Der vergessene Templer
dort ertränken? Dieser Gedanke sorgte bei ihr für einen Schweißausbruch, aber sie dachte wieder logisch und kam zu dem Schluss, dass man das auch leichter hätte haben können.
Sie wurde leicht nach vorn gestoßen, als Eric bremste.
»Wir sind da.«
»Und jetzt?«
»Du kannst aussteigen.«
»Mit gefesselten Händen?«
»Keine Sorge, es wird schon klappen. Vorbereitet ist jedenfalls alles.«
Das glaubte sie Eric aufs Wort. Bisher war alles perfekt in seinem Sinne gelaufen. Ein gut durchdachter Plan, den sie eigentlich zu zweit hatten durchführen wollen, aber da waren die Verfolger schneller gewesen.
Eric stieg aus. Er ging zuerst auf die rechte Seite, wo der Ritter saß. Er öffnete ihm die Tür, und Sharon schaute zu, wie er sich mit ungelenken Bewegungen aus dem Opel quälte.
Dann war sie an der Reihe. Was der Ritter tat, sah sie nicht, denn sie verfolgte den Weg des Fahrers, der jetzt auch die Tür neben ihr öffnete.
»Raus!«
Sharon war nie mit gefesselten Händen aus einem Auto gestiegen. Sie schaffte es erst beim zweiten Versuch und blieb etwas unsicher neben dem Wagen stehen. Viel zu sehen bekam sich nicht. Abgesehen davon, dass es dunkel war, roch sie die Nähe des Wassers und nahm gedämpft Geräusche wahr, die ihr fremd waren. Neben ihr ragte eine schräge Betonmauer hoch, die zur Dunkelheit noch einen zusätzlichen Schatten gab.
Eric winkte ihr zu.
Sie ging mit kleinen Schritten. Das verdammte Klebeband war so stark, dass sie es nicht auseinander ziehen konnte. Sie merkte jetzt auch, dass ihre Hände gefühllos wurden.
Im Hintergrund wartete der Ritter wie ein in Bronze gehauener Wächter.
Nebeneinander gingen sie zu ihm. Da der Weg an der Mauer leicht bergauf führte, gelang ihr bald ein Blick darüber hinweg, und so sah Sharon das Wasser.
Der Strom walzte sich schwerfällig durch sein Bett in nördliche Richtung.
Und doch befand sie sich nicht in unmittelbarer Nähe des Ufers, denn zwischen ihr und dem Wasser befand sich noch ein kleiner Hafen, mit einer Mole, auf der sie liefen. Der Blick erfasste zahlreiche Boote, die nebeneinander lagen und auch von den anlaufenden Wellen des Flusses erfasst wurden, sodass sich die Außenseiten der Körper aneinander rieben.
Jetzt wusste Sharon auch, woher die Geräusche stammten, die sie beim Aussteigen gehört hatte.
Sie ging zwar allein, doch Eric hielt ihren rechten Arm umfasst und schob sie praktisch weiter auf einen Steg zu, der an beiden Seiten von Booten eingerahmt wurde.
Aus Sharon’s Mund erklang kein Wort. Sie hätte auch nicht gewusst, was sie sagen sollte. Um diese Zeit war der kleine Bootshafen menschenleer. Nur einige wenige Laternen gaben ihr Licht ab, das auch das Wasser erreichte und wie ein unruhiger Geist auf den Kämmen der Wellen tanzte.
Schon bald änderte sich das Geräusch ihrer Schritte. Sie gingen über einen Holzsteg hinweg. An den hochstehenden Stangen waren die Boote vertäut oder auch an kleinen Pollern. Sie lagen zwar recht dicht beieinander, aber auch so auf dem Wasser, dass sie sich beim Start nicht gegenseitig behinderten.
Eric ging jetzt vor. Hinter ihr stampfte der Ritter. An dem Franzosen vorbei konnte sie auf das Wasser schauen, und wenn sie so weitergingen, würden sie direkt in den Fluss hineintreten.
So weit kam es nicht, denn nach wenigen Metern hatten sie ihr Ziel erreicht. Es war das letzte Boot in der langen Reihe. Im Gegensatz zu manch anderen war es nicht durch eine Persenning abgedeckt. Man konnte es vom Steg aus betreten.
Der Franzose wartete, bis Sharon ihn erreicht hatte. »Steig jetzt an Bord.«
Sie zögerte. Wenn sie das tat, dann fühlte sie sich endgültig in seiner Gewalt. Da sanken dann ihre Chancen auf ein Minimum.
Sharon spielte auch mit dem Gedanken, um Hilfe zu schreien, was sie jedoch bleiben ließ. Auf dem Weg hatte sie keinen Menschen gesehen. Hinzu kam das Rauschen des Wasser, das in der nächtlichen Stille noch lauter klang als tagsüber.
Nein, sie musste tun, was man von ihr verlangte. Und sie wollte diesen Eric nicht provozieren.
Eine weiße Reling schaukelte dicht vor ihr. Eric half ihr, sie zu überklettern, denn mit ihren gefesselten Händen hätte sie Probleme bekommen.
Obwohl die Wellen nicht besonders stark waren, bewegte sich das Boot leicht hin und her. Empfindliche Menschen konnten davon seekrank werden.
Sharon blieb nicht die Einzige an Bord, denn auch der Ritter enterte das Boot. Wieder schaute sie seinen steifen Bewegungen zu, und es kam ihr sogar der
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