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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bist du ein reicher Mann. Tawan, beiß die Zähne zusammen! Du mußt das Glück erobern; von allein kommt es nicht zu dir.
    Er drückte auf ein Klingelknopf, wartete und spürte, wie sich seine Kehle verkrampfte. Ein Juckreiz lief über seinen ganzen Körper, und er hatte das Bedürfnis, sich überall zu kratzen. Aber dazu war es jetzt zu spät.
    Eine Schwester in schneeweißer Tracht öffnete ihm und ließ ihn eintreten. Sie schien nicht überrascht zu sein. Ein Mann aus den Slums, der seine Niere verkauft hat. Er war angekündigt worden, und der Geruch der Straße, der Tawan entströmte, erzeugte nicht einmal ein Naserümpfen bei ihr. »Warten!« sagte sie mit einem befehlenden Ton. »Du wirst abgeholt.«
    Tawan nickte. Er sah sich in der großen prunkvollen Halle um und kam sich wie eine Maus in einem Palast vor. Aber auch ein anderer Gedanke kam ihm: Bei so viel Reichtum, was sind da dreißigtausend Rupien für seine gesunde Niere? Hatte er sie zu billig verkauft? Hatte Chandra Kashi ihn betrogen, ihn geblendet mit der plötzlich genannten Summe, die in diesem Augenblick wie ein Goldberg aussah? Wieviel Rupien würde man wohl von dem Empfänger der Niere verlangen? Wer einen solchen Krankenpalast bauen konnte, mußte das Geld mit Schaufeln in die Säcke füllen.
    Es dauerte nur wenige Minuten, da klickte die Lifttür auf.
    Ein Krankenpfleger, auch er in einem weißen, tadellos gebügelten Anzug, kam auf Tawan zu und musterte ihn. »Du bist Tawan Alipur?« fragte er dann.
    »Ja. Kommen noch andere Nieren?«
    »Das geht dich einen Dreck an. Mitkommen!«
    Tawan blieb stehen, als der Pfleger zum Lift zurückging. Ich bin ein armer Mensch, dachte er. Ich habe auf der Straße gelebt, in einem Verschlag, ich habe gehungert und für einen Schandlohn gearbeitet, ich habe in meinem eigenen Schweiß baden können und mag den Gestank der Slums in mich aufgesaugt haben, aber ich bin ein Mensch. Man soll mich nicht behandeln wie eine Ratte.
    Der Pfleger drehte sich am Lift um und sah Tawan böse an. »Was ist?« bellte er. »Willst du getragen werden?«
    »Ich könnte es verlangen. Was würdet ihr jetzt ohne meine Niere machen?«
    »Dich in den Arsch treten und eine andere nehmen. Es gibt genug Spender in Kalkutta.«
    »Aber nicht meine seltene Blutgruppe. Chandra Kashi hat gesagt, ich sei eine Ausnahme.« Tawan reckte sich und setzte ein stolzes Gesicht auf. »Sei höflicher zu mir, sonst –«
    »Was sonst?« Der Krankenpfleger verschluckte sich vor Wut und hustete heftig. Jeden anderen hätte er jetzt mit Fußtritten aus dem Haus gejagt und den Ärzten mitgeteilt, der Spender sei nicht gekommen. Bei Tawan war das anders; er hatte wirklich eine so seltene Blut- und Eiweißgruppe, daß man auf ihn nicht verzichten konnte. Und es war eine ebenso große Seltenheit, daß der Empfänger der Niere, dieser amerikanische Millionär, genau die gleiche Blutzusammensetzung hatte wie dieser aufsässige Tawan Alipur.»Du willst mir drohen?«
    »Nein. Ich verlange nur, wie ein Mensch behandelt zu werden.«
    »Bitte sehr.« Der Pfleger grinste breit und machte eine tiefe Verbeugung. »Mein Herr, darf ich bitten, mir in den Lift zu folgen? Ein warmes Bad steht bereit – wenn Sie erlauben, werde ich Sie abschrubben. Ist es so recht?«
    Tawan schwieg. Der Spott klebte an ihm wie der Lehm am Ufer des Flusses, wenn er die kleinen Frachtkähne entlud, die nicht an den großen Ghats anlegen durften. Er ging an dem Pfleger vorbei und betrat den Lift, aber als die Tür zuschnurrte, war es vorbei mit der gespielten Höflichkeit des Pflegers.
    »Ich will dir mal etwas sagen!« Die Stimme des Pflegers war wie ein Knirschen von Metall auf Metall. Er hielt seine Faust Tawan unter die Nase, und seine Augen funkelten böse und rachsüchtig. »Ich lege dich gleich in die Badewanne, du stinkendes Schwein, und brühe dich ab, daß dir die Haut platzt. Und wehre dich nicht – ich habe noch zwei Kollegen, die auf dich warten. Beschweren kannst du dich, aber in einer Woche bist du wieder auf der Straße. Weißt du, was dich dann erwartet?«
    »Ja. Auch wenn ihr drei seid, ich habe keine Angst vor euch.«
    Der Lift hielt im zweiten Stockwerk. Dort wartete in der großen Diele schon der zweite Pfleger, ein dicker Kerl mit einem gutmütigen Gesicht. Aber das täuschte. Als der erste Pfleger sagte, diese Ratte aus den Slums werde frech, veränderte sich schlagartig die freundliche Miene des zweiten.
    »So, so«, sagte er bloß, griff in Tawans Hemd und zog ihn

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