Der verkaufte Patient
Politik leisten und sich die Sache der jungen Ärzte zu eigen machen.
Bedenken Sie bitte: Sobald die Generation der heute um die über 60 Jahre alten freien, niedergelassenen Ärzte altersbedingt wegbricht, verwaisen die Praxen. Sie zu übernehmen wäre – O-Ton vieler junger Ärzte – »ein Horrorjob«, »Selbstmord«, »die geplante Pleite«. Trotzdem gibt es sie: die jungen Ärzte, die es dennoch anpacken. Aber es ist wie der Tropfen auf den heißen Stein. So entstehen Versorgungslücken der Bevölkerung.
Und nun wird sichtbar, weshalb die Gesetze so sind, wie sie sind, sie wurden gezielt gemacht für den Durchmarsch der Gesundheitskonzerne. So wurde über Gesetze ein künstlicher Ärztemangel erzeugt, über den sich die MVZs – medizinische Versorgungszentren – als Retter in der Not der medizinischen Versorgung unserer Bevölkerung andienen können. Die Leute sollen sagen: »Gott sei Dank gibt’s die MVZs, wo schon keiner mehr Arzt bei uns sein will!« Die Wahrheit sieht anders aus. Schon heute kreist der Spruch in informierten Kreisen: MVZs sind »Medizinervernichtungszentren«! Und die »Integrierte Versorgung« heißt in diesen Kreisen auch nur noch »Integrierte Verseuchung«!
Auf der Siegerseite dürfen sich all jene Lobbyisten fühlen, die Geld dafür bekommen, dass das in den Strategiepapieren von Aktiengesellschaften wie z. B. bei Rhön & Co dokumentierte Ziel erreicht wird: die Übernahme der gesamten ambulanten Versorgung, bis es dann nicht mehr auffällt, wenn der gesamte Gesundheitsmarkt industrialisiert und in den Händen von Kapitalgesellschaften ist! Diesen Judassen möchte ich nach Kräften das Spiel verderben.
Darum habe ich mich kurzerhand mit einer neuen Aktion auf die Seite der freien jungen Ärzte geschlagen: »Wir für Euch!«:
Bürgerpatienten kämpfen für junge Ärzte!
Es reicht jetzt! Wir Patienten haben verstanden, was »Gesundheitsreform« bedeutet:
• Die schamlose Zerstörung des Arztgeheimnisses
• Die ökonomische Ausbeutung von Schwestern, Krankenpflegern und jungen Ärzten
• Die Auslieferung von uns Patienten als »Kunden« an renditeorientierte Gesundheitskonzerne
• Das »Aus« für den Hausarzt sowie die freien, niedergelassenen Ärzte, und, und, und …
Politiker treiben die freien Ärzte bewusst in den Ruin, weil sie die letzten Bastionen sind, die sich der schrankenlosen Industrialisierung unseres Gesundheitssystems in den Weg stellen. Falsche Hetzparolen wie
»Höhere Arzthonorare treiben die Kassenbeiträge in die Höhe«
sollen einen Keil zwischen Patienten und Ärzten treiben. Kaum ein Student will mehr Hausarzt werden. Den wenigen, die den Beruf noch ergriffen haben, steht das Wasser bis zum Hals.
Auf der Strecke bleibt jeder junge Arzt!!!
Wir informierten Bürgerpatienten sagen STOPP zu diesem Wahnsinn! Wir stehen auf, um für unsere jungen Ärzte zu kämpfen! Einer für alle – alle für einen! Deshalb starte ich heute die bundesweite Aktion
»Wir für Euch!«
Großkundgebungen in allen Bundesländern werden nach dem gelungenen Schulterschluss »Arzt & Patient« am 7. Juni 2008 im Olympiastadion München folgen. Weitere Informationen unter www.patient-informiert-sich.de .
Renate Hartwig
Über diesen Aufruf ist es gelungen, eine Vernetzung junger Mediziner im ganzen Bundesgebiet aufzubauen.
Wohin die Reise geht
Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, eine rechtsfähige Stiftung, lud am 31. 1. 2008 zu einem Kongress nach Berlin ein. Titel des Kongresses:
Technik trifft auf Vertrags- und Versorgungsrealität – Versuch einer Bewertung des Innovationspotentials
. Was dort geboten wurde, ist die reizend verpackte Vision der schönen neuen Gesundheitswelt.
Ganz offen wird in den Tagungsunterlagen des Kongresses (daraus stammen die folgenden Zitate) angesprochen, was hinter den Kulissen Konsens ist, was man – kleiner Schönheitsfehler! – nur dem Wähler noch nicht erklären konnte. Das Gesundheitswesen stehe mitten in einem auf ca. 20 Jahre angelegten Reformprozess. Es gehe um einen »Paradigmenwechsel vom Solidarprinzip zum Vertragswettbewerb als Gestaltungsprinzip«. Klartext: »Das heute noch maßgebliche Rollenmodell der 1960er Jahre wird 2020 nur noch randständige Bedeutung haben. Dies betrifft auch das Verhältnis zwischen Patient und Arzt. Zugang zum Kapitalmarkt für Anbieter, Praxisgründer, Krankenhäuser verändert sich. Anbieter sind Unternehmen, d. h.
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