Der verletzte Mensch (German Edition)
Herzen öffnen und jeden Tag Dankbarkeit für die vielen kleinen Dinge empfinden können. Mihaly Csikszentmihalyi zeigt uns, wie wir in allen unseren Tätigkeiten flow und somit Freude finden können. Bill Strickland beweist uns im Mikrokosmos von Manchester, wie eine bessere Welt im Großen aussehen könnte – und das unter den schwierigsten Bedingungen.
Es gäbe genug zu tun für uns alle – denn die „Schule des Herzens“ liegt vor allem im Tun. Wir könnten zum Beispiel [12]
• einem Kind eine Geschichte vorlesen,
• jemandem einen handgeschriebenen Brief schicken und ihm danken für etwas, das für uns noch heute wichtig ist,
• einen Tag aufs Fernsehen verzichten und uns überraschen lassen, was wir alles mit der gewonnenen Zeit tun könnten.
Das sind alles die sogenannten kleinen Dinge. Und dann gibt es im Leben von uns allen die Augenblicke, wo wir den Wunsch verspüren, etwas Außergewöhnliches zu tun. Aber meistens beschränken wir uns selbst durch unsere Ängste – Angst, zu scheitern, Angst vor Veränderung oder einfach davor, nur kritisiert zu werden und uns zum Narren zu machen. Für mich ist in diesem Zusammenhang sehr interessant, was die beiden Jesuiten Carlo Martini und Georg Sporschill auf die Frage eines Jugendlichen, was denn Jesus als das größte Problem unserer Zeit sehen würde, antworten: „Ich glaube, er würde gerade die wohlsituierten Jugendlichen aufwecken und auf seine Seite bringen, damit sie mit ihm die Welt verändern. Die Welt verändern heißt: Den Menschen ihre Ängste nehmen, Aggressionen eindämmen, die Ungerechtigkeiten zwischen Arm und Reich abschaffen.“ Martini ist Kardinal und war ernsthafter Papstkandidat und Sporschill gilt als Retter vieler Straßenkinder in Rumänien und Moldawien. [13]
Wir haben wahrscheinlich mehr gemeinsam mit den Ghetto-Kids in Pittsburgh, als wir glauben. So wie sie brauchen wir ungemein viel Mut, um unsere Angst zu besiegen. Der wichtigste Grund, warum wir oft genau die Dinge nicht tun, von denen wir wissen, dass sie richtig wären, ist, dass wir uns davor fürchten, dass sie zu lange dauern oder zu viel kosten werden. Das gilt für unsere ganz persönlichen Entscheidungen, wie eine bestimmte Ausbildung ernsthaft durchzuziehen, neben der Arbeit ein Studium aufzunehmen oder endlich die große Reise zu machen, von der wir immer geträumt haben. Und es betrifft natürlich auch die großen gesellschaftlichen Entscheidungen, wie unser Schulsystem so zu erneuern, dass alle Kinder wirklich nach den modernsten Erkenntnissen der Wissenschaft lernen, oder unsere Altenbetreuung so zu verändern, dass die Alten jene Wertschätzung bekommen, die sie verdienen würden. Der Todfeind der „Schule des Herzens“ ist nicht der Hass, sondern die Effizienz. Das heimtückische Gift, das alle großartigen Ideen sofort abtöten will, beginnt immer mit einer Wie-Frage: [14]
Wie sollen wir das tun? Wie lange wird es dauern? Wie viel wird es kosten? Zu den wirklichen Fragen von Bedeutung kommen wir dann
gar nicht mehr. Die „Schule des Herzens“ lehrt uns, die richtigen
Fragen zu stellen: Ist es wert, das zu tun? Würde es wirklich etwas verändern? Würde es das Leben von Menschen verbessern?
Die Macht der Vergebung
Wie wir uns mit uns selbst und der Welt versöhnen können
Vergebung passiert nicht durch Zufall. Sie ist eine Entscheidung, die wir treffen können. Wir können entscheiden, dem, der uns Unrecht, Leid oder noch Schlimmeres angetan hat, nie zu vergeben. Das ist ausschließlich unsere Entscheidung, die wir vor niemandem zu rechtfertigen haben. Wenn wir von jemandem tief verletzt wurden, haben wir das Recht, wilde Wut zu empfinden und zornig zu bleiben. Wenn wir jemand anderem oder uns selbst etwas angetan haben, können wir uns endlos mit Selbstvorwürfen peinigen. Vielleicht wird der Schmerz im Laufe der Zeit geringer werden und fast völlig verschwinden, oder er wird sich in unser Herz einnisten und ständig unsere Gedanken und somit unser Leben beherrschen, selbst wenn die Tat schon Jahre zurückliegt.
Wir alle kennen Menschen, die uns immer wieder die Geschichte ihrer Verletzung erzählen. Am Anfang hören wir ihnen aufmerksam zu, zeigen Mitgefühl und trösten sie. Nach einiger Zeit versuchen wir, ihre Gedanken auf neue Ziele zu lenken und sie auf positivere Gedanken zu bringen. Doch sie wollen nicht, sie können nicht. Wie eine beschädigte alte Platte bleiben sie immer an der gleichen Stelle hängen und wiederholen ihre
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