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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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auf den nassen Blättern in die Mulde hinunter; drüben kletterte er auf allen Vieren wie ein Wiesel wieder hinaus.
    Als Finn aus dem Wald trat, blickte er entlang des mit Büschen bedeckten Saums auf die tiefer liegenden Marschwiesen zu seiner Rechten. Die karstige Anhöhe begrenzte seinen Blick zur Linken. Ihr zerklüfteter oberer Rand glich einem Band von schrundigen Zinnen; er lag mit seinen Gras- und Kieferflecken schon im ersten rotgoldenen Sonnenschein. Ihr grünes Schimmern bildetedie einzigen Farbtupfer in einem sonst grau-braun gesprenkelten Bild. Die vereinzelt stehenden Felsen indes, die ihm in der Nacht wie abgebrochene Zähne vorgekommen waren, ragten wie vergessene Inseln in einem Meer aus wattigem Nebel auf; die Mürmel darunter war nicht einmal mehr zu ahnen.
    Er kam an weiteren morschen Erlen und krüppeligen Kiefern vorbei. Welches war diejenige, die auf ihrer winzigen Insel aus Riedgras stand und an deren Stamm sie Glimfáin gelehnt hatten?
    Etliche innerhalb eines runden Durchmessers waren rußgeschwärzt, nicht wenige verbrannt. Was ihm vorhin noch als leicht erschienen war, gestaltete sich dennoch jetzt im dichteren Nebel als Schwierigkeit   – wie sollte er die Stelle wiederfinden, an der der Dwarg gestanden und seine Axt in die Dunkelheit geschleudert hatte?
    Er drehte sich mehrfach im Kreis und wusste doch nicht mehr, als dass er sich in etwa im richtigen Abstand zur karstigen Anhöhe hielt. In etwa! Aber was bedeutete das schon? War er bereits an der Stelle vorübergegangen, ohne es zu bemerken, oder noch gar nicht bis dahin gekommen? Am Ende beschloss er weiterzugehen, langsam und gebückt und jeden Flecken sorgsam betrachtend. Aber je weiter er kam, desto stärker wurde der Verdacht, er könne unmittelbar an der Axt vorbeigegangen sein, ohne sie im Nebel auch nur zu erahnen.
    Noch näher hinüber zur Mürmel!, befahl er sich. Und mach deine Augen auf! Ich habe bisher weder Glimfáins Kisten noch anderes von seiner verstreuten Ladung gefunden. Und erst recht nichts von der notgelandeten Windbarke. Also bin ich falsch! So gingen seine Gedanken, bis er förmlich zusammenzuckte. »Ich bin ein Esel von einem Vahit!«, schalt er sich im selben Augenblick.
    Natürlich! Der rückseitige Teil der Galim würde sich von den ringsum stehenden Krüppelkiefern abheben wie ein von Wind und Wetter freigelegter Stein. Wo hatte er nur seine Gedanken gehabt! Und jetzt, wo er nach anderen Dingen Ausschau hielt alsnach verbrannten, knorpeligen Ästen, sah er ein gutes Stück weit entfernt einen verwaschenen Fleck, der in dem milchigen Grau verharrte wie einer der vom Karst gebrochenen Felsen. Vorsichtig ging er näher, und erst, als er ein oder zwei Klafter vor dem schrägen Rumpf der Barke stand, fand er sich plötzlich wieder zurecht. Da war die Kiste, auf der Glimfáin gesessen und ihnen von seinem Kampf mit Guan Lu erzählt hatte. Da war auch die verbrannte Kiefer mit ihrem schiefen Stamm und dem inselartigen Wurzelhügel. Da waren auch die gebogenen Äste, die Finn in den Untergrund gerammt und über die er den Mantels des Dwargs gelegt hatte.
    Ein nasser, die Nase reizender Brandgeruch stieg von dem Boden auf, während er sich abermals drehte und sich zu vergegenwärtigen suchte, wo sie sich im Moment des Angriffs befunden hatten. Er bückte sich, strich mit der Hand über umgeknickte Gräser und fand Fußspuren. Aber es waren nur die seichten Abdrücke von Vahitfüßen, und sie verrieten ihm nichts, was er nicht schon wusste. Dann stieß er dreißig Klafter weiter auf die Vertiefung, die Glimfáins schwerer Körper in den Matsch gedrückt hatte. Dort war der Dwarg zusammengesunken und hatte mit seinem Singsang der Gilwe befohlen, die rettenden Wasser zu rufen.
    Noch immer stand eine Pfütze in der Mulde.
    Finn kniete sich daneben und stellte sich eine Linie vor, die von der Stelle fort bis zu Glimfáins Sitzplatz führte; und er folgte ihr gebeugt, denn irgendwo entlang dieser Linie musste der Punkt liegen, an dem der Dwarg gegen den unsichtbaren Feind gekämpft und von dem aus er die Axt geworfen hatte. Tatsächlich fand er unweit dieser Strecke einen Fleck vollkommen verbrannter Erde, der von den stämmigen Dwargenbeinen zerwühlt worden war. Hier hatten Glimfáins Beine in Flammen gestanden   … da ließ ihn ein Krächzen herumfahren.
    Schnell wie ein Eichhorn duckte er sich und suchte Schutz hinter einem Baumstumpf. Der Criarg!, dachte er entsetzt.
    Über seiner Suche hatte er den Ledir

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