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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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anderem.
    Ja richtig! Mach genau so weiter, Finn!, schimpfte er mit sich im Stillen. Nichts beeindruckt ein Mädchen mehr als Geschichten, in denen du dich fürchtetest. »Ich meine«, fuhr er hastig fort, »sie kamen mir immer ein wenig   – sonderbar vor. Buffo und Wigo waren und sind immer noch häufig für sich allein. Unterwegs im Wald und im Sumpf, nehme ich an. Ich habe keine Ahnung, warum. Sie schweigen darüber. Jedenfalls erzählen sie nichts. Von allein, meine ich.Und Fragen begegnen sie mit abweisenden Blicken. Eigenbrötler eben. Ihr Vater ist daran wohl nicht ganz unschuldig. Ein zänkischer alter Vahit ist er, so mürrisch, wie es nur einen geben kann. Kein Wort zu viel, und wenn er was sagt, dann grummelt er. Nun ja. Seine Frau Rana ist etwas umgänglicher, aber gleichwohl verschlossen. Sie war mal bei uns zum Tee. Meine Mutter hat sie danach nie wieder eingeladen. Ich habe übrigens nicht gewusst, dass die Rohrammers mit den Goldammers verwandt sind.«
    »Entfernt verwandt«, verbesserte sie ihn und hob in vollendeter Nachahmung einer erbosten Frau Amagata den mahnenden Zeigefinger. Ein schalkhafter Blick traf ihn, und er musste lachen.
    »Sehr entfernt«, meinte er mit einem schnellen Blick auf ihr Goldhaar. »Alle Rohrammers haben dichte, braune Mähnen, bis auf Ridibund, der weißer und weißer wird mit jedem Jahr.«
    »Und wovon leben sie, wenn sie nicht durch den Sumpf staksen?«
    »Da fragst du mich vielleicht was!«, entfuhr es Finn, und es klang wie ein Stoßseufzer. Er bemerkte ihr neugierig gespanntes Gesicht und setzte hinzu: »Das ist es ja, was sie zu solchen Sonderlingen macht. Niemand weiß etwas über sie. Das Ganze ist genau genommen ziemlich merkwürdig. Einige im Dorf arbeiten für gutes Geld in der Werkstatt meines Vaters, die Übrigen sind Waldbauern, und irgendwie gehören die Rohrammers wohl dazu. Aber ihre Rodung ist nur klein. Mein Vater sagt, sie kümmern sich nicht richtig darum, und vielleicht hat er ja Recht damit. Was sie treiben? Ich weiß es nicht. Das heißt, niemand weiß es genau. Hauptsächlich züchten die Rohrammers wohl Enten und ein paar Gänse. Obwohl deren Federn zum Schreiben nicht viel taugen. Ab und an fahren sie mit einem Wagen davon. Das Merkwürdigste aber ist: Sie bekommen viel Post, fast so viel wie Fokklinhand, und Kuaslom Pfuhlig, der Postbote, hat einiges zu schnaufen ihretwegen. Mehr kann ich nicht sagen, außer   – sie sind häufiger im Moor als alle anderen. Manchmal sind sie für Tage fort, und sie wissen immer, wo das beste Schilf steht in jedem Jahr.«
    Viel zu schnell erreichten sie den Saum des Wäldchens, in dem Abhro Rabners Hammerschmiede lag. Kaum tauchten sie in die Schatten der Bäume ein, vernahmen sie das leise Piangkang-Piangkang , das Finn schon auf dem Hinweg nach Mechellinde gehört hatte.
    Ein schmalerer Weg zweigte schon bald nach rechts zum Fluss hin ab.
    Finn lenkte Smod hinein, und sie fuhren unter tief überhängenden Weidenästen dahin. Mit jedem Huftritt kamen sie dabei dem Mürmelufer näher. Der Boden unter Smods Hufen wurde schwarz und saftig, und das Piangkang von Abhros Schmiedehammer verwandelte sich in ein schwereres, aber immer gleichmäßiges Klangdipang-Klangdipang . Die Ohren mochten einem davon klingeln, auch wenn sie nicht so groß sind wie die von Ponys, dachte Finn, als er sah, wie Smod mit den seinen spielte.
    Die Luft füllte sich jetzt rasch mit dem Odem, den die Schmiede Tag für Tag ausstieß: Es roch nach Ruß und Holzfeuer, nach Kohlenasche und metallenem Staub. Dazu gesellte sich das Rauschen des Wasserrads, das sie ganz plötzlich vor sich sahen, als der Weg einen Linksknick machte und auf einer von Gebäuden eingefassten Lichtung endete.
    Sie befanden sich jetzt unmittelbar am Flussufer.
    Zu ihrer rechen Hand bewegte sich das große Rad, hoch wie drei Vahits, und das Wasser ergoss sich in schillernden Schlieren von den breiten Schaufelblättern herunter. Es stürzte schäumend in ein Werderwasser zurück, in dem sich das Holzrad drehte, und schnell schossen die aufgewühlten Wellen dahinter über ein steinernes Wehr in den eigentlichen Lauf der Mürmel zurück.
    Eine schmale Brücke führte über den Graben auf das Werder und zu einem Gestell, in dem die Achse des Rades lagerte. Das andere, längere Ende der Achse führte vom Rad fort und hinüber in ein Loch, das in der dem Werder zugewandten Wandseite der Schmiede verschwand. Das hallende Hammergeräusch, das der Schlagarm drinnen

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