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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Brüdern warst du mir als Einziger immer treu ergeben! Mit dir wollte ich mich niemals streiten.« Seufzend barg er das Gesicht in den Händen.
    Es ist wahr: Im Gegensatz zu Theodor, Konstantin, Demetrios und Thomas war Ioannis mit mir nie aneinandergeraten. Nicht einmal in jener Nacht vor einem Jahr, als Maria sich weinend in mein Bett flüchtete, um sich zärtlich von mir trösten zu lassen, hatte Ioannis sich mit mir angelegt. Obwohl Demetrios mich der Todsünde bezichtigte, hatte Ioannis mich gegen unseren intriganten Bruder verteidigt. Dabei konnte er doch nicht wissen, ob seine Gemahlin und ich uns einander hingegeben hatten. Denn keinen von uns hatte er je gefragt, was in jener Nacht geschehen war. Er hatte geschwiegen. Und gehofft.
    Ioannis riss mich aus meinen Erinnerungen an jene Nacht, die mich so sehr verwirrt, ja erschreckt hatte, dass ich im Morgengrauen zurück in mein Kloster geflüchtet war. Er sah mir in die Augen.
    »Niketas, ich flehe dich an: Steh mir bei, damit wir das christliche Byzanz vor der muslimischen Eroberung beschützen können! Unterstütze mich dabei, dieses Konzil in Würde zu einer Kirchenunion zu führen und das hellenistische Erbe der Kirche, die seit Paulus griechisch war, zu bewahren! Und, um Gottes willen, hilf mir, diesem furchtbaren Verrat an eintausendvierhundert Jahren christlicher Orthodoxie einen Sinn abzuringen! Lass uns gemeinsam um unseren Glauben und unsere Würde kämpfen, Niketas! Lass uns retten, was noch zu retten ist!«
    Als ich nicht sofort antwortete, setzte er nach:
    »Ich werde dich nicht bitten, an jeder Konzilssitzung teilzunehmen. Ich werde dir so viel Zeit gewähren, wie du benötigst, um nachzudenken. Zieh dich ins Kloster zurück, und vollende dein Buch über Paulus. Aber bitte komm mir diesen einen Schritt entgegen, und behalte deinen Titel als Metropolit von Athen!«
    Wie verzweifelt musste er sein, wenn er mich wegen meiner häretischen Gedanken nicht zum Schweigen verurteilte! Er wollte ... er durfte mich nicht verlieren. Standen wir nicht letztlich vor demselben Dilemma? Wenn das Konzil scheiterte, wenn die Kirchen nicht vereinigt wurden, wenn der Papst nicht zum Kreuzzug gegen die Türken aufrief, verloren Ioannis und ich und alle, die wir liebten und so gern beschützen wollten, die Herrschaft, die Heimat, den Besitz, die Freiheit und den Glauben.
    »Wie du willst«, gab ich schließlich nach.
    »Danke, Niketas!«, seufzte er erleichtert. »Ich weiß, was ich von dir verlange!« Er holte tief Luft. »Cosimo hat mir erzählt, dass er sich hin und wieder in eine Zelle im neuen Dominikanerkloster von Florenz zurückzieht. Gewiss wird er dir seine Zelle in San Marco für einige Wochen zur Verfügung stellen. Du könntest Luca d’Ascoli endlich kennenlernen. Du verehrst ihn seit Jahren. Sprich mit ihm, Niketas! Er wird dich verstehen.«
    Ich nickte stumm.
    »Vor seiner Abreise zum Konzil von Konstanz hat er ein Kind der Liebe gezeugt: Alessandra Colonna. Nach Lucas Exkommunikation nahm sie den Namen ihres Vaters an und nennt sich seitdem Alessandra d’Ascoli. Eine willensstarke junge Frau. Sehr temperamentvoll. Sehr beherzt. Cosimos Augen funkelten, als er von ihr sprach. Er scheint sie sehr gern zu haben.
    Wegen Alessandra hat Luca vor zwanzig Jahren seine glänzende Karriere aufgegeben. Er verzichtete auf den Kardinalspurpur und legte den Dominikanerhabit für immer ab. Vielleicht kann er dir bei deiner Entscheidung helfen. Denn Luca weiß, was es bedeutet, alles aufzugeben.«

Kapitel 7

    »Signorina Colonna?«, hörte ich eine Stimme hinter mir. »Ich habe auf Euch gewartet ...«
    Mit erhobenem Dolch wirbelte ich herum, um mich gegen den Angreifer zu wehren.
    »Um Gottes willen!«, rief Antonio Trevisan und wich einen Schritt zurück zur Tür von Tayebs Kammer.
    »Ihr seid es, Antonio!«, seufzte ich erleichtert und ließ den Dolch sinken. »Habt Ihr mich erschreckt!«
    »Vergebt mir, Signorina Colonna. Das war nicht meine Absicht! Ich dachte, Ihr wärt in Schwierigkeiten. Gestern Abend wollte ich Euch zur Weihnachtsmesse abholen. Ich habe an Eure Tür geklopft, aber niemand öffnete. Ihr wart nicht da!«, ließ er die Enttäuschung zwischen seinen Worten hindurchschimmern. »Von der Galerie aus sah ich Euch dann mit Signor Tayeb den Funduk verlassen - eine halbe Stunde vor dem Gottesdienst. Nur eine Tasche hattet Ihr dabei. Dann seid Ihr nicht zur Messe erschienen. Ich war besorgt. Die ganze Nacht seid Ihr und Euer Begleiter nicht

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