Der Verhandlungs-Profi
optimistischen Erstvorschlag
einen moderaten Erstvorschlag
Sehen wir uns die Vorschläge im Detail an.
Der aggressive Erstvorschlag: riskant, aber profitabel
Eine Grundregel für das Erzielen exzellenter Verhandlungsergebnisse:
TIPP
Streben Sie ein noch besseres Ergebnis an als jenes, mit welchem Sie zufrieden wären.
Denken Sie an die Zielkategorien im ESP: Must-have, Want-to-have, Nice-to-have. Der aggressive Erstvorschlag wird sich an Ihrem Nice-to-have orientieren. Dieser Zugang lässt Ihnen genug Raum zum Optimieren, also für Zugeständnisse an Ihren Verhandlungspartner oder zum Einsetzen von Assen. Zusätzlich verschaffen Sie Ihrem Verhandlungspartner ein positives Grundgefühl, wenn auch er Ihnen gewisse Konzessionen abluchsen kann.
Der aggressive Erstvorschlag bietet folgende Vorteile:
Es kann zu einer positiven Überraschung kommen, wenn Ihr aggressiver Erstvorschlag akzeptiert wird. Dies kann zum Beispiel dann sein, wenn Ihr Verhandlungspartner unter Zeit- und Gelddruck steht.
Sie bilden eine ausreichende Verhandlungszone, die Raum für Optimierungen im Laufe der Verhandlung bietet.
Der wahrscheinlich wichtigste Vorteil: Der aggressive Erstvorschlag kann die Erwartungen Ihres Gegenübers sofort senken. Angenommen, Ihr Vorgesetzter möchte ein Projekt in zwei Wochen abwickeln und Sie als Projektmanager eröffnen die Verhandlung mit dem Vorschlag „ zwei Monate“. Es wird Ihrem Chef somit sehr rasch klar werden, dass zwei Wochen nicht realistisch sind, und er wird den Zeitraum sofort ausdehnen.
Gehen wir den aggressiven Erstvorschlag in einem Beispiel durch:
Sie sind selbstständiger IT-Consultant und nennen einem potenziellen Kunden Ihren Preis für ein bestimmtes Projekt: 30.000 Euro. Er bietet Ihnen im Gegenzug dafür 29.000 Euro. Sie werden sicher sofort denken, dass Sie zu niedrig begonnen haben und er wahrscheinlich wesentlich mehr für Ihren Service zahlen könnte. Er hat also mit seinem Gegenvorschlag Ihre Erwartungen erhöht, und Sie werden sich fürchterlich ärgern, weil Sie nicht mit 35.000 oder 40.000 in die Verhandlung gegangen sind.
Nehmen wir nun an, sein Gegenvorschlag wäre 24.000 Euro – was schon ein ordentliches Stück von Ihren ursprünglich veranschlagten 30.000 entfernt wäre. Dieser Vorschlag hätte nun die Folge, dass Sie die Hoffnung, tatsächlich 30.000 zu bekommen, sofort nach unten schrauben und sich denken würden: „Naja, wenn ich 26.000 erreiche, werde ich wahrscheinlich schon froh sein müssen, denn dann muss ich ihn ohnehin erst noch um 2.000 nach oben verhandeln.“
Die Ironie an dieser Situation: Sie werden wahrscheinlich mit 26.000 Euro glücklicher sein als im ersten Szenario mit 29.000. Weshalb? Weil der Erstvorschlag Ihre Erwartungen gesenkt oder erhöht hat.
Betrachten Sie dieses Beispiel nun von der Seite des Kunden:
Angenommen, Ihr Kunde hatte von Beginn an auf einen Projektpreis von 25.000 Euro spekuliert. Da Ihr Erstvorschlag aber 30.000 betrug, hat er zwar immer noch mehr als seine gedachten 25.000 bezahlt, nämlich 26.000, es liegt aber nicht weit über seinen Erwartungen, und er kann damit zufrieden sein.
Wenn Sie als ursprüngliches Ziel 30.000 im Auge hatten, hätte Ihr Erstvorschlag bei jedenfalls 33.000, besser sogar 35.000 liegen müssen. Hier ist natürlich Fingerspitzengefühl gefragt, denn wenn Sie mit der Hoffnung auf einen noch besseren Deal mit 40.000 in die Verhandlung gehen, kann es sein, dass Ihr potenzieller Kunde die Verhandlung überhaupt nicht aufnimmt, sondern diese aufgrund des zu hohen Preisunterschieds und der daraus nicht zu etablierenden Verhandlungszone sofort abbricht.
Die Frage daher: Wie aggressiv darf ein Erstvorschlag sein?
Antwort: So lange Sie ihn vernünftig begründen können, ist er nicht zu hoch.
Welchen Vorschlag, welche Zahl oder welche Idee Sie auch immer als Ihren Erstvorschlag lancieren, eines ist gewiss:
TIPP
Der Erstvorschlag wird als Ankerpunkt im Raum stehen bleiben. Der Erstvorschlag markiert somit einen Eckpunkt der Verhandlung.
Erstvorschläge sind dann realistisch, wenn sie eine Chance auf Umsetzung beinhalten. Das muss bei aggressiven Erstvorschlägen nicht unbedingt der Fall sein, diese können auch nur dazu dienen, als Ankerpunkt den Verhandlungspartner zu beeinflussen. Der optimistische Erstvorschlag hingegen ist durchaus argumentierbar und aus der Sicht des Vorschlagenden realistisch nachvollziehbar. Dabei kann er immer noch hoch sein, jedoch: realistisch hoch.
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