Blau zierten die hohen Bogengänge - ein herrlicher Kontrast zu den gelben und violetten Blüten des schattigen Gärtchens, der den Springbrunnen umgab. Ein Ort der Ruhe und der Besinnung, fernab vom lauten Treiben des Souks. Zwei Männer, gewiss keine florentinischen oder venezianischen Kaufherren, sondern Häscher des Patriarchen, lehnten an der Brunneneinfassung, teilten sich einen Zweig Datteln und tuschelten leise miteinander. Als ich durch das Tor kam, warfen sie mir neugierige Blicke zu. Ich ließ den Griff des Dolches los, zog die Hand aus dem Gewand und hielt meinen Gesichtsschleier fest, als fürchtete ich, er könnte sich lösen.
    Mit einem »Salam!« huschte ich an ihnen vorbei zur Treppe, die zur Galerie mit den Wohnräumen führte.
    »Halt!«, rief mir einer der Männer hinterher. »Bleib stehen!«
    Ich gehorchte und wartete mit zu Boden gerichtetem Blick, bis der Mann herbeigeschlendert kam.
    Mein Herz klopfte bis zum Hals.
    Bevor er mich in ein Gespräch verwickelte und mir Fragen stellte, die ich nicht zu seiner Zufriedenheit beantworten konnte, murmelte ich schüchtern »Ich will zu Antonio Trevisan!« und wies zur Tür von dessen Wohnung unter den Arkaden der Galerie. Antonio war ein venezianischer Händler.
    Der Mann blieb vor mir stehen und neigte den Kopf ein wenig, um mir ins Gesicht zu sehen, doch ich hielt den Blick gesenkt - meine blauen Augen konnten mich verraten!
    »Was ist das?« Er bohrte seinen Finger in das Leinensäckchen mit Lapis.
    »Farben«, antwortete ich und hob die Beutel an, sodass er meine strahlend blau verfärbte Hand bemerken musste. »Für Antonio Trevisan!«
    Hoffentlich stellte er mir keine Fragen, die ich ausführlicher beantworten musste! Vor zwei Jahren hatte Tayeb begonnen, mich Arabisch zu lehren. Ich sprach es zwar fließend, jedoch nicht den

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