Der Verhandlungs-Profi
kommt und darüber hinaus vielleicht als Beleidigung aufgefasst wird.
Der moderate Erstvorschlag orientiert sich nicht allzu weit über Ihrem Must-have, was natürlich insofern problematisch ist, als Sie kaum mehr Verhandlungsspielraum zur Verfügung haben. Trotzdem kann der moderate Erstvorschlag gut geeignet sein, vor allem wenn die Verhandlung in einem besonders kooperativen Umfeld stattfindet, in dem es um Beziehung geht, oder in Ihrem Privatleben und Freundeskreis, wo die Zufriedenheit und nicht der Profit an erster Stelle steht.
Der moderate Erstvorschlag lässt sich übrigens taktisch gut verwenden, indem Sie ihn beim ersten Abschluss in einer Reihe von Verhandlungen mit demselben Verhandlungspartner einsetzen. Damit zeigen Sie starke Kooperation und partnerschaftliches Verhalten, auch wenn sich Ihr Verhandlungsverhalten in den späteren Verhandlungen ändern wird.
Vier Tipps für den idealen Erstvorschlag
Überprüfen Sie folgende Punkte, bevor Sie Ihren Erstvorschlag lancieren:
1. Beachten Sie die Verhandlungszone
Setzen Sie Ihren Anker so, dass Sie weiterhin genug Spielraum haben, um ein gutes Agreement zu finden, das genug Wert für beide Seiten schafft.
Ist Ihr Erstvorschlag zu niedrig, haben Sie nach oben hin zu wenig Spielraum.
Ist Ihr Erstvorschlag zu hoch, lassen Sie Ihrem Verhandlungspartner zu wenig Spielraum.
Solche Verhandlungen enden oft in einem Feilschen in kleinen Schritten, anstatt sich darauf zu besinnen, wie der Wert für jede der beiden Seiten beispielsweise durch den Einsatz von Assen erhöht werden könnte.
2. Formulieren Sie ambitionierte Nice-to-have-Ziele
Je höher die von Ihnen anvisierten Ziele sind, umso ambitionierter werden Sie diese verfolgen. Auch hier zeigen unsere Erfahrungen, dass Verhandlungspartner mit relativ aggressiv ausgefüllten ESPs, also hohen Zielkategorien, wesentlich höhere Verhandlungsergebnisse erzielen als solche mit durchschnittlichen oder niedrigeren Zielen. Das funktioniert ein wenig wie die berühmte selbsterfüllende Prophezeiung. Wenn Sie glauben, Sie können kein besonders gutes Ergebnis erzielen, werden Sie mit Sicherheit auch kein besonders gutes Ergebnis erzielen. Erfolgreiche Geschäftsleute werden Ihnen das bestätigen können: Umso höher Sie sich Ihre Ziele setzen, umso besser werden Ihre Ergebnisse sein. Dies äußert sich sowohl in der systematischen Herangehensweise der Verhandlung als auch in Ihrem Auftreten, Ihrem Selbstvertrauen und Ihrem Kommunikationsstil dem Verhandlungspartner gegenüber, der rasch erkennen wird, dass er es mit einem ambitionierten und zielbewussten Verhandler zu tun hat.
3. Behalten Sie die Beziehung im Auge
Beachten Sie bei sämtlichen Vorschlägen und beim Umgang mit Vorschlägen: Wie ist die bestehende Beziehung zu Ihrem Verhandlungspartner und wie soll die Beziehung nach der Verhandlung sein?
Wenn Sie eine längerfristige Partnerschaft anstreben, werden Sie vermutlich etwas weniger aggressiv an die Sache herangehen, als wenn es sich um eine Einmal-Transaktion handelt, bei der es nur darum geht, eine möglichst hohe Rendite einzufahren.
Es kann auch Fälle geben – so hart das auch klingt –, wo man, um ein wirklich brillantes Verhandlungsergebnis zu erreichen, die Beziehung zum Verhandlungspartner ruiniert, den eigenen Ruf beschädigt und den der Firma ebenfalls. Grundsätzlich sollten Sie aber danach streben, den bestmöglichen Deal zu bekommen und dabei die Beziehung zu Ihrem Verhandlungspartner und Ihren eigenen Ruf als Verhandler zu stärken. Das bedeutet möglicherweise, dass Sie durchaus das eine oder andere Zugeständnis machen müssen. Aber im Sinne eines übergeordneten Ziels sind diese kleinen Opfer oft das Risiko oder den Einsatz wert.
4. Nutzen Sie die 4er-Kette oder die ABB-Methode
Die 4er-Kette (s. S. 152) und die ABB-Methode (s. S. 154) sind hervorragende Werkzeuge, um Ihren Vorschlägen entsprechend Gewicht zu verleihen und diese inhaltlich zu argumentieren und abzusichern.
Erstvorschlag
Konflikt
Beziehung
Transaktion
aggressiv
nicht empfehlenswert, Gefahr der Provokation, Verärgerung, signalisiert keine Bereitschaft zur Klärung
gefährlich, kann als Vertrauensbruch empfunden werden, Partnerschaft könnte beschädigt werden
empfehlenswert, erhöht Profitabilität durch Ankereffekt, verschiebt Verhandlungszone zu Ihren Gunsten, Risiko des Scheiterns bei kompetitivem Partner
optimistisch
kann funktionieren, mit 4er-Kette oder ABB absichern, vorsichtig formulieren, gemeinsamen Nutzen
Weitere Kostenlose Bücher