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Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Papst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Verfolger abzuschütteln. Aber, ehrlich gesagt: Ich hatte gar nicht die Absicht, ihm zu entkommen. Ich wollte herausfinden, wer er war, woher er kam und wer ihn geschickt hatte.
    Mit einem spöttischen Lächeln verschwand ich in der Via dei Speziali. Sobald ich außer Sichtweite war, rannte ich los und huschte in die nach Norden führende Via de' Medici. Ich drückte mich an eine vereiste Hauswand und spähte um die Ecke. Der Mönch würde die Via Orsanmichele entlangeilen, um mich nicht aus den Augen zu verlieren. Wenn er die Via dei Calzaiuoli erreichte, würde er mich aus der Via dei Speziali kommen sehen - das dachte er jedenfalls!
    Da war er! An der Kreuzung blieb er stehen und blickte verwirrt in meine Richtung. Ratlos ging er ein paar Schritte in die verlassene Straße hinein, blieb stehen, sah sich um und kehrte schließlich zurück zur Kreuzung, um einen Blick in die Via dei Calzaiuoli zu werfen: Hatte er mich im dichten Schneetreiben übersehen? Ja, so musste es sein! Gewiss war ich auf dem Rückweg nach San Marco.
    Nachdem er nach links in die Via dei Calzaiuoli verschwunden war, um mich dort zu suchen, schlich ich bis zur Kreuzung, blickte ihm nach und bog nach rechts ab, um in aller Seelenruhe zur Piazza della Signoria zu spazieren.
    Wenige Schritte weiter blieb ich vor der Kirche Orsanmichele stehen, um die herrliche Fassade zu bewundern. Unauffällig sah ich mich um. Mein Verfolger stand an der Loggia del Bigallo und suchte mich auf dem Domplatz - vergeblich! Er drehte sich um und entdeckte mich am anderen Ende der Straße. Damit hatte er nicht gerechnet. Von weitem sah ich, wie er seine Fäuste ballte.
    Gemächlich schlenderte ich durch das Schneegestöber zur Piazza. Er war wütend, weil ich ihm entwischt war. Vermutlich würde er unauffällig durch eine der Seitenstraßen hetzen. Auf der Piazza würde er mich erwarten. Allerdings gab es dort außer der Loggia neben dem Regierungspalast keine Möglichkeiten, sich zu verstecken.
    Als ich schließlich um die Ecke bog, sah ich ihn: Er hockte auf der Steinbank vor der Loggia und tat, als warte er ungeduldig auf irgendjemanden und friere erbärmlich in der eisigen Kälte. Sein Habit war bedeckt mit einer Schicht Schnee, den er ein paar Schritte weiter von der steinernen Bank der Loggia gefegt hatte. Er war wirklich gerissen!
    Ich verkniff mir ein vergnügtes Schmunzeln und spazierte in aller Seelenruhe auf ihn zu. Meinem Blick wich er aus, verunsichert, wie mir schien. Das Spiel begann mir Spaß zu machen - wie in den Tagen meiner Kindheit, als ich mit Natanael ausgelassen durch die Gassen getobt war!
    Ich ging ganz dicht an ihm vorbei und lächelte ihm freundlich zu: »Buona sera, Fratr!«
    Der Mönch war noch ganz außer Atem. Weiße Atemwolken hüllten ihn ein wie ein Nebelschleier. Er musste mit fliegendem Habit gerannt sein, um die Piazza zu überqueren, bevor ich um die Ecke bog. Er neigte den Kopf, damit ich sein Gesicht nicht sah. »Buona sera!«
    Er war kein Italiener: Er sprach mit einem weichen, melodischen Akzent, den ich noch nie zuvor gehört hatte.
    Das Tor des Palazzo della Signoria war nur zehn Schritte entfernt. Bei den Torwachen erkundigte ich mich mit weit tragender Stimme, ob Cosimo sich im Palast aufhalte: Ich wolle um eine Audienz bei Seiner Exzellenz bitten. Die Wachen ließen mich eintreten und schlossen hinter mir das Bronzetor.
    Durch den Innenhof betrat ich den befestigten Regierungspalast und verließ ihn wieder durch ein zweites Portal an der Nordseite. Dann huschte ich nach rechts um das Gebäude herum, eilte in Richtung Arno und bog erneut nach rechts ab in eine Gasse, die zur Loggia führte, wo der Mönch noch immer auf mich wartete.
    Er hatte sich erhoben und ging frierend auf und ab - unschlüssig, was er nun tun sollte. Da ich den Palazzo nicht wieder verließ, schien Cosimo mich empfangen zu haben. Wer weiß, wie lange er in der Kälte auf mich warten musste!
    Da wandte er sich um und ging weg.
    Und ich folgte ihm.
    Ohne Eile ging er nach Süden zum Fischmarkt am Arno, wo einige Fischer improvisierte Kochstellen mit großen Pfannen eingerichtet hatten, in denen sie ihren mageren Fang brieten. Dann rutschte er die Uferböschung hinab zum zugefrorenen Fluss, wo etliche Fischerboote vom Eis eingeschlossen lagen.
    Warum er den Ponte Vecchio mied, verstand ich, sobald ich ihm auf einem Trampelpfad über das Eis folgte. In den Arkaden auf beiden Seiten der Brücke befanden sich die Läden der Metzger von Florenz. Die

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