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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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vergessen solltest du sagen, und du kämest der Wahrheit damit schon nahe. Jedenfalls, nach der Auflösung des Rates schnappte er sich Circendils Buch   …«
    »Unser Buch, mein Lieber. Circendil hat es uns Vahits geschenkt , falls du das vergessen hast   …«
    »Richtig. Aber lass mich fortfahren. Also er schnappt es sich und verschwindet damit im Máhirhaus, während Herr Ludowig uns zu einer Nachbesprechung zusammenrief und du dich zu deinem Landausflug verdrücktest. Na ja, die Zeit verging mit tausenderlei Dingen, wie du dir denken kannst, und Taddarig blieb den Nachmittag über verschwunden. Erst spät am Abend, schon nach dem Essen, hörten wir einen Schrei aus seinem Zimmer, und er kam herausgestürmt mit wirren Haaren und einem Brief in der Hand.«
    »Sag es nicht   – es war ein verloren gegangener Brief?«
    Mellow winkte ab. »Ganz und gar nicht. Es war ein Brief, den er von Hilbort Stelzfuß erhalten hat, dem Witamáhir der Bücherey von Sturzbach, und das schon vor Jahren   – und den er schlicht vergessen hatte. Hierin fragte Herr Hilbort an, ob in Mechellinde vielleicht der Begriff ›Hennië‹ bekannt sei; als Titel eines Buches möglicherweise oder in einem sonstigen Zusammenhang. Damals musste Herr Taddarig dies verneinen, und er schrieb bedauernd, aber abschlägig zurück und vergaß die Sache prompt. Aber du kennst ihn ja: Niemals wirft er etwas fort, am allerwenigsten einen Amtsbrief; und so rührte der Name lorc’hen n ië cromairénaë an etwas in seiner Erinnerung. Er grübelte und suchte und kramte in seinen abgelegten Briefen, und dann tat er seinen Schrei. Sogleich stand er vor uns und strahlte uns über den Brief hinweg an. Da stand es: Habe ein Werk in einem alten Fasse entdeckt   … alt und beschädigt, noch vor der großen Wanderung   … kaum entzifferbar, nur ein ›Hennië’ ‹ kann ich auf dem Einband lesen   … weiß nicht, was es bedeutet   … und so weiter, und so fort. Na, du kannst dir vielleicht die Aufregung vorstellen! Es gibt wirklich eine Abschrift, und sie wird hier bei uns in Sturzbach verwahrt. Und wenn wir nur etwas Glück haben, dann sind jene Stellen erhalten geblieben, die uns den Aufenthaltsort der Gluda verraten. Na, was sagst du jetzt?« Mellow strahlte ihn an, als sei er selbst der Entdecker der guten Nachricht.
    »Das ist immerhin etwas«, antwortete Finn, nicht ganz so begeistert. »Aber damit haben wir die Gluda selbst noch nicht gefunden, oder? Nennt es eine Ahnung oder meinetwegen unverbesserliche Trübsalblaserei. Was ich meine, ist: Zu wissen, wo sie sich befindet, ist erst ein Anfang, und ein verschwindend geringer noch dazu. Außerdem trübt mir dieses kaum entzifferbar ein wenig die Freude. Wie denkst du darüber, Circendil?«
    Der Mönch hatte Mellows Erzählung schweigend zugehört und machte nun eine abwägende Bewegung. »Ich fürchte, du hast leider allzu Recht. Wenn wir die Gluda nur schon hätten, dann würde ich sagen, ja, wir sind einen ersten großen Schritt vorangekommen. Dann bräuchten wir nur noch einen Dwarg zu finden, der die Kunst der Hinwendung beherrscht und der willens ist, sie der Gluda einzuhauchen. Nur noch, sage ich, wohl wissend, dass dies der schwierigste Teil werden kann. Aber lasst uns nicht verzagen! Immerhin! Wir haben eine Spur gefunden. Und das ist mehr, als ich noch vor zwei Tagen zu hoffen wagte. Und wir werden ihr folgen, soweit wir es vermögen. Doch seht. Dort sind Kamine und Rauch zu erkennen. Was ist’s? Ein Gehöft? Oder schon Halberweg?«
    Es war Halberweg, wie sich zeigte.
    Noch war es nicht ganz Mittag, und sie fanden das Brada voller Aufregung vor. Ein Trupp Vahits machte sich am Dorfbrunnen zur Abreise nach Mechellinde bereit, was etlichen anderen, zumeist älteren, überhaupt nicht gefiel.
    Denn auf zwei Weiden hinter dem Dorf waren in der vergangenen Nacht und in der Nacht davor etliche Schafe gerissen worden. Es ging die Rede von einem Raubtier um, das sich dort draußen des Nächtens seine Beute holte. Das Tier zu vertreiben oder gar zur Strecke zu bringen, sei jetzt die dringlichste Pflicht aller jagdfähigen Vahits, murrten die Älteren, während die Jüngeren der Aufforderung des Vahogathmáhirs Folge leisten wollten.
    Jemand wollte tags zuvor einen oder auch zwei Adler gesehen haben; aber die Raubvögel hatten noch niemals zuvor das Vieh der Vahits gerissen, und so glaubten manche eher an einen einsam und frei im Hüggelland herumstreunenden Wolf. Natürlich war auch das

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