Der verkaufte Patient
und Normierung einer schablonenhaften Patientenversorgung vorangetrieben werden; die »unsinnigen technokratischen Irrungen« dürften keinesfalls in Gesetze gegossen werden. Das war 2003.
Vieles ist inzwischen in Lauterbachs Richtung gelaufen. Das Herzstück des gesamten Gesundheitswesens – die vertrauensvolle Beziehung zwischen Arzt und Patient – ist weiter unterminiert worden. Ein ethisch verbrämter bürokratischer Overkill namens Qualitätssicherung (siehe Kapitel 5) wurde zum Trojanischen Pferd in den Praxen freier, niedergelassener Ärzte. Die Politik deckt den Verödungsfeldzug börsennotierter Unternehmen und die gezielte Ausplünderung des Patienten. Ich kann es nur zynisch finden, wenn einer wie Lauterbach das Wort Ethik in den Mund nimmt. Und ich danke ausdrücklich einem Mann wie Hoppe, der für eine Art von Ethik einsteht, die gerade als eine Art Kollateralschaden mit entsorgt wird. Diese neue »Ethik« ist Willkür.
Die neue Ethik stellt neue Fragen: Sollen wir beispielsweise noch wollen, dass Menschen, die – mal rein betriebswirtschaftlich gesehen – dem Staat auf dem Säckel liegen, weiterbehandelt werden? Das sind keine abwegigen Fragen. Das diskutieren sie an den Stammtischen im Horizont einer vermeintlichen Kostenexplosion im Gesundheitswesen: »Da päppeln sie die Gruftis hoch – und ich krieg meine Kur nicht bezahlt!« Lauterbach selbst, berichtet die Ärztezeitung, war gefragt worden, »inwieweit es sich denn rechne, einen Alzheimerpatientendurch adäquate medikamentöse Therapie ein paar Jahre länger vor der totalen Pflegebedürftigkeit zu bewahren. Ulla Schmidts Expertokrat ging darauf gar nicht erst ein. Die Frage sei falsch gestellt. Sie müsse richtig lauten, inwieweit sich hier denn die rechtzeitige Hochdruckbehandlung auszahle.« Mich fröstelt.
Da es mir um
Ethik im alten Sinn
, um Wahrheit und Lüge, Sein und Schein und dergleichen geht, dürfen wir auch die Person Karl Lauterbach nicht ganz außer Betracht lassen.
KAPITEL 6
Das schmutzige Geschäft –
oder: Wie sich die Politik gesundstößt
E s gibt ihn definitiv, den politischen Willen, unser Gesundheitssystem von Grund auf umzubauen, und zwar so, dass wir es in wenigen Jahren nicht wiedererkennen werden. Der Umbau wird verdeckt betrieben. Würde er offen forciert, er bekäme im Leben keine demokratische Legitimation. Teil der Durchsetzung ist eine Kampagne der Desinformation. Zu Deutsch: Es wird getäuscht, gelogen, getrickst und geschoben, dass es nur so kracht.
Was wollt ihr denn?
Was würde wohl geschehen, würde man die Bürger direkt und konkret fragen
: Wollen Sie die ersatzlose Abschaffung Ihres Hausarztes? Wollen Sie die Herrschaft der Großkonzerne über unsere Krankenhäuser? Wollen Sie die schleichende Privatisierung und Monopolisierung unseres Gesundheitswesens? Wollen Sie, dass Gesundheit in erster Linie ein »Markt« ist? Wollen Sie das Aufgeben des Solidarprinzips im Gesundheitswesen (Jung für Alt – Gesund für Krank)? Wollen Sie, dass amerikanische, italienische und russische Investoren die Besitzer unserer Medizinischen Versorgungszentren werden, die den Hausarzt ersetzen sollen? Wollen Sie, dass das definitive Ende der wohnortnahen ärztlichen Versorgung eingeläutet wird? Wollen Sie, dass Ihr gesundheitlicher Status online überwacht wird? Wollen Sie, dass über die Gesundheitskarte »E-Card« der Zugriff auf Ihre gesamte Gesundheitsakte (Stichwort »gläserner Patient«) möglich ist? Wollen Sie, dass es mehr Kassenangestellte alsÄrzte gibt? Wollen Sie den Aufbau einer weiteren Gesundheitsbürokratie (Gesundheitsfonds)? Wollen Sie, dass aus Patienten Kunden und aus Ärzten Angestellte von börsennotierten Firmen werden?
Würde man Bürgern diese konkreten Fragen stellen – die Politiker bekämen Prügel angedroht, würden sie zu allem ja und amen sagen. Stünden die angeschobenen Veränderungen im Programm einer der großen Volksparteien – sie bliebe unter einem Prozent, weil nur die Politiker sich noch selbst wählen würden. Längst ist jedoch der Nachweis geführt, dass die führenden Köpfe in nahezu allen etablierten Parteien
genau die Wirklichkeit herstellen wollen
, die ich mit den oben genannten Fragen skizziert habe.
Es ist also nackter, durch nichts gedeckter politischer
Wille
, der dem Volk aufgedrückt werden soll. Dieser Wille (wie immer er zustande gekommen ist) verstößt meines Erachtens gegen den zentralen Artikel 20 Abs. 2 unseres Grundgesetzes: »Alle
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