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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mit einem Ruck an sich heran. »Du bist zwar eine seltene Niere, aber dein Kopf ist selten dämlich. Und den brauchen wir nicht, im Gegenteil, er ist zu viel auf dieser Welt. Verstehst du, was ich meine?«
    »Warum seid ihr alle so gemein zu uns armen Menschen?« Tawan schüttelte den Kopf wie ein Hund, der aus dem Wasser steigt. »Was haben wir euch getan? Ist es unsere Schuld, arm geboren zu sein? Tragen wir die Pest mit uns herum? Der eine hat das Glück, in einem goldenen Bett geboren zu werden, der andere wird auf einer Strohmatte ins Leben geworfen. Wer kann es sich aussuchen, wo er geboren wird?«
    »Man sollte euch allen in den Slums die Eier abschneiden!« Der dicke Pfleger lachte rauh und ließ Tawans Hemd los. »Wenn ihr bloß ein Hirn hättet! Aber nein, in jeder freien Minute liegt ihr auf euren Weibern und schießt einen Balg nach dem anderen in die Welt. Habt ihr nichts anderes zu tun als zu vögeln?«
    »Nein, das ist das einzige Vergnügen des armen Mannes.«
    »Ich sag' es ja: kastrieren!« Der dicke Pfleger nickte zu einem nur schwach beleuchteten Flur hin. »Jetzt machen wir erst mal einen Menschen aus dir.«
    Sie nahmen Tawan in die Mitte, gingen bis zum Ende des Flurs und betraten einen hellblau gekachelten Waschraum, dessen Mittelpunkt eine große, breite Wanne war mit Griffen und Sprühdüsen, absenkbarem Boden und umklappbaren Kopfstützen. Tawan hatte noch nie eine solche medizinische Wanne gesehen. Er bestaunte auch die von der Decke hängenden Lederbänder und Schlaufen, eine Hebevorrichtung, mit der man Gelähmte in die Wanne setzen konnte.
    »Ausziehen!« Der dicke Pfleger drehte einige Hähne auf, warmes Wasser sprudelte in die Wanne, schönes, reines, klares Wasser, nicht so schmutzig wie das Wasser im Hugli-Fluß. Welch eine Verschwendung, welch ein Luxus! dachte Tawan, während er sich auszog. In den Slums muß man an den wenigen Pumpen Schlange stehen, überall heißt es, das Wasser sei knapp, und hier läuft so viel Wasser weg, von dem eine Familie fast eine Woche leben könnte, und dieses schöne klare Wasser ist nur zum Baden da. Draußen haben die Armen Durst, und die Reichen liegen hier im kostbaren Wasser.
    Er schämte sich wirklich, als der Pfleger winkte und sagte: »Steig rein! In zehn Minuten kennst du dich nicht wieder.« Er hielt ein großes Stück Seife hoch und grinste wieder anzüglich. »Weißt du, was das ist? Hast du das schon mal gesehen?«
    »Seife.«
    »Er weiß es!« rief der andere Pfleger. »Er kennt es wirklich! Woher?«
    »Ich wasche mich jeden Abend mit Seife im Fluß. Früher haben wir sie selbst hergestellt, aus Hundefett und Rindertalg, jetzt kaufe ich sie. Mein Vater soll ein guter Seifenkocher gewesen sein, so erzählt man. Ich habe ihn nie gekannt.« Tawan stieg in die große Wanne. Das Wasser war etwas zu heiß, aber er sagte nichts, um keinen neuen Streit zu provozieren, und er hielt auch still, als der Pfleger ihn ins Wasser drückte und heiße Wellen aus einem Duschschlauch über ihn goß.
    »Das tut gut, was?« rief der dicke Pfleger und begann, Tawan mit einer harten Bürste abzuschrubben. »Das ist eine Wonne! Das durchblutet die ganze Haut. Wenn du nachher aus der Wanne steigst, bist du zehn Jahre jünger.«
    Das heiße Wasser brannte, die gescheuerte Haut brannte, die Seife brannte – Tawan biß die Zähne zusammen und erduldete alles klaglos und in stummer Ergebung. In ein paar Stunden ist alles vorbei, tröstete er sich. In ein paar Stunden bin ich ein reicher Mann und kein Abfall aus den Slums mehr. In ein paar Stunden bin ich nicht mehr ein stinkendes Schwein, sondern Tawan Alipur, der in ein Kaufhaus geht, auf einen Anzug zeigt und sagt: »Den möchte ich!« Und der Verkäufer wird sich beeilen und um ihn herumspringen, und dann würde der feine Herr Alipur sagen: »Nein. Er ist nichts für mich. Die Qualität ist zu gering.« Und er brauchte keinen Taxifahrer mit dem Messer zum Fahren zu zwingen; er brauchte nur die Hand zu heben, und sofort bremste einer der Wagen. Alles nur, weil ich Geld habe. Bin ich deshalb ein anderer Mensch als jetzt? Vielleicht ja, vielleicht verändert das Geld den Menschen, man wird es sehen.
    Er senkte den Kopf, als der Pfleger seine Haare wusch, sehr heiß ausspülte und ihm dann einen Schlag in den Nacken versetzte. »Raus!« sagte er dabei und warf ein großes Badetuch über ihn. »In einer halben Stunde geht's los! Deine Sachen kannst du hier lassen. Du brauchst sie nicht mehr.«
    »Was heißt das?«

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