Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)
residiert der Papst im Kloster von Santa Maria Novella und lebt von Cosimos Fiorini. Die lateinische Kirche ist hoch verschuldet - ohne Cosimos großzügige Kredite wäre sie bereits bankrott. Das lange Schisma mit bis zu drei Gegenpäpsten hat die Finanzen der Kirche ruiniert.
Das Unionskonzil dauert nun schon neun Monate - und wir sind der Versöhnung der beiden Kirchen ferner denn je. Der Papst ist nicht länger imstande, die Ausgaben einer päpstlichen und einer kaiserlichen Hofhaltung zu zahlen. Und du kannst dir denken, wer die immensen Kosten dieses Konzils aus eigener Tasche finanzieren will.«
»Cosimo?«
»Cosimo - wer sonst!«, seufzte der Basileus. »Nun kauft er sich nicht nur einen Papst und einen Kaiser, sondern ein ganzes Konzil mit Kardinälen, Metropoliten, Erzbischöfen, Äbten und Kirchengelehrten.«
Ich erinnerte mich an Cosimos Worte nach der Weihnachtsmesse, mit denen er die lang ersehnte Union beschwor. Warum lag ihm so viel daran, das Schisma zu beenden? Und wessen Idee war es eigentlich - die seines Freundes Luca d'Ascoli?
Ich lehnte mich auf meinem Sessel zurück. »Und was erwartest du nun von mir?«
»Ich will, dass du mit Cosimo nach Florenz reitest und den Umzug des Konzils vorbereitest. Dann wirst du ...«
»Nein, Ioannis!«, widersprach ich energisch. »Ich habe mich entschieden. Ich werde abdanken und mich ins Kloster zurückziehen.«
Entsetzt sah er mich an. »Niketas, ich bitte dich ...«
»Ich werde nicht länger am Konzil teilnehmen.«
»Niketas ...«
»Im Dominikanerkloster werde ich in Ruhe darüber nachdenken, ob ich noch Priester sein kann. In einigen Tagen werde ich nach Hause zurückkehren.«
Er schüttelte den Kopf. »Als Oberhaupt der orthodoxen Kirche kann ich deine Abdankung nicht akzeptieren. Ich allein entscheide, wie lange du die Mitra trägst.«
Eine Welle der Verzweiflung schwemmte den Schmerz zurück in meinen Kopf. Ich fuhr mir über die Augen, denn das flackernde Kaminfeuer blendete mich. Lichtfunken tanzten vor meinen Augen.
Nicht schon wieder!, dachte ich und schloss die Lider.
Die Funken verglühten - es war vorbei.
»Tu mir das nicht an, Ioannis!«, bat ich ihn leise, während ich mir sanft die Schläfen massierte. Es half kaum gegen den Schmerz in meinem Kopf, aber ich wollte nicht erneut Opium nehmen. »Sollte es dir wegen der Gerüchte im Konzil unmöglich sein, meine Abdankung zu akzeptieren, dann bitte ich dich, mich meines Amtes zu entheben, weil ich durch mein Verhalten eine Kirchenunion verhindere. Ioannis, lass mich in mein Kloster in Byzanz zurückkehren und mich besinnen, woran ich noch glauben kann.«
»Nein, Niketas!«, beharrte er. »Ich brauche dich für die Verhandlungen mit Eugenius wegen des päpstlichen Primats! Et achtet dich und respektiert deine Meinung. Er bittet dich sogar um deinen Rat. Kardinal Cesarini hat mich vor einer Stunde wissen lassen, dass Eugenius dich zu einem vertraulichen Gespräch gebeten hat. Wenn du vernünftig mit ihm redest, wird meine Bitte um einen Kreuzzug gegen die Türken kein demütigender Kniefall des byzantinischen Kaisers vor dem römischen Papst sein. Dann wird die Kirchenunion, der viel zu hohe Preis für die militärische Unterstützung des Papstes, keine Niederlage des orthodoxen Glaubens unter die römische Häresie sein.
Niketas, ich bitte dich! Erinnerst du dich, was du dem Papst in der letzten Konzilssitzung an den Kopf geworfen hast?
›Ihr könnt nicht Euer Siegel unter ein Dekret setzen und urbi et orbi verkünden: Das ist die Wahrheit, unfehlbar und unveränderlich! Nehmt sie hin, meine orthodoxen Brüder, oder lasst es bleiben! So können die Kirchen nicht in brüderlicher Freundschaft vereinigt werden, Euer Heiligkeit! Das Beste, was wir auf diesem Konzil zustande bringen können, ist von der Wahrheit weit entfernt. Wir sind Menschen, die irren können. Lasst uns nicht den unverzeihlichen Fehler begehen, unseren Glauben für die absolute und letztgültige Wahrheit zu halten.‹
Du hast es gewagt, den Papst zu belehren - und mit ihm sämtliche Kardinäle, Metropoliten und Erzbischöfe! Nach all den Streitereien um den Primat Roms war es plötzlich sehr still in der Basilika. Niemand hat es noch gewagt, sich mit dir anzulegen. Nein, Niketas, ich kann nicht auf dich verzichten. Ich flehe dich an ...«
»Ich habe mich entschieden.«
Er nickte resigniert - er kannte meine Seelenqualen. »Dann bleibt mir nichts anderes übrig, als dich zu bitten, deine Abdankung bis zum Ende
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