Der verhängnisvolle Urlaub
Sie hat mich vor einer halben Stunde angerufen und mir mitgeteilt, daß er praktisch jeden Augenblick hier auftauchen kann.«
Peter schüttelte den Kopf.
»Das verstehe ich nicht.«
»Warum nicht?«
»Ich sage dir doch, daß er mich zu dir geschickt hat.«
»Wann?«
»Vor zwei Tagen … nein, vor drei … oder doch … ich bin schon ganz durcheinander …« Er brach ab, machte eine wegwerfende Geste und sagte: »Ist ja egal. Jedenfalls war das seine Idee.«
»Und was sollst du hier bei mir?«
»Dich holen.«
»Mich holen?«
Er nickte.
»Mit welchem Recht?« fragte ihn Karin.
Er blickte zu Boden. Dort blieb sein Blick haften.
»Das mußt du deinen Vater fragen«, brachte er schließlich hervor.
Karin hatte nicht lange nachzudenken. Ein Licht ging ihr auf. Das war gar nicht schwierig aufgrund der zahlreichen einschlägigen Gespräche, die schon in der Familie Fabrici stattgefunden hatten.
»Etwa mit dem Recht meines zukünftigen Mannes?« fragte sie.
»Ja«, erwiderte er, aufschauend und erleichtert davon, daß Karin ihm dieses Geständnis abgenommen hatte.
»Unsinn!« Karin glaubte, daß der Augenblick gekommen war, ein für allemal ein klärendes Wort zu sprechen, auch wenn dies Peter schmerzen sollte. »Wir sind nicht füreinander geschaffen. Mein Vater macht sich diesbezüglich absolut falsche Vorstellungen. Ich finde dich furchtbar nett, Peter, sehr sympathisch, aber lieben kann ich dich nicht. Ich hoffe, du bist mir nicht böse; wenn ich dir das so unumwunden sage, doch es geht nicht anders. Ich möchte keine Illusionen – falls es sie gibt – in dir nähren.«
So, nun war es heraus. Auch Karin spürte ein Gefühl der Erleichterung.
Und Peter? Was war mit ihm?
Er horchte in sich hinein, wartete auf den Schmerz, der kommen mußte. Es kam aber keiner.
Komisch, dachte er, noch vor zwei oder drei Tagen …
»Bist du sehr enttäuscht, Peter?« hörte er Karin fragen.
»Begeistert bin ich gerade nicht«, erwiderte er. »Aber welcher Mann ist das, der soeben einen Riesenkorb bekommen hat. Wenn das schon nicht sein Herz traf, dann zumindest seinen Stolz.«
»So?« Das klang deutlich enttäuscht, und das war wiederum typisch weiblich. »Du fühlst dich also nur in deinem Stolz verletzt?«
»Genügt dir das nicht?«
»Irgendwie hätte ich mir das ja denken können. Sehr stark kann nämlich dein Drang, mich zu sehen, nicht gewesen sein.«
»Wieso nicht?«
»Deinen Worten entnehme ich, daß du schon tagelang auf der Insel weilst und mich jetzt erst aufgesucht hast.«
»Ja«, gab er, errötend, zu. »Da ist einiges dazwischengekommen. Aber bei deinem Ball war ich anwesend. Eigentlich wollte ich da schon Verbindung zu dir aufnehmen.«
»Und warum hast du's nicht getan?«
Er grinste.
»Weil ich verunglückt bin.«
»Verunglückt?«
»Ja«, nickte er, verstärkt grinsend. »In der Bar.«
»Ach so«, lachte Karin.
»Da hat mich einer ganz schön vollgepumpt, kann ich dir sagen. Die Nachwirkungen spüre ich noch heute.«
Er seufzte mitleidheischend und faßte sich an seinen Kopf, der ihm anscheinend nachträglich immer noch weh tat.
»Unter so was leide ich Tage«, sagte er. »Ich bin eine solche Sauferei nicht gewöhnt.«
»Zu der du natürlich ganz gegen deinen Willen verführt wurdest«, meinte Karin ironisch.
»Das kannst du mir wirklich glauben.«
»Wer war denn der Kerl?« fragte sie, ohne daß sie das wirklich interessiert hätte. Zugleich fiel ihr ein, daß sie eine miserable Gastgeberin war. Sie hatte Peter überhaupt noch nichts angeboten. »Entschuldige«, sagte sie. »Du sitzt da und wartest sicher auf einen Schluck. Ich lasse dir vom Zimmerkellner etwas bringen. Worauf hast du Lust?«
»Um Gottes willen, nur das nicht!« rief Peter, beide Hände abwehrend ausgestreckt. »Mir dreht sich der Magen um, wenn ich an so etwas nur denke!«
»Auch keine Tasse Kaffee oder Tee?«
»Gar nichts.«
»Habt ihr denn um die Wette getrunken?«
»Das nicht, im Gegenteil. Wenn ich mich recht entsinne, hat der sich sogar zurückgehalten und nur mich vollgepumpt, um mir die Würmer aus der Nase zu ziehen.«
»Dir die Würmer aus der Nase zu ziehen?«
»Über dich.«
»Über mich?« erwiderte Karin, obwohl ihr Interesse immer noch nicht erwachte.
»Sogar auch über eure ganze Familie.« Um keinen unangenehmen Eindruck bei Karin hochkommen zu lassen, setzte Peter rasch hinzu: »Ich habe ihm natürlich nur das Beste erzählt.«
»Das hoffe ich.«
»Deinen Vater fand er
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