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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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verschneiten Pflastersteine waren schlüpfrig vom Blut.
    Es stank nach Verwesung, denn die Fleischabfälle, Knochen und Gedärme der geschlachteten Tiere wurden einfach von der Brücke in den Arno geworfen, der jedoch seit Wochen zugefroren war.
    Über einen ausgetretenen Pfad stieg er hinauf zum Lungarno, bog nach links in die Via de' Bardi ein und folgte ihr bis zum Palazzo Medici-Bardi. Hatte Cosimo ihn geschickt, um mich zu überwachen?, fragte ich mich bestürzt. Aber wozu? Durch seinen Freund Fra Antonino wusste er doch jederzeit, wo ich mich aufhielt. Um mich zu beschützen?
    Doch dann verwarf ich diesen absurden Gedanken, denn der Mönch folgte der Via de' Bardi bis zur Porta San Miniato an der Stadtmauer. Dann stieg er den schmalen, verschneiten Weg zur Kirche San Miniato al Monte empor.
    Ich folgte ihm. Während ich den steilen Hügel erklomm, dachte ich: Und wenn nun Demetrios ihn geschickt hat?
    Vor meiner Abreise aus Ferrara hatte Ioannis mir seine Befürchtung anvertraut, Demetrios könne versuchen, ihn mithilfe seiner türkischen Verbündeten zu stürzen. Er gestand mir seine Angst vor Demetrios' undurchsichtigem Vertrauten Selim, der Verbindungen zum Hof des Sultans unterhielt. Sultan Murad wollte die Kirchenunion mit allen Mitteln verhindern: Er fürchtete einen Kreuzzug!
    Hatte Demetrios von meinem vertraulichen Gespräch mit Ioannis erfahren? Vermutlich! Mein intriganter Bruder wusste immer alles: Nicht einmal Marias verzweifelte Flucht in mein Schlafzimmer und die gemeinsame Nacht in meinem Bett waren ihm verborgen geblieben.
    Dass Ioannis seine Gemahlin und mich so energisch gegen seine Anklage wegen Ehebruchs verteidigte, hatte Demetrios nur noch mehr gegen mich aufgebracht. Da der Kaiser in seinen drei Ehen keinen Erben gezeugt hatte, hoffte er, ihm auf den Thron zu folgen. Deshalb konnte es ihm nicht gleichgültig sein, dass Maria kurz vor unserer Abreise nach Italien in mein Bett gekommen war, und dies womöglich mit dem stillschweigenden Einverständnis von Ioannis, der sich nichts sehnlicher wünschte als einen Sohn.
    Während der Konzilssitzungen in Ferrara hätte Demetrios es nicht gewagt, mich zu ermorden - aber in Florenz? Ich war ganz allein hier!
    Entschlossen folgte ich dem Mönch den Weg hinauf zum Kloster San Miniato al Monte. Der Frater stieg die Stufen hinauf zur Kirche. Dann wandte er sich nach rechts zum trutzigen Festungspalast des Erzbischofs von Florenz und dem Konvent der Olivetanermönche neben der Basilika.
    Die weiß gekleideten Olivetaner lebten nach der Ordensregel des ...
    Ich blieb stehen.
    Der schwarze Habit!
    Die Olivetanermönche lebten nach der Regel des heiligen Benedikt. Der Frater war ein Benediktiner. Er wohnte in San Miniato, einem Konvent mit benediktinischer Ordensregel.
    Ehrlich gestanden: Ich war verwirrt.
    Die Olivetaner lebten streng asketisch. Die Fratres ernährten sich von Wasser und Brot, schliefen auf harten Strohmatratzen ohne Bezüge oder warme Decken, trugen unbequeme Holzsandalen und schlichte Habites aus grobem, ungefärbtem Wollstoff. Wenn der geheimnisvolle Benediktiner sich in diesen Konvent begab, war er ein streng asketisch lebender Frater.
    Doch warum, um alles in der Welt, sollte sich Demetrios eines Mönchs bedienen, um mich zu ermorden? Mit seinen Verbindungen zu Sultan Murad hätte er mir doch die Yeniçeri, die Janitscharen, auf den Hals hetzen können.
    Ratlos wischte ich mir die Schneeflocken aus dem Gesicht.
    Und wenn es nun gar nicht Demetrios war, der mir nach dem Leben trachtete? Der Benediktiner war mir gefolgt, seit ich Lucas Haus verlassen hatte ...

Kapitel 9

    »Da sind sie!«
    Wir hatten die Hügelkuppe erreicht und blickten ins verschneite Tal unter uns. Mit dem ausgestreckten Arm wies Tayeb auf den langen Tross des Papstes, der sich vor uns den Hügel hinabwand, unten im Tal einen Gebirgsbach durchquerte und sich auf der anderen Seite einen steilen Abhang hinaufquälte. »Mit den Büchertruhen kommen die Maultiere nur langsam voran!«
    Diese Karawane war die erste von etlichen nachfolgenden Reisegesellschaften zwischen Ferrara und Florenz: In einigen Tagen würde der greise Patriarch mit seinem Gefolge aufbrechen, wenig später der Kaiser.
    Beim Abendessen hatte mir Basilios Bessarion erzählt, der Papst wäre zwei Tage zuvor aus Ferrara abgereist - nur wenige Stunden, nachdem Luca aufgebrochen war.
    Mein Vater hat einen Tag Vorsprung!, überlegte ich. Er ist ein ausdauernder Reiter. Wenn er sein Pferd antreibt, kann

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