Der verkaufte Patient
die zweite Katze aus dem Sack, indem er es aussprach, was viele nur vermuteten:
»Seit der Entschlackung der Regelungen zur Integrierten Versorgung mit dem GKV-Modernisierungsgesetz ist die Integrierte Versorgung durch eine Vielzahl von Verträgen im Versorgungsgeschehen etabliert worden. Nach Angaben der von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und den Spitzenverbänden der Kran kenkassen eingerichteten gemeinsamen Registrierungsstelle zur Unterstützung der Umsetzung des § 140d SGB V sind aktuell 3045 Verträge zur Integrierten Versorgung gemeldet. Das Vergütungsvolumen beträgt ca. 577 Millionen Euro.«
Was 1971 bei Nixon geklappt hat, das wird doch nun in Deutschland über diese Handvoll Gesundheitspolitiker, die über 80 Millionen herrschen, auch möglich sein! Nebenbei bemerkt: Nach Nixons Entscheidung, Kaiser Permanente das Gesundheitssystem zu überlassen bzw. es nach seinen Vorstellungen umzubauen, dauerte es nicht sehr lange, bis die Versorgung nahezu komplett zusammenbrach. Das Gesundheitswesen lag am Boden. Jahr für Jahr ging ins Land. Eine Welle der Empörung unter den Armen bedrohte das politische Establishment – und dann kam Bill Clinton mit seiner Frau Hillary. Als First Lady schrieb die sich auf die Fahnen, dasGesundheitssystem in Amerika zu reformieren. Sie versuchte es auch. Doch die Lobbyisten der Gesundheitsindustrie waren stärker. Hillary Clinton wurde zum Schweigen gebracht. In beiden Amtszeiten ihres Mannes fasste sie das Thema nicht mehr an. Belohnt wurde sie von der Gesundheitsindustrie für ihre vornehme Zurückhaltung mit großzügigen Spenden bei ihrem Wahlkampf zur Senatorin in New York. Eigentlich spendet die aus bekannten Gründen fast nur für Republikaner. Nur Hillary durchbrach die Phalanx und rangierte 2005 bis 2006 an Platz zwei der von der Gesundheitsindustrie meistgesponserten Politiker. Heute steht Hillary Clinton wieder im Wahlkampf. Eines ihrer Hauptziele: Reform des Gesundheitssystems in den USA. Da darf man gespannt sein.
KAPITEL 14
Die neue Seuche – oder: Über das Krankheitsbild der grassierenden Berateritis
V or zwei Jahrzehnten war die Gesundheitswelt noch ein relativ überschaubares Terrain. Das hat sich fundamental verändert. In derselben Geschwindigkeit, in der sich neue Wörter im Gesundheitsbereich etablieren, entstehen auch neue Wirklichkeiten, die erklärt werden müssen. Komplexität heißt das Stichwort der Stunde. Entsprechend viele Berater gibt es. Wenn Herr Lauterbach zwischen seinem Politikjob und seinen entgeltlichen Tätigkeiten hin- und herfliegt, wird es gedeckt durch die Aura des Beraters. Wenn Herr Munte und andere Topfunktionäre sich ein paar Jobs für ihre Nach-Fürstenzeit schneidern, dann ist selbstverständlich »Beratung« im Portfolio. Fragt sich nur, ob dann noch ein Arzt in Deutschland von Herrn Lauterbach, Herrn Munte oder Frau »Has« beraten werden will. Gleichviel: Der praktische Arzt wird erdrückt von postalischen und E-Mail-Offerten, die ihm – was schon? – »Beratung« anbieten. Die »Beratung«, die von den Kassen oder der KV hereinflattert, changiert meist zwischen Pseudohilfestellung und blanker Erpressung: »Muss ich da jetzt hin? Muss ich das jetzt auch noch buchen?« Freiwillig will keiner mehr beraten sein.
Wenn schlechter Rat teuer ist
Der dreisteste Fall von »Beratung« ist gewiss die 19-Milliarden-Gesundheitskarte (samt EPA, der Elektronischen Patientenakte, im Hintergrund), die kein Mensch will. Die 19 Milliarden (!) Startkapital für den Irrsinn Gesundheitskarte sinddas kunstvollste, sprechendste, ungeheuerlichste »Denkmal« der gesamten deutschen Gesundheitspolitik: Unfassbare 19 Milliarden für quasi nichts – es sei denn für die damit gegebene Einladung zu illegaler Datenabzocke! Wer das verstanden hat, weiß, was politisch gespielt wird. Es ist wie überall: Die Schafe sollen auch noch ihren Schlachter bezahlen; sie sollen die Daten hergeben, für die Zerstörung des Arztgeheimnisses sorgen und auch noch die horrend überzogenen Entwicklungskosten der staatlich verordneten Beraubung übernehmen. Noch einmal, weil es der Schlüssel zu allem ist und weil wir alle dahingehend »beraten« werden, die Gesundheitskarte vermeide Doppeluntersuchungen: Für 19 Milliarden Euro kann man ein 80-Millionen-Volk ein halbes Jahr komplett durch Röntgenanlagen fahren!
Berater kommen aus allen Löchern
Beobachtungen dieser Art haben dazu geführt, dass es
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