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Der verhängnisvolle Urlaub

Der verhängnisvolle Urlaub

Titel: Der verhängnisvolle Urlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Girlanden, die Neuankommenden empfing. Kleine Pferdekutschen standen bereit, welche die Gäste zu dem zwei Kilometer entfernten Hotelort bringen sollten. Ein Schwarm von Eisverkäufern fiel mit Rufen und Anpreisungen über die neue Kundschaft her. Da auf diesem Dampfer eine Reisegesellschaft, die angekündigt worden war, eintraf und mit einem großen Transparent über ihren Häuptern (›Immer fröhlich, immer froh – mit Reisedienst Franz Ommerloh‹) von Schiff marschierte, hatte sich am Ufer auch eine Blaskapelle eingefunden und spielte einen flotten Marsch aus guter alter Preußenzeit. Bekannte schüttelten sich die Hände, Verwandte lagen sich in den Armen, eine Gruppe von Studenten empfing einige Kommilitonen mit einem dröhnenden ›Gaudeamus igitur‹, und zwei Frauen mittleren Alters sahen so aus, als landeten sie auf der Insel, um ihre Ehemänner aus einem Sündenbabel herauszuholen.
    Peter Krahn stand am Strand, fühlte, wie der feine weiße Sand in seine offenen Schuhe drang, und sah sich ratlos um. An einem Mast entdecke er ein Spruchband, dessen Text ihn zusammenzucken ließ: ›Miss Nickeroog heißt auch Sie willkommen.‹ Und an einer Kioskwand hieß es: ›Wollen Sie Miß Nickeroog sehen, kommen Sie abends ins Kurhotel‹.
    Peter Krahn erlitt dadurch einen kleinen Schock, der ihn plötzlich erkennen ließ, daß er sich in Düsseldorf vom alten Fabrici eine Aufgabe hatte aufbürden lassen, der er hier – das wußte er jetzt – nie und nimmer gewachsen war.
    In einem Anfall von Reue über sein wahnwitziges Unternehmen ging er zu dem Häuschen der Schiffahrtsgesellschaft und studierte den Fahrplan der Rückfahrten. Aber er hatte ausgesprochenes Pech, denn dieses Schiff war das letzte, blieb in Nickeroog liegen und nahm erst am nächsten Morgen um 7.30 Uhr wieder Kurs auf Norddeich.
    Unschlüssig sah sich Peter Krahn um. Dann zuckte er, in sein Schicksal ergeben, die Achseln und bestieg mit einigen anderen Nachzüglern eine der kleinen Pferdekutschen. Gemächlich rollte das Gefährt den Strand entlang, an den die langen Wellen der Flut klatschten, die kurz zuvor eingesetzt hatte. Überall sah man lustige Menschen, die den Kutschen zuwinkten, ›Neger‹, welche die ›Weißen‹ mit spöttischen Zurufen bedachten, junge Pärchen, die zwischen den Dünen nicht ihr Heil, aber ihr Glück suchten. Sogar auch einige flotte Reiter, die ihren Abendritt machten, ließen sich bewundern.
    Die ›Neger‹, das waren die Braungebrannten, die schon länger auf der Insel weilten und ihre Luxuskörper der Sonne ausgesetzt hatten; die ›Weißen‹, das waren jene, deren Urlaub erst begann.
    Peter Krahn fuhr sich mit dem Finger zwischen Hals und Kragen. Er fühlte sich unbehaglich. Die ›Miß Nickeroog-Transparente‹ hatten ihn sozusagen aus der Bahn geworfen.
    »Gestatten«, sagte er zu dem Mann, der neben ihm saß, »Peter Krahn.«
    Damit hatte der andere, der einen Stumpen paffte, wohl nicht gerechnet. Er schien überrascht.
    »Angenehm«, erwiderte er notgedrungen. »Franz Joseph Biechler.«
    Aus Potsdam stammt der nicht, erkannte Krahn sehr wohl und sagte: »Ich habe gesehen, daß Sie nicht mit unserem Schiff ankamen.«
    »Nein.«
    »Sie haben jemanden erwartet?«
    »Ja.«
    »Aber der kam nicht?«
    »Nein.«
    Kein gesprächiger Typ, dachte Peter Krahn und wollte auch wieder in Schweigen versinken, um den anderen in Ruhe zu lassen. Doch nun sagte dieser: »Sie sind Rheinländer?«
    »Ja. Hört man das?«
    »Sehr gut. Ich bin Bayer.«
    »Mit einem Berliner hätte ich Sie auch nicht verwechselt.«
    Das Eis war gebrochen. Beide grinsten.
    »Wie war Ihr Name?« fragte der Münchner.
    »Peter Krahn.«
    »Der meine Biechler. Franz Joseph Biechler.«
    »Den Vornamen hätten Sie nicht wiederholen müssen. Der prägt sich einem schon beim erstenmal ein, so markant ist er.«
    »Denken Sie jetzt an den österreichischen Kaiser oder an unseren bayerischen?«
    »An den bayerischen – aber ich höre von Ihnen zum erstenmal, daß der schon zum Kaiser ausgerufen worden ist.«
    »Wer?«
    »Euer Franz Joseph.«
    »Der nicht, nein, aber von dem rede ich ja auch gar nicht.«
    »Von wem dann?«
    »Vom Franz«, fuhr Biechler fort zu blödeln.
    Krahn guckte dumm.
    »Vom Kaiser Franz«, half ihm Biechler auf die Sprünge.
    »Ach«, leuchtete es im Gesicht Krahns auf, »vom Beckenbauer. Ja, der sticht jedes gekrönte Haupt aus, für den schlägt jedes bayerische Herz, das glaube ich. Oder hat es ihm geschadet, daß er München

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