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Der vergessene Tempel

Der vergessene Tempel

Titel: Der vergessene Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
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hinüber, als käme ihm irgendetwas seltsam vor, dann folgte er mit seinem Begleiter dem Leutnant. Grant versuchte sich vorzustellen, was für Gesichter die Russen machen würden, wenn sie sich im Inneren des Leuchtturms umsahen.
    Doch bis es so weit war, beabsichtigte er schon längst von der Insel herunter zu sein. Der Hafen war jetzt verlassen bis auf einen einzelnen Wachposten auf dem Landungssteg. Draußen auf dem Meer, in einiger Entfernung vom Ufer, schaukelte das russische Flugboot auf den Wellen. Es war zu schwerfällig, um am Steg anzulegen, deshalb hatten die Russen es in der Bucht festgemacht.
    Grant zog das Messer aus dem Gurt an seinem Bein und klemmte es zwischen die Zähne. Ohne die geringsten Wellen zu machen, ließ er sich ins Wasser gleiten und schwamm zum Steg hinüber.

    Solowjew spähte um die Ecke des Wohngebäudes zum Turm hinauf. Seine Männer hatten das Haus bereits durchsucht und niemanden gefunden; jetzt blieb nur noch der Leuchtturm selbst. Von drinnen waren keine weiteren Schüsse gekommen – womöglich hatten seine Leute den Schützen entgegen dem Befehl des Obersts getötet. Bei diesem Gedanken schauderte ihn. Aber es musste noch andere geben, denn in dem Funkspruch war von vier feindlichen Eindringlingen auf der Insel die Rede gewesen. Vielleicht würde der Oberst einen mehr oder weniger übersehen.
    Er winkte seinen Unteroffizier zu sich. «Haben Sie die Sprengladungen?» Ein Nicken. «Dann machen Sie diese Tür auf.»

    Grant glitt lautlos durch das Wasser, wobei er den rasiermesserscharfen Wrackteilen von Jacksons Wasserflugzeug ausweichen musste, die noch immer in den Wellen trieben. Er hörte die Maschinenpistolen oben auf dem Plateau weiterrattern und sah den Widerschein der Mündungsfeuer an der Wand des Leuchtturms wie ein Feuerwerk. Die Sowjets schossen sozusagen auf Gespenster, aber das war ihm nur recht, denn es lenkte den Wachposten auf dem Landungssteg ab. Er stand dem Leuchtturm zugewandt, um zu beobachten, was dort vor sich ging, und bemerkte dadurch nicht, dass Grant hinter ihm aus dem Wasser auftauchte. Grant hielt sich an einem eisernen Vertäuring fest, nahm das Messer, das er zwischen die Zähne geklemmt hatte, und stieß es dem Wachposten kräftig in die Ferse. Der Mann schrie auf, krümmte sich und fuhr herum, um zu sehen, wer ihn angegriffen hatte. Dadurch geriet er aus dem Gleichgewicht. Grant reckte sich hoch, packte ihn am Gürtel und zog ihn ins Wasser. Der Soldat wehrte sich einen Moment lang, schrie und schlug um sich, bis Grants Messer dem mit einem Schnitt durch die Kehle ein Ende machte.
    Grant blickte zu den Klippen auf. Die Schüsse waren verstummt, aber nichts deutete darauf hin, dass jemand auf ihn aufmerksam geworden war. Er winkte in die Richtung, wo Marina wartete, und signalisierte ihr herunterzukommen. Dann drehte er sich um und schwamm zu dem Flugboot hinüber. Es war eine außergewöhnliche Konstruktion, ein Gefährt, wie er noch nie eins gesehen hatte: Vor dem Cockpit ragte eine lange, gebogene Nase nach oben, und der einzige Motor war mittschiffs direkt über der Kabine angebracht, sodass er die Windschutzscheibe überragte wie eine monströse Federhaube.
    «Solange das Ding nur fliegt», murmelte er vor sich hin.
    Er zog sich an der Nase des Flugboots hoch und hangelte sich dann weiter bis zur Einstiegsluke.

    Rauch und aufgewirbelter Staub lagen über der Masse verbogenen Metalls, die einmal die Tür zum Leuchtturm gewesen war. Solowjew klingelten noch die Ohren von der Explosion, als seine Männer bereits den Turm stürmten. Er wartete. Dabei war er sich der Tatsache quälend bewusst, dass der Oberst und sein Freund ein paar Schritte hinter ihm standen und die ganze Szene beobachteten. Als er aus dem Inneren des Leuchtturms vereinzelte Schüsse hörte, gedämpft durch die massiven Wände, hoffte er inständig, dass sein Unteroffizier genügend Verstand besaß, sich an seine Befehle zu erinnern. Hatte sich der Feind ergeben?
    Der Unteroffizier erschien wieder in der Tür. Sein Gesicht war rußverschmiert, seine Miene finster. «Genosse Leutnant, kommen Sie und sehen Sie selbst.»
    Solowjew folgte ihm durch die gesprengte Tür. Er nahm die Mütze ab und wedelte damit vor seinem Gesicht, um den Rauch zu vertreiben, der den Leuchtturm erfüllte. Dann stieg er die Wendeltreppe zur ersten Etage hinauf. Durch die offene Tür sah er ein halbes Dutzend Männer zusammengekauert in einem engen Raum hocken. Die meisten von ihnen schienen nur mit

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