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Der verkaufte Patient

Titel: Der verkaufte Patient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Hartwig
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private Hand gewechselt sind? Es soll doch niemand glauben, die Konzerne würden die kommunalen Verlustbringer übernehmen, weil das Mitleid sie treibt. Die Gewinne der Klinikketten werden veröffentlicht. Schauen Sie nach – Sie werden sehen, sie sind satt. Wie geht denn so was? Das Muster ist banal: Solange die Krankenhäuser in kommunaler Trägerschaft sind, haben die Angestellten das Recht auf Honorierung nach den Tarifen des Öffentlichen Dienstes. Klinikketten fühlen sich daran nicht gebunden. Sie vereinbaren einen sogenannten »Haustarif«. Es geht ja auch billiger mit den Krankenschwestern in einem Land, über dem das Damoklesschwert der Arbeitslosigkeit schwebt. Wo kann man noch Kosten für die Aktionäre einsparen? Klar – man muss nur die Verweildauer im Krankenhaus verkürzen (macht man schon – um 44 %!). Die Ärzte draußen,zu denen die zu früh aus dem Krankenhaus entlassenen Menschen kommen, haben dafür den Begriff »blutige Entlassung«. Noch ein Detail am Rand: Im gleichen Zeitraum, in dem sich die Verweildauer rapide verkürzte, erhöhte sich die Anzahl der Patienten im Krankenhaus um 22 %. Klar, warum! Mehr Leute schneller durchschleusen – das lässt die Kassen klingeln! In Summe ergibt sich aus der Kombination von Haustarifen, blutig Raushauen, Fallzahlerhöhung und Personaleinsparungen zwar eine nette Renditesituation für die Konzerne. Für die Mitarbeiter aber in den Kliniken und für uns Patienten bedeutet es die schiere Katastrophe: gestresste, überlastete Pfleger und Ärzte, Pflege im Akkord, Medizin am Fließband. Wehe, du musst ins Krankenhaus! Längst liegen Untersuchungen vor, wonach die Sterblichkeit in Krankenhäusern bei schlechter Pflege um 20 % steigt. Was einmal ein menschliches Krankenhaus war, ist längst eine Krankenfabrik, die mit Gesundheit nicht mehr viel zu schaffen hat, es sei denn, dass sich an dieser Einrichtung Aktiengesellschaften gesundstoßen. Der ganze Vorgang ist nur eine neue Variante der allgemeinen Ausbeutung unseres Pflegepersonals – und im Übrigen ein großangelegter Sozialbetrug an den Patienten, die sich durch ihre bedeutenden Krankenkassenbeiträge das Recht auf eine adäquate, menschliche Betreuung im Krankenhaus bereits erworben haben.
    Kehren wir zu den Hausärzten zurück, denen die privaten Klinikbetreiber im Nacken sitzen. Die Hausärzte, die sich immer für die Könige hielten, haben geschlafen – und als sie aufwachten, entdeckten sie, dass sie nur noch eine marginale Größe im big deal sind – Staubflocken, die ganz von allein in Richtung Staubsaugerfliegen, wenn sie die Bodenhaftung verlieren. Dafür sorgt gerade die Politik. »Der Kostendruck«, heißt es dackelblickig auf der Homepage der Rhönkliniken, »im Krankenhausbereich nimmt zu. Diesem Druck werden unwirtschaftlich arbeitende und strukturell benachteiligte Krankenhäuser künftig immer weniger gewachsen sein. Hinzu kommt, dass das Anspruchsverhalten der Bevölkerung gegenüber dem Staat eine keineswegssinkende Tendenz aufweist. Die Folge ist, dass der Staat seine begrenzten finanziellen Mittel – die zur Bewältigung auch anderer systemimmanenter Aufgabenstellungen etwa im Bildungsbereich, beim Abbau der Arbeitslosigkeit, bei Katastropheneinsätzen etc. dringend benötigt werden – sehr umsichtig zuteilen muss. Aus diesen Gründen wird die Zahl öffentlich-rechtlicher Krankenhausträger, die ihr Klinikum verkaufen wollen, stetig anwachsen.«
    Selbstbewusst, die Freunde von der Aktiengesellschaft – nicht wahr?! Und sie machen auch nicht lange rum. Der suchende Bürgermeister findet in der Menüleiste gleich das rettende Stichwort »Privatisierung«. Aber damit er sich auch ja keine überzogenen Erwartungen macht, wird ihm gleich reiner Wein eingeschenkt: »Dabei stellt sich regelmäßig die Frage nach der Höhe von Kaufpreisen für Krankenhäuser, die in der Akutversorgung stehen. Der Kaufpreis basiert aber weniger auf dem Erwerb des Gebäudes Krankenhaus, d. h. der vorhandenen Substanz, sondern er ergibt sich vielmehr aus der Übernahmechance für das zu versorgende Gebiet und dem daraus abzuleitenden Zukunftserfolgswert.«
    Wieder ein Wort, wie ich es liebe – »Zukunftserfolgswert«! Kombinieren Sie es bitte mit »Integrierte Versorgung« und »Gesundheitskarte«, und wenn Sie ein besonders virtuoser Player sind, nehmen Sie auch noch »MVZ« hinzu. Ich kann Ihnen sagen, was passiert: Das Stadtkrankenhaus geht an die »Rhön«; der Bürgermeister wird wiedergewählt,

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