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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ihm herausschnitt, was man gebrauchen konnte. Ich weiß jetzt, was mein Körper wert ist, dachte er. Ich werde Vinja einmal zu einer reichen Frau machen, später, wenn das Sterben nicht mehr aufzuhalten ist.
    Die Ärzte schrubbten noch immer Hände und Arme. Durch eine Wand aus Glas sah Tawan in den Operationssaal. Der schmale OP-Tisch, neben den jetzt eine Schwester einen kleineren Tisch mit blitzenden Instrumenten schob. Die großen, runden OP-Scheinwerfer, die an einem schwenkbaren Arm von der Decke hingen. An einer Wand Monitore und eine Reihe von Meßinstrumenten und Kontrolluhren. Am Kopf des OP-Tisches das noch verhüllte Narkosegerät, der Apparat, der über sein Weiterleben entscheiden konnte.
    Tawan faltete die Hände über der Brust. Er hatte große Angst, und er schämte sich nicht, sie zu haben. Seine Lippen bewegten sich zuckend, aber sie ließen keinen Laut hinaus. Er sprach nach innen, um diese höllische Angst zu verjagen. »Dreißigtausend Rupien«, sagte er zu sich. »Dreißigtausend Rupien. Dreißigtausend Rupien. Für eine überflüssige Niere. Ich werde nie wieder arm sein.«
    Auch Edward Burten schlief in dieser Nacht nicht. Er saß auf der Terrasse vor seinem Zimmer, blickte in den dunklen Park und über das Rundbecken des Springbrunnens, dessen Fontäne jetzt abgestellt war; nur zwei Scheinwerfer beleuchteten die kunstvollen Mosaiken, mit denen er verkleidet war.
    Es war nicht die Angst, die Burten den Schlaf raubte. Er hatte nichts zu verlieren, nur zu gewinnen. Sein Vertrauen in die chirurgische Kunst von Dr. Banda war grenzenlos, er kannte das Risiko einer Nierentransplantation, das weniger operativer Art als das der Abwehrreaktionen seines eigenen Körpers war. Auch wenn Blut- und Eiweißgruppen des unbekannten Spenders weitgehend mit Burtens Werten übereinstimmten, war es ein Fremdkörper, der ihm eingepflanzt wurde und den sein Immunsystem bekämpfen würde. Damit war zu rechnen. Dr. Banda hatte es ihm deutlich genug erklärt, und das war die einzige Sorge, die Burten nicht schlafen ließ. Nicht die Angst.
    Was wurde aus Lora, wenn die neue Niere versagte? Wenn sie abgestoßen wurde und keine andere Niere der seltenen Blutgruppe zu finden war? Er hatte sich bisher nie Gedanken über Loras Zukunft gemacht, sein Leben mit ihr war ein einziger Glücksrausch gewesen, der solche Überlegungen gar nicht aufkommen ließ. Aber jetzt, an der Schwelle von Leben oder Tod, mußte Loras Zukunft geregelt werden.
    Vor zehn Jahren, als seine Frau noch lebte, hatte er auf Anraten seines Anwalts widerwillig sein Testament gemacht. »Wenn ich schreibe: ›Mein letzter Wille‹, komme ich mir vor, als läge ich schon auf dem Sterbebett«, hatte er damals gesagt.
    »Sie haben viel erreicht im Leben, Ed«, hatte der Anwalt geantwortet. »So ein Lebenswerk läßt man nicht einfach in der Luft hängen. Sie können in zehn Minuten über die Straße gehen, und ein Idiot von Autofahrer nimmt Sie auf den Kühler. Niemand weiß, was sein Schicksal ist.«
    Burten hatte es schließlich eingesehen und ein zehnseitiges Testament geschrieben, in dem er seinen Privatbesitz, seine Firmengruppen und deren Weiterbestand bis ins Kleinste aufführte und regelte, ein Testament, das auch jetzt noch Gültigkeit hatte. Aber auch ein Testament, das Lora von allem ausschloß, denn damals bestimmte sie noch nicht sein Leben.
    Er verließ die Terrasse, ging ins Zimmer zurück, klappte eine lederne Schreibmappe auf, in der Papier mit dem Briefkopf der Klinik lag, und setzte sich an den Tisch. Ein Füllfederhalter aus reinem Gold lag ebenfalls in der Mappe – die Patienten, die hier um ihre Gesundheit bangten, hatten es nicht nötig, goldene Füller zu stehlen.
    Er überlegte kurz, preßte dann die Lippen zusammen und schrieb in seiner steilen Handschrift den ersten Satz: »Mein endgültig letzter Wille.«
    Er unterbrach sich, starrte auf das Papier und las diesen ersten Satz mehrmals durch. Was ihn selbst faszinierte, war das Wort ›endgültig‹, ein Ausdruck, als gäbe es nun kein Zurück mehr, als sei mit diesem Wort sein Leben abgeschlossen. War es eine unbewußte Vorahnung, ein plötzlicher Blick auf das sonst geheimnisvolle Schicksal, das jeder Mensch in sich trägt? Was sonst sollte ›endgültig‹ heißen? Ein Abschluß, nichts weiter. Ganz einfach: das Ende.
    Er atmete tief durch, biß die Zähne zusammen, seine Gesichtsmuskeln wurden hart und drückten sich durch die Haut. Ohne abzusetzen schrieb er dann weiter: »Mein

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