Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)
Kaminfeuer trat, bemerkte er stirnrunzelnd meinen Mönchshabit. Kein Brustkreuz, kein Panagia-Medaillon, kein Abzeichen meines hohen Ranges als Metropolit von Athen. Aber er sagte nichts.
Nachdem Giorgios leise die Tür geschlossen und uns allein gelassen hatte, stemmte sich Ioannis aus seinem Sessel hoch, humpelte steif hinüber zu seinem Schreibtisch, füllte zwei Silberbecher mit Wein und kehrte damit zum Kamin zurück.
»Ertrage ich das, was du mir zu sagen hast, nur in betrunkenem Zustand?«, fragte ich, nachdem ich den Rotwein gekostet hatte. Ein exzellenter Tropfen von den Hängen am Marmarameer. Dann stellte ich den Becher weg. Natanael hatte mir verboten, Wein zu trinken, da er einen schweren Anfall verursachen konnte. Er hatte mir ans Herz gelegt, allem zu entsagen, was meinen Zustand noch verschlimmern könnte.
Ioannis ließ sich in seinen Sessel fallen und legte die Füße wieder auf die Büchertruhe. »Cosimo ist in Ferrara.«
»Ich weiß«, murmelte ich und streckte meine Beine in Richtung des Kaminfeuers, dessen glühende Holzscheite leise knisterten und knackten und eine wohlige Wärme verströmten. »Nach der Messe hat er sich mir vorgestellt. Ich habe ihn für morgen Abend zum Essen eingeladen.«
Er nickte. »Als ich dich über seine Ankunft informieren wollte, hat der Prior meinen Boten an der Klosterpforte abgewiesen.« Seine Augen funkelten im Feuerschein: War er zornig?
»Ich war in Klausur und wollte nicht gestört werden«, erinnerte ich ihn.
Ioannis seufzte. »Als Giorgios mir verkündete, Cosimo sei nach Ferrara gekommen, um mit Papst Eugenius und mir zu sprechen, da hoffte ich, er habe Luca d’Ascoli mitgebracht. Die beiden sind ja eng befreundet. Aber Luca weigert sich nach wie vor, zum Konzil nach Ferrara zu kommen - was ich zutiefst bedaure. Während des Konzils von Konstanz vor vierundzwanzig Jahren war er einer der einflussreichsten Theologen. Nicht zuletzt seinem beherzten Auftreten in Konstanz ist es zu verdanken, dass nur noch ein Papst die lateinische Kirche regiert, nicht drei. Obwohl Eugenius ihn einen Tag nach seiner Wahl zum Pontifex exkommuniziert hat, hätte Luca hier in Ferrara seinen immensen Einfluss geltend machen können, um die Kirchen zu vereinigen. Doch er hat es vorgezogen, in Florenz zu bleiben.«
»Ich verehre ihn seit Jahren. Ich hätte ihn sehr gern kennengelernt.«
»Vielleicht hast du bald Gelegenheit dazu«, orakelte Ioannis. »Sofort nach seiner Ankunft gestern Morgen hat Cosimo mit dem Papst gesprochen. Er will das Konzil nach Florenz holen, weil die Pest hier in Ferrara die Konzilsteilnehmer dahinrafft - wie vor einigen Wochen deinen Sekretär. Eugenius hat seinem Vorschlag zugestimmt: Nach Weihnachten werden wir nach Florenz umziehen.«
»Selbstverständlich will Cosimo das Unionskonzil nach Florenz holen. Es stärkt sein Ansehen und seine Macht. Zudem sichert er sich damit seinen Einfluss auf den Papst, dessen Bankier er ist.«
»So ist es.«
»Und indem du ihn an mich als Vertreter des erkrankten Patriarchen verweist, sicherst du dir deinen Einfluss über den Regenten von Florenz und den Papst.«
»So hatte ich es mir vorgestellt«, lächelte der Basileus verschmitzt. »Cosimo ist ein Papstmacher. Einen Gegenpapst, den Luca in Konstanz abgesetzt hat, hatte Cosimo zuvor mit einer gewaltigen Summe finanziert. Auch Eugenius regiert von seinen Gnaden. Vor fünf Jahren musste er überstürzt aus Rom fliehen, das zerrissen ist vom Machtkampf der Orsini und Colonna.
Papst Martin, ein Colonna, hatte nach Beendigung des Schismas seine Macht gefestigt, indem er seiner Familie Titel, große Herrschaftsgebiete und befestigte Burgen rund um Rom verlieh. Einen Bruder ernannte er zum Herzog, der andere wurde Marchese. Seinen Neffen Prospero machte er zum Kardinal. Als Eugenius vor acht Jahren zum Papst gewählt wurde, entriss er den Colonna alles wieder, um seine eigene Macht zu sichern. Hochverratsprozesse, Verbannungen, Folterungen und Hinrichtungen erschütterten Rom. Marcantonio Colonna, ehemals Condottiere der Kirche, wurde auf dem Campo dei Fiori in Rom hingerichtet. Kardinal Prospero Colonna wurde ins Exil verbannt. Die Colonna griffen zu den Waffen. Im Sommer 1434 versuchten sie Eugenius zu stürzen und zu ermorden - und beinahe wäre ihnen die Bluttat gelungen. Als Mönch verkleidet flüchtete er in einem Ruderboot den Tiber hinab, bestieg ein Schiff nach Pisa und erreichte völlig erschöpft Florenz, wo Cosimo ihn freundlich aufnahm.
Seither
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