Der Verhandlungs-Profi
Erklärung Ihrer Stärken machen Sie Ihren Vorschlag: 10 Prozent mehr pro Monat. Die Antwort Ihres Chefs: „WAS?!?!?!“ Seine weit aufgerissenen Augen verstärken seinen höchst schockierten Gesichtsausdruck. Diese Reaktion Ihres Vorgesetzten wird reichen, um Sie völlig zu verunsichern und einzuschüchtern, und Sie werden denken: „Du meine Güte, das hätte ich besser nicht gesagt.“ Und ohne dass Ihr Chef ein weiteres Wort von sich gibt, werden Sie wahrscheinlich einlenken: „Okay, wie wäre es mit 5 Prozent?“
Sehen wir uns kurz an, welchen Aufwand Ihr Vorgesetzter betrieben hat, um Sie dazu zu bringen, Ihre Forderung zu halbieren. Er hat das Wort „was“ gesagt und den Schockierten gespielt. Das genügt, um dem Gegenüber die Botschaft zu senden: „Was Sie von mir verlangen, ist völlig wahnsinnig, ich bin einfach nur schockiert und mir fehlen die Worte, auf diese Unverschämtheit näher einzugehen.“ Der Effekt ist gewaltig.
Sehen wir uns nun drei Möglichkeiten an, den Schock zu entkräften.
1. Die humorvolle Antwort
Sagen Sie:
Stimmt. Das ist eigentlich doch zu wenig. Vielleicht wären 15 Prozent besser. Was meinen Sie?
Diese humorvolle Antwort wird die Botschaft schicken: Ich stehe zu meiner Aussage, und wenn hier irgendetwas lächerlich ist, dann ist das Ihre Position und nicht meine.
2. Sie ignorieren den Schock, bleiben ganz ruhig sitzen, verziehen keine Miene und halten Blickkontakt.
Mit dieser Reaktion rechnen die wenigsten, die den Schock einsetzen. Ihr Gegenüber wird durch dieses Verhalten Ihrerseits nun selbst unter Druck geraten.
3. Der Retourschock
Geben Sie ebenfalls den Schockierten.
Was?! Sie glauben also nicht, dass ich das wert bin? Sehen Sie denn nicht, was ich für das Unternehmen leiste?
Das wird nun Ihren Vorgesetzten in Bedrängnis bringen, und er wird sich Ihres Schocks annehmen müssen.
Conclusio: Das Wichtigste beim Schock ist, ihn zu erkennen und zu identifizieren.
Übrigens ist der Schock eine der einfachsten Möglichkeiten für Konsumenten, beim Einkauf ein bisschen Geld zu sparen. So habe ich mithilfe eines recht moderaten Schocks beim Kauf eines Haushaltsgeräts vor einiger Zeit einen nicht unbeträchtlichen Rabatt bekommen. „Was?! Siebenhundert Euro für eine Waschmaschine?“ hat völlig ausgereicht.
Der Gefühlsausbruch
Während der Verhandlung mit einem Mitglied eines Projektteams fängt dieses plötzlich an zu schreien: „Warum soll ich eigentlich dafür verantwortlich sein? Mir reicht es schön langsam, immer der Blöde zu sein, wenn etwas schiefgeht!“
Der Gefühlsausbruch trifft einen oft deshalb so hart, weil man nicht darauf vorbereitet ist und es im ersten Moment schwierig ist, darauf zu reagieren. Viele entgegnen jemandem mit einem Gefühlsausbruch mit den Worten „Wie reden Sie mit mir?“ oder „Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind?“ – was natürlich nur der Anlass zu weiterer Eskalation ist.
Drei Schritte helfen Ihnen im Umgang mit Gefühlsausbrüchen:
Schritt 1: Warten Sie, bis die Luft draußen ist. Unterbrechen Sie nicht, hören Sie zu, argumentieren Sie nicht, zeigen Sie einfach nur Interesse und hören Sie darauf, was Ihr Gegenüber zu sagen hat.
Schritt 2: Zeigen Sie Verständnis, ohne dem Ausbruch zuzustimmen. Sagen Sie:
Ich verstehe.
Oder:
Das ist schade.
Oder:
Mhm, ja, das ist wirklich unangenehm.
Das wird dem Ausbruch die Schärfe nehmen und bereitet den nächsten Schritt vor.
Schritt 3: Sobald die Emotionen auf einem erträglichen Level angelangt sind, fragen Sie:
Was können wir nun tun?
Oder:
Was möchten Sie gern erreichen?
Oder:
Wie geht es nun weiter?
Sie werden überrascht sein, wie konstruktiv sich das Gespräch nun fortsetzen lässt. Möglicherweise wird Ihr Gegenüber sich sogar entschuldigen und nun mit Ihnen gemeinsam an einer Lösung arbeiten.
Eine weitere Möglichkeit wäre, ebenfalls einen Gefühlsausbruch zu setzen, allerdings keinen aggressiven. Zeigen Sie, dass Sie enttäuscht sind oder dass Sie sich persönlich angegriffen fühlen. Das könnte Ihr Gegenüber zum Einlenken bewegen, weil ihm klar wird, es hat Sie nun persönlich attackiert – was vielleicht gar nicht in seinem Interesse lag.
Die Mitleidsmasche
Diese funktioniert besonders gut gegen jemanden, der ein Geschäft unbedingt unter Dach und Fach bringen möchte und bereits gezeigt hat, dass er zu Zugeständnissen bereit ist. Die Mitleidsmasche wird gern mit extremen Gegenforderungen kombiniert, die im Kontext der
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