Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)
unserer überstürzten Abreise aus Florenz auf den Fersen war? Wer hatte ihn geschickt?
Meine Hand zuckte zum Dolch. »Tayeb?«
»Wen erwartest du heute Nacht sonst noch?«, fragte er, während er sich zu mir herunterließ. Dann stand er neben mir und klopfte sich den Staub aus den Falten seines Gewandes.
»Wir müssen die Genisa suchen. Handschriften, die den Gottesnamen enthalten, werden nicht weggeworfen, sondern in einer Schriftenkammer begraben. Vielleicht finden wir dort Papyri aus der Bibliotheca Alexandrina.«
Mit den Kerzen schritten wir an der Synagogenwand entlang bis zum zerborstenen Tora-Schrein. Doch außer dem verschlossenen Eingangsportal und einer eingestürzten Steintreppe, die einst zur Galerie hinaufgeführt hatte, konnten wir nichts entdecken.
»Da ist eine Tür!« Tayeb wies auf den Haufen aus Flugsand, über den wir in die Synagoge hinabgestiegen waren.
Durch den tiefen Sand stapfte ich auf die andere Seite des Gebetssaals. Tayeb hatte Recht: Der Flugsand hatte eine Tür verschüttet. Nur der obere Teil war noch sichtbar.
Rätselhafte Dokumente in vergessenen Dachkammern und zugemauerten Kellergewölben, verschlossene Türen in Klosterbibliotheken, geheimnisvolle Schatztruhen, deren Schlüssel verloren waren, verborgene Gänge und Treppen im Vatikan - alles Verbotene zog mich magisch an! Je mehr Staub und Spinnweben ich beiseitefegen musste, um ein Mysterium zu erforschen oder um eine spektakuläre Entdeckung zu machen, desto größer der Nervenkitzel. Und der Spaß!
Ich bohrte meine Kerze in den Dünenhang und schaufelte den Sand mit beiden Händen von der Tür weg. Sobald ich ein paar Handvoll zur Seite geschoben hatte, rutschte neuer Sand nach. »So geht es nicht!«
»Ein Brett könnte den Sand seitlich der Tür aufhalten.« Tayeb erklomm die unter seinen Sandalen weggleitende Düne und stellte sich mit weit ausgebreiteten Armen neben die Tür. »So, siehst du? Wenn das Brett in diesem Winkel befestigt wird, fließt der Sand in diese Richtung.« Er wies zum gegenüberliegenden Seitenschiff. »Wir könnten einen der Torflügel aus den Angeln heben, zur Düne schleppen und im rechten Winkel neben der Tür verkeilen, sodass der Sand uns beim Freilegen der Tür nicht behindert.«
»So machen wir's.«
Es gab nur ein Problem: Das Tor war vermutlich seit elf Jahrhunderten verschlossen - von außen! Und das Gebetshaus lag bis zum Deckengewölbe im Flugsand begraben.
Ich ging zum Portal, um es zu untersuchen. Die eisernen Scharniere waren morsch und rostig, die Holzbohlen vermodert und an einigen Stellen abgesplittert. Ich zerrieb einen Holzsplitter zwischen meinen Fingern und schnupperte daran. Er roch verrottet.
Ich zog meinen Dolch und bohrte ihn ins Holz. »Wenn wir die Scharniere freilegen, können wir die Nägel herausziehen. Sobald sie die Tür nicht mehr halten, wird sie uns durch den Druck des Sandes dahinter entgegenfallen.«
Die Frage, was angesichts der Verwüstung in der Synagoge mit den Handschriften in der Genisa geschehen war, schluckte Tayeb mit einem frechen Grinsen herunter. Offenbar glaubte er nicht ernsthaft daran, dass wir auch nur einen Fetzen Papyrus finden würden. Dennoch wollte auch er jetzt nicht aufgeben.
Und ich? Ich litt unter einem akuten Anfall des Schatzsucherfiebers. Die Symptome: Herzklopfen, Rastlosigkeit, Entschlossenheit, mich von nichts und niemandem aufhalten zu lassen, und eine fast ekstatische Euphorie.
Ein unheilbares Leiden!, wie Cosimo bemerkt hatte.
Tayeb lehnte sich gegen das Portal, während ich die letzte Befestigung löste und das Scharnier, das die Tür gehalten hatte, zur Synagogenwand zurückschob. Es quietschte wie die beiden anderen. Das Salz des Meeres hatte das Eisen rosten lassen. Und wieder fragte ich mich, in welchem Zustand die Papyri waren - falls wir welche fanden. Würde die jahrhundertealte Tinte überhaupt noch lesbar sein? Oder erinnerten die modrigen Papyrusfasern nur noch an eine Handvoll Seetang, der mit dem letzten Sturm an den Strand gespült worden war?
Unter dem Druck des Sandes neigte sich der Torflügel. Tayeb stemmte beide Beine in den tiefen Sand, doch seine Ledersandalen begannen wegzugleiten. Er ächzte vor Anstrengung. Mit aller Kraft drückte ich gegen das Portal. Tayeb drehte sich um und lehnte sich mit ausgestreckten Armen dagegen. »Jetzt!«
Wir sprangen zur Seite und ließen gleichzeitig los. Das Portal krachte in den Sand und wirbelte ihn hoch. Mit einem letzten Aufflackern erloschen die
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