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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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versprach, in wenigen Tagen nach Florenz zurückzukehren. Vermutlich wird er morgen oder übermorgen hier eintreffen. Soll ich ihm etwas ausrichten, wenn er ...«
    Es klopfte an der Tür. Alexios, der mich in Lucas Arbeitszimmer geführt hatte, trat ein.
    »Bitte entschuldigt mich einen Augenblick, Euer Seligkeit!« Vittorino ging hinüber zu Alexios, der einen gesiegelten Brief in der Hand hielt.
    Einen Brief von Luca?
    Vittorino und Alexios steckten die Köpfe zusammen und tuschelten so leise, dass ich sie kaum verstehen konnte.
    »... eben von einem Boten abgegeben worden ... sehr dringend, es geht um Leben und Tod ... nur Luca oder Alessandra persönlich ausgehändigt werden ... Ich sagte ihm, beide seien nicht in Florenz und du wärst unabkömmlich.«
    »Von wem ist der Brief?«
    «... Prospero Colonna ...«
    »...Alessandras Brief gelesen ... überstürzt nach Ferrara abgereist ... Papst zu sprechen ... und nun dieses Schreiben von Kardinal Colonna!«
    »Ich befürchte das Allerschlimmste!«, nickte Alexios ernst. »Wo ist der Bote jetzt?«
    »... ihn zu Seiner Eminenz zurückgeschickt.«
    »Wo hält sich Kardinal Colonna derzeit auf?«
    Alexios zuckte mit den Schultern. »Immer noch auf der Flucht vor dem Papst, nehme ich an.«
    Vittorino nickte nachdenklich, dann schickte er den jungen Mann fort und kehrte zu mir zurück. »Bitte verzeiht, Euer Seligkeit. Soll ich Luca etwas ausrichten, wenn er aus Ferrara zurückkehrt?«
    »Bitte sagt ihm, dass ich mich über seinen Besuch sehr freuen würde.« Ich zog das mitgebrachte Manuskript aus meinem Habit. »Würdet Ihr ihm bitte diese Seiten geben? Es ist der Prolog eines Buches über Paulus. Ich würde gern seine Meinung dazu hören.«
    Vittorino nahm das Manuskript, legte es zwischen die Papyrusfasern auf Lucas Arbeitstisch und beschwerte es mit dem silbernen Amulett. Wie sollte ich denn ahnen, dass mein häretisches Buch auf Lucas Schreibtisch mein Leben für immer verändern würde!
    Es hatte wieder zu schneien begonnen. Dicke Flocken schwebten aus einem milchig-blauen Himmel.
    Als ich den Palazzo verließ, schlug ich die Kapuze meines Skapuliers hoch und verschränkte die Hände in den weiten Ärmeln meines Habits, um mich vor der eisigen Kälte zu schützen. Dann wandte ich mich zur Residenz des Erzbischofs gegenüber der Kathedrale. Bevor ich zum Judenviertel abbog, blickte ich mich um. Da sah ich ihn: ein schwarzer Schatten!
    Der Mönch in schwarzem Habit, den ich in Lucas Bibliothek gesehen hatte! Wie ich hatte er die Kapuze über sein blondes Haar gezogen und die Hände wegen der Kälte unter dem Skapulier verschränkt.
    Folgte er mir?
    Als ich ihn in Lucas Palazzo traf, war er mir bekannt vorgekommen. Ich hatte ihn tatsächlich schon einmal gesehen! Als Fra Antonino und ich während unserer Beichtgespräche vom Domplatz bis zur Piazza Santa Croce spazierten, war er uns gefolgt.
    Unauffällig beobachtete ich den Mönch, der mit gesenktem Kopf an der Loggia del Bigallo vorbei zum Portal des erzbischöflichen Palastes schlurfte. Er schien mich nicht zu beachten.
    Ich habe mich geirrt!, beruhigte ich mich selbst. Weshalb sollte mich ein Mönch verfolgen?
    Ich wischte mir die Schneeflocken aus dem Gesicht, wandte mich um und stapfte weiter in Richtung Mercato Vecchio. Hinter dem Markt drängten sich die Gebäude noch enger zusammen als in den anderen Straßen von Florenz. Windschief und altersschwach lehnten sie aneinander und stützten sich gegenseitig. Hinter den abbruchreifen Häusern duckten sich die Hütten der Armen und Ärmsten. Wäsche hing zum Trocknen aus den offenen Fenstern, in der Kälte steif gefroren. Viele der hölzernen Fensterläden waren zerbrochen - feines ölgetränktes Pergament oder Glasfenster, die Licht in die Hütten gelassen hätten, gab es nicht. Die Fußtritte im tiefen Schlamm der ungepflasterten Gassen waren hart gefroren.
    Ein Bettler, der sich vor Kälte bebend in seine Lumpen hüllte, kauerte auf den Stufen einer Kirche. Ich gab ihm eine Münze.
    So viel Armut! So viel Not!
    Ich war selbst einmal so arm!, erinnerte ich mich. Auch ich habe in solch einer winzigen Hütte gewohnt, bevor ich mit Gewalt vertrieben wurde, auf der Straße leben musste und mich mit den Ratten von Konstantinopolis um meine nächste Mahlzeit stritt. Ich war ein elternloser Gassenjunge gewesen, verwahrlost, halb verhungert und immer auf der Flucht - bis Natanaels Vater sich meiner erbarmte. Rabbi Aviram schenkte mir einen Bruder, seinen ebenfalls

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