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Der verkaufte Patient

Titel: Der verkaufte Patient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Hartwig
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gewaltigen Systemwechsel, der sich gerade im deutschen Gesundheitswesen ereignet, steuert. Ulla Schmidt allein hätte ich das auch nicht wirklich zugetraut. Schauen Sie sich ein paar Fakten an, und fragen Sie sich dann, ob die nicht recht haben, die sagen:
Willkommen im Bertelsmann-Club!
     
    Die Bertelsmann-Stiftung nährt sich aus Gewinnen des international verflochtenen 19-Milliarden-Medien-Konzerns, zu dem sechs Bereiche gehören, nämlich Fernsehen (RTL-Group, mit dem Reichweitenkönig RTL), Buchverlage (Random House, der größte Verlag der Welt), Zeitungen und Zeitschriften (Gruner & Jahr, Stern, Brigitte, GEO, Financial Times Deutschland), Musik (BMG), Medien/Kommunikationsdienstleistung (arvato) und Vertrieb/Versand (Direct Group – vom »Bertelsmann-Club« herkommend).
    Statt dem Staat Steuern abzuliefern, ist Bertelsmann lieber »gemeinnützig« und investiert den operativen Gewinn in die besagte Stiftung. Im Jahr 2004 waren das immerhin 64 Millionen Euro. In der Stiftung gibt es etwa 300 Mitarbeiter, die wiederum über sechs Bereiche hinweg (nämlich Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Bildung, Gesundheit, Kultur) tätigsind. Auf der Homepage der Stiftung lese ich: »Die Bertelsmann-Stiftung engagiert sich in der Tradition ihres Gründers Reinhard Mohn für das Gemeinwohl. Fundament der Stiftungsarbeit ist die Überzeugung, dass Wettbewerb und bürgerschaftliches Engagement eine wesentliche Basis für gesellschaftlichen Fortschritt sind.« Und dann lese ich noch: »Die Bertelsmann-Stiftung arbeitet gemäß ihrer Satzung ausschließlich operativ und nicht fördernd.«
    Wenn ich mit einem Wort sagen soll, für was ich die Bertelsmann-Stiftung halte, dann würde ich sagen:
Die Bertelsmann-Stiftung ist der Think-Tank der Ideologie von den heilenden Effekten der Privatisierung
. Der kritische Nationalökonom Albrecht Müller, ehemaliger SPD-Politiker und führender Mitarbeiter der Kanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt, macht auf www.nachdenkseiten.de aus seiner Einschätzung keinen Hehl: »Wir halten die Bertelsmann-Stiftung für eine undemokratische und antiparlamentarische Einrichtung (…) Bertelsmann übt eine unkontrollierte und durch nichts als Geld legitimierte Macht in unserer Gesellschaft aus. Diese Meinung teilen wir mit vielen anderen Beobachtern des Geschehens. Mit vielen unserer Leser sind wir uns auch einig, dass die Bertelsmann-Stiftung das Privileg der Gemeinnützigkeit nicht verdient und wirklich parlamentarisch-demokratische und soziale Verhältnisse in unserem Land nur wieder erreichbar sind, wenn der politische Einfluss dieses Konzerns gebrochen ist. Wenn das überhaupt noch zu schaffen sein sollte, dann nur mit einem breiten Bündnis aller Demokraten.«
Bertelsmann und der Anti-Edison-Effekt
     
    Ich zweifle keine Sekunde daran, dass Albrecht Müller zumindest darin recht hat, dass die Bertelsmann-Stiftung ein geradezu beängstigendes Netz politischer Einflussnahme gesponnen hat, in dem sich immer mehr staatliche und gesellschaftlicheEinrichtungen plötzlich heillos verfangen sehen – und zwar in schöner Analogie zu den Bereichen der Stiftung, als da sind: »Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Bildung, Gesundheit, Kultur«. In jedem dieser Bereiche könnte man umfangreich und detailliert die Bertelsmann-Spuren nachweisen. Doch hier beschränken wir uns auf »Gesundheit«.
    Wie konnte das geschehen? Diese Eroberung fand nicht mit Waffengewalt und Erpressung, vielmehr auf die denkbar netteste Weise statt – durch
Beratung
. Gegen Beratung kann man ja nun wirklich nichts haben! Oder doch? Hierzu muss ich noch einmal an meinen
Anti-Edison-Effekt
(»Die modernen Erfinder erfinden nur noch Dinge, die ihre Erfinder weiterbeschäftigen«) erinnern. Die Bertelsmann-Stiftung implantiert, wo immer sie agiert, eine Beratung, die ihre Berater weiterbeschäftigt. Wo sie berät, organisiert sie eine Komplexität, die vorher nicht da war und zu deren Lösung sie sich selbst auf nachhaltige Weise unentbehrlich macht. Plötzlich sind wir bei einer Politik, die nicht mehr an sich selbst glaubt, wie bei Shimon Peres, der 2007 äußerte, Politik könne ja eigentlich nichts bewirken, die wirtschaftlichen Kräfte seien es, die sich gerade als die eigentlichen Veränderer und Erneuerer der maroden Systeme bewährten. Und da will – meines Erachtens – Bertelsmann hin. Politik soll nur noch moderieren. Business sollen die machen, die mehr davon verstehen: die Konzerne, allen voran jener Konzern, der das

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