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Der verkaufte Tod

Der verkaufte Tod

Titel: Der verkaufte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Wissen Sie, wie einem Mann zumute ist, wenn er nach so langer Zeit wieder eine Frau in den Armen hält? Das prickelt von den Haarspitzen bis zu den Zehenspitzen. Lauter kleine elektrische Schläge.«
    »Das scheinen Ihre einzigen Gedanken zu sein, Sir.«
    »Kann man es mir verübeln? Lora ist eine wunderschöne Frau. Ich habe eine unendliche Sehnsucht nach ihr. Sie ist dreißig Jahre jünger als ich und schenkt einem alten Mann wie mir eine neue Jugend. Solange sie lebt, werde ich nie ein mummelnder Greis sein.« Burten hakte sich bei Myriam unter. »Du wärst auch so ein Jungbrunnen für mich.«
    »Ich könnte mit Ihnen nichts anfangen, Sir. Ich sehe in älteren Männern immer nur meinen Vater.«
    »Das soll's geben. Bist ein braves Mädchen, Myriam.«
    Sie setzten sich auf eine der weißen Bänke und blickten in die Kaskaden des Springbrunnens.
    »Vor meinem Abflug, am Vormittag, werde ich noch Mutter Teresa besuchen. Kennst du sie? Erzähl mir von ihr. Bei uns ist sie fast wie eine Heilige.«
    »Sie ist ein Engel der Elenden. Der letzte, tröstende Blick der Sterbenden. Die Mutter der Ärmsten. Ich bewundere sie.«
    »Auch wenn du keine Christin bist, Myriam?«
    »Ich bin eine Hindu. Unser Land ist voller Gegensätze infolge der Religionen und der Einstufung der Menschen in Kasten. Sie bestimmen das Leben jeden Inders, verhindern jede Einheit des indischen Volkes und werden immer wieder blutige Auseinandersetzungen provozieren. Bei Mutter Teresa ist alles so einfach: Ein Mensch ist ein Mensch, weiter nichts. Und jeder Mensch braucht die Zuneigung seiner Mitmenschen. Das hört sich so einfach an und ist doch ein tiefer Eingriff in die Gewohnheiten der Menschen und ihr egoistisches Leben. Gleichgültigkeit dem anderen gegenüber ist der Tod der helfenden Liebe. Ihr Bibelwort: ›Liebet euren Nächsten‹ ist Mutter Teresas Lebensaufgabe geworden.«
    »Du lieber Himmel!« Burten blieb erstaunt stehen. »Du bist nicht nur ein hübsches Mädchen, sondern auch ein sehr kluges.«
    »Was wollen Sie bei Mutter Teresa?«
    »Ich habe mir gedacht, sie kann eine kleine Spende vertragen. Ihr habt mir hier ein neues Leben gegeben. Dem unbekannten Spender kann ich nicht danken, weil Dr. Banda mir seinen Namen nicht nennen will, aber von ihm kam der Vorschlag, meinen Dank an Mutter Teresa weiterzugeben.« Ein merkwürdiger, ein gespaltener Mensch, dieser Dr. Banda, dachte Burten plötzlich. Verehrt Mutter Teresa und füttert seine Tiger mit Menschenfleisch. Das paßt doch nicht zusammen! Schwester Myriam verstärkte das Rätsel noch mehr, als sie sagte: »Der Chef ist ein guter Freund von Mutter Teresa. Er besucht sie öfter, und er hat schon viel bei ihr operiert, natürlich ohne Honorar, wenn ihm Mutter Teresa aussichtslose Fälle zeigte. Einige Kranke hat er retten können.«
    »Und die anderen, die, welche starben?«
    »Deren Begräbnis hat Dr. Banda übernommen.«
    Burten zog den Kopf zwischen die Schultern. Sie wurden in die Tiefkühlkisten der Gärtnerei gebracht, dachte er schaudernd. Sie wurden in handliche Portionen zerteilt und an die Tiger verfüttert. Der Wohltäter als Menschenschlächter. Es gab nur eine Erklärung dafür: Dr. Banda war ein Irrer! Ein genialer Irrer mit goldenen Chirurgenhänden. Ein Monstrum, von allen geachtet und verehrt.
    Burten atmete tief durch. »Ich freue mich, Myriam, daß ich morgen nach Hause fliegen kann«, sagte er unsicher. »Auch wenn ich mich in diesem Krankenpalast hier wohl gefühlt habe.«
    »Wir werden uns in einem Jahr wiedersehen, Sir. Zur Nachkontrolle.«
    »Das glaube ich kaum, meine Süße.« Burten sagte es mit vollster Überzeugung. Nach Kalkutta kam er nie wieder, das war ihm jetzt bewußt.
    Es würde ihn sogar Überwindung kosten, Dr. Banda zum Abschied die Hand zu drücken, die Hand, die ihm das Leben gerettet hatte. Er wußte, daß ein eiskalter Hauch durch seinen Körper ziehen würde.
    Ein einziges Mal hatte er bisher so etwas erlebt, vor siebzehn Jahren. Da hatte der Besitzer einer Fast-food-Restaurantkette, ein Mr. James Baldwin, sich eine Kugel in die Stirn gejagt, und Burten hatte den Toten im Leichenschauhaus besucht. Auch Baldwins Frau war zugegen gewesen, und sie hatte Burten vor allen Leuten ins Gesicht geschleudert: »Sie sind an seinem Tod schuld! Sie haben ihn auf dem Gewissen! Sie haben ihn in den Konkurs getrieben, um seine Restaurants billig zu übernehmen! Sie sind ein Teufel, ein Teufel, ein maskierter Mörder!« Dann war sie an der Gefrierschublade

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