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Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Der vergessene Turm: Roman (German Edition)

Titel: Der vergessene Turm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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verursachte, war trotz der dicken Steinwändedeutlich zu hören, dazu vernahm Finn ein Quietschen und Ächzen von sich im Verborgenen drehenden hölzernen Zahnrädern.
    Die Schmiedewerkstatt selbst war ein geduckter Bau mit niedrigem Dach und einem breiten Tor, das nur einen Spalt offen stand. Über den aus Feldsteinen gemauerten Wänden der Schmiede erhob sich ein Rauchabzug: ein sich wie die Mauern nach oben verjüngender und vollkommen verrußter Schlot, aus dem weißlicher Qualm in dünnen Fahnen entstieg.
    Etwas weiter links stand ein eingeschossiges Haus. Es war gedrungen und mit Grassoden bedeckt und wirkte, als habe ein Hügel sich schützend darübergewölbt; es besaß ein tiefes und weit vorgezogenes Dach, unter dessen Überständen solche Mengen an Feuerholz lagerten, dass es für mehrere Winter reichte. Daran grenzten ein Pony- und ein Hühnerstall. Ein Heuschober und eine breite Scheune bildeten den Abschluss.
    Auf der anderen Seite des Schmiedehofes erblickte Finn zu Stapeln aufgeschichtetes Holz, mehr, als er selbst in Rudenforst gesehen hatte, oder zumindest kam es ihm so vor. Der Bereich vor der Werkstatt und die gesamte Lichtung waren schwarz vom Holzkohlenstaub vieler Jahre, aber der Untergrund war festgestampft und leidlich trocken. Es gab keinen Zaun und keinen Weg, der irgendwohin weiterführte; keinen außer dem, auf dessen dunkler Erde sie gekommen waren.
    »Man wird drinnen sein«, vermutete Finn, als sich auf sein Rufen niemand zeigte.
    Soweit Finn wusste, lebte der Schmied unverheiratet, aber nicht allein. Er hatte zwei oder drei Gehilfen; allesamt hier waren sie wortkarge Gesellen, so zäh wie ihr Eisen und so kräftig wie   – na ja, eben wie Schmiede.
    Finn sprang vom Kutschbock und bot Tallia seine Hilfe an, wie es sich gehörte.
    Sie reichte ihm ihre Hand, raffte ihren Kleidersaum zusammen und fiel beim Herabsteigen durch irgendeinen Umstand schwer in seine Arme. Für einen Moment waren sich ihre Gesichter so nahwie nie zuvor, und für einen noch längeren Augenblick spürte er sie überall. Ihre Blicke versanken ineinander wie Kieselsteine, die zusammen in einen verschwiegenen Teich plumpsten und umeinandertaumelnd in eine immer verschwommenere Tiefe entschwanden.
    Das plötzlich überlaute Gezwitscher der Vögel war das, woran er sich später seltsamerweise am innigsten erinnerte. Eine Amsel trällerte direkt über ihren Köpfen. Ein Specht klopfte, und er wunderte sich, wieso er ihn hören konnte, denn immer noch sang der Hammer der Schmiede, und das Wasserrad rauschte, aber wie aus weiter Ferne und beileibe nicht so laut wie das wilde Pochen seines Herzens. Andere Vogelstimmen antworteten der Amsel.
    Beide sagten sie kein Wort.
    Die Sonne schien durch Tallias Haar, und die Zeit stand still.
    Ihre Hände lagen warm auf seinen Schultern, und als sie ihre Finger löste, ließ auch er ihre Hüften los. Finn stellte sie auf die Füße, atmete tief ein, räusperte sich, wandte sich um und pochte an das einen Spalt offen stehende Tor der Schmiede.
    »Herr Abhro? Hallo? Bist du da? Bist du da drinnen?«
    Niemand rief zurück.
    Nur das Klangdipang des vom Wasserrad angetriebenen Hammers drang aus dem Spalt. Finn bedeutete Tallia zurückzubleiben. »Seltsam«, sagte er und schob das Tor zur Gänze auf. An der jenseitigen Wand leuchtete rötlich das Kohlebecken unter der Esse, der vordere Teil des Raumes aber lag dunkel da wie ein verrußter Kamin. Eine niedrige Decke schwitzte, in tiefe Schatten gehüllt, unter der Last schwerer Balken. Finn blinzelte, als er aus dem hellen Sonnenlicht in die staubige Trübnis blickte. Er hörte ein rasselndes Atmen. Der schwere Hammerkopf ruckte auf und fiel nieder, sang sein nun überlautes Lied: Pangkang!   – Pangkiang! ; aber Abhro stand nicht am Amboss. Ein sich auf den Atem schlagendes Gemisch aus Fettgeruch, Rauch und etwas, das ihn an den metallischen Geschmack von Blut erinnerte, hing in der Luft.
    Finn starrte ins Dunkle und sah nur, dass da jemand war.
    Oder etwas.
    Was immer es war, es brüllte plötzlich auf. Es sprang auf ihn zu. Es stieß ihn hart an wie ein rollender Fels. Er war völlig überrascht. Ein blitzender Schmerz zerschnitt alles Denken. Er stürzte rücklings zu Boden und überschlug sich. Staub wirbelte auf. Dann stürmte es wie ein Schemen an ihm vorbei und schnurstracks aus der Schmiede hinaus. Ein schwärzlicher Umriss vor dem lichten Viereck des Tores, dann war es fort.
    Finn hörte Tallias gellenden Schrei und gleich

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