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Der vergessene Tempel

Der vergessene Tempel

Titel: Der vergessene Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Harper
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Unterwäsche bekleidet zu sein. «Sind das die Briten?»
    Der Unteroffizier schüttelte den Kopf. «Das sind unsere Männer. Wir haben sie eingeschlossen in einem Lagerraum gefunden. Es war ein Glück, dass wir keine Handgranaten benutzt haben.»
    «Und wo sind dann die Briten? Wer hat vom Turm aus auf uns geschossen?»
    Statt einer Antwort wies der Unteroffizier mit dem Daumen nach oben. Als Solowjew weiter die Treppe hinaufstieg, hörte er einen seltsamen metallischen Lärm, der durch den Treppenschacht herunterschallte, wie von einer leeren Konservendose, die über Asphalt scheppert.
    Er erreichte die nächste Ebene – und starrte entsetzt auf das Bild, das sich ihm bot.

    Grant steuerte das Flugboot an der Landspitze vorbei. In der starken Strömung, die hier herrschte, war das Gefährt schwer zu manövrieren. Selbst bei niedriger Geschwindigkeit bebte die gesamte Kabine von der Vibration des Motors über seinem Kopf.
    Hinter ihm im Flugzeugrumpf stand Marina an der offenen Luke und spähte zum dunklen Ufer hinüber. «Da.»
    Grant sah sie ebenfalls, zusammengekauert auf der schmalen Landzunge, die ins Meer hinausragte. Er konnte nur zwei Personen erkennen, doch ihm blieb keine Zeit, um sich zu vergewissern. Eine Welle schlug gegen den Flugzeugrumpf, und Wasser schwappte in die Kabine; er musste sich voll und ganz darauf konzentrieren, das Flugboot ruhig zu halten.
    «Näher komme ich nicht ran.» Er musste schreien, um sich über das Dröhnen der Maschine hinweg verständlich zu machen. «Sie werden zu uns rüberschwimmen müssen.»
    In der Dunkelheit sah er zwei Männer zur Felskante stolpern. Einer zögerte, bis ihn der andere von hinten stieß, sodass er mit den Armen rudernd ins Wasser stürzte. Der zweite folgte eleganter. Der erste Mann musste Reed gewesen sein, der zweite sah aus wie Jackson. Aber wo war dann Muir?
    Das Flugzeug geriet heftig ins Schwanken, als die beiden Männer es erreichten und nach dem Rand der Luke griffen. Marina zog die triefnassen, prustenden Gestalten herein.
    Grant warf einen Blick nach hinten. «Wo ist Muir?»
    Jackson rappelte sich gerade vom Boden auf. Das Wasser lief ihm in Strömen aus der Kleidung. «Ist er nicht zu Ihnen gestoßen?»
    «Wieso, er ist doch mit Ihnen gegangen, als wir uns getrennt haben.»
    «Er glaubte von der anderen Seite der Insel ein weiteres Patrouillenboot kommen zu sehen. Da wollte er nach Ihnen suchen gehen, um Sie zu warnen.»
    «Tja, dann haben wir uns wohl verfehlt.» Grant hielt durch die Cockpitscheibe Ausschau. Oben auf dem Hügelkamm sah er kleine Lichter in der Dunkelheit tanzen. «Soll ich nachsehen, wo er bleibt?»
    «Keine Zeit.» Die Lichter auf dem Hügel schienen näher zu kommen. «Er würde genauso handeln, wenn einer von uns da draußen wäre.»
    Ohne einen weiteren Einwand gab Grant Gas und lenkte das Flugboot aufs offene Meer hinaus.

    Ein gleichmäßiger metallischer Taktschlag erfüllte den Raum und zählte die letzten Sekunden von Solowjews Karriere ab. Der Leutnant stand direkt unter dem Leuchtfeuer; durch eine offene Luke sah er oben den Lichtstrahl in dem umgebenden Glas gespiegelt. Mitten im Raum befand sich eine langsam rotierende Achse, die aus der Decke kam und im Boden verschwand, unter dem der Maschinenraum liegen musste. Die Metallstange hatte in der Mitte eine Verdickung: ein langes Seil, das fest um die Achse gewickelt war. Durch ihre Drehung zog sie die Maschinenpistole, die an das Seil gebunden war, in langsamen Kreisen über den Boden. Der Abzug war noch gedrückt, und die Waffe tickte wie eine Uhr: das Geräusch des Schlagbolzens, der gegen die leere Kammer hämmerte.
    Der Unteroffizier zog sein Messer und schnitt die Maschinenpistole los, woraufhin zu Solowjews Erleichterung das Klacken aufhörte. «Sie müssen die Waffe im Fenster eingeklemmt haben. Als die Achse das Seil straff zog, hat die Schlinge den Abzug gedrückt und die Schüsse ausgelöst.»
    Solowjew stolperte zu dem offenen Fenster und sog tief die Nachtluft ein. Draußen sah er den Oberst und seinen Begleiter bei der Wohnhütte stehen. Sie blickten zu ihm auf. Ihre Gesichter lagen im Schatten, aber er konnte sich die Blicke ausmalen, die er ernten würde, wenn er ihnen die furchtbare Nachricht überbrachte. Doch vielleicht hatte er noch eine Chance, die Situation zu retten. Die Briten mussten schließlich irgendwo auf der Insel sein.
    Über ihm rotierte der Lichtstrahl des Leuchtturms weiter, machte die Welt mal sichtbar und ließ sie dann wieder

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