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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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ist, und ich sag, ja gleich, gewiss, sag ich, gleich bin ich da. Und wie ich mich umdrehe, mit der Post unter dem Arm, da ist es dann geschehen, und es tut mir ja auch leid.«
    Der Redeschwall des Gesellen hatte begonnen, sein Gesicht zu röten. Die Ohren unter der Gesellenmütze erglühten in dunklem Rot. Wieder holte Abbado ganz tief Luft, und mit einem Tuch wischte er sich die Stirn.
    »Abbado, bitte. Was ist geschehen, und was tut dir leid?«
    »Also, da war ich, da war dieser Stuhl, auf dem du immer sitzt, und da war die Post unter meinem Arm. Ich verheddere mich und alles fliegt mir aus der Hand, während ich selbst zu Boden stürze. Da ruft Furgo schon wieder, noch ungeduldiger diesmal, richtiggehend ärgerlich. Na, ich rappele mich auf, klaube die ganzen Briefe zusammen, bloß auf den Tisch von Herrn Finn damit, denke ich, und ab bin ich durch die Tür, hinüber zu Herrn Furgo.«
    »Du willst damit also sagen   …« Finn starrte Abbado an und vermochte den Gedanken kaum zu Ende zu denken.
    »Es fiel mir erst später wieder ein, zu spät für für dich, ich weiß, und das ist es, was mir noch mehr leid tut, die ganze Ungerechtigkeit mit dir und Herrn Furgo. Aber ich glaube, es könnte sein und wäre nicht gänzlich auszuschließen, dass mir bei diesem meinem Sturz der Brief des Herrn Banavred weiter entglitten ist, als er sollte. Bis unter deinen Tisch, um es auf den Punkt zu bringen.«
    Abbado rückte ein Stück zur Seite, als fürchte er, Finn würde sich mit einem Knall in Meister Furgo verwandeln und ihm das Fell über die Ohren ziehen.
    Umso verdutzter schaute er drein, als Finn zu lachen begann, erst leise, dann immer heftiger, bis ihm die Tränen über die Wangen liefen. Unbeholfen rang Abbado die Hände, während er darauf wartete, dass Finn wieder zu Atem   – und zu Sinnen   – kam.
    »Du sagst mir demnach, mich trifft gar keine Schuld?« Finn wischte sich ungläubig die Tränen fort. »Du hast den Brief verschlampt? Nicht ich?«
    Abbado nickte beklommen. »Wirst du es Herrn Furgo verraten?«
    Finn schüttelte den Kopf. »Nein, obwohl du es verdient hättest. Papa würde mir diese Geschichte sowieso nicht glauben. Aber dein schlechtes Gewissen geschieht dir recht. Also deswegen hast du dir Sorgen gemacht?«
    »Ja. Nein. Nicht nur deswegen   – am Ende noch mehr wegen Herrn Winneg, wie ich vorhin schon sagte.«
    »Richtig   – Herr Winneg. Ich habe immer noch nicht verstanden, was er von dir wollte.«
    Abbado rieb seinen Daumen über die Handfläche, als wolle er Flecken von ihr entfernen, die nur er sehen konnte.
    »Also, sein Anliegen lag sozusagen auf Herrn Winnegs Hand. Er kam persönlich aus Mechellinde herüber, was schon mal ungewöhnlich war, und ehe er mit Dantram sprach, nahm er mich beiseite.
    Was ist denn? , frage ich verblüfft, und ganz ehrlich, ich nahm an, er habe eine Beschwerde wegen irgendwas. Du hättest sein Gesicht sehen sollen. Stets zu Diensten! , füge ich noch hinzu, man kann ja nie wissen, denke ich. Aber er hatte keine Beschwerde.
    Ich habe etwas gefunden, sagt er stattdessen.
    Was denn?, frage ich. Und wo?
    Auf der Straße zwischen Mittort und Vierstraß, sagt er. Ich war in Geschäften in Wasserfels, und kurz vor Vierstraß lag das da mitten auf dem Weg; im Sand, als hätte es jemand verloren . Und er zeigt mir, was er gefunden hat, Herr Finn. Ich erkannte es gleich wieder, trotz des   … Na, du kannst es ja selber sehen. Hier.«
    Er griff in seine Tasche und holte eine Tassel hervor, die Finns eigener völlig glich. Nur mit einem anderen Gesicht auf der einen Fibel   – dem seiner Mutter.
    »Natürlich«, sagte Abbado, »sah auch Herr Winneg das Mühlensiegel und wusste gleich Bescheid   – dass die Tassel hierher gehört, meine ich. Er kannte deine Mutter vom Sehen her, nehme ich an.
    Ich bin ein ehrlicher Vahit , sagt er, und drückt sie mir in die Hand. ›Mit besten Wünschen für Frau Amafilia. Es geht ihr doch gut?‹
    Ich nehme es an , sage ich und denk mir noch nichts dabei. ›Sie ist nicht da.‹
    Das , sagt er, ist unter Umständen nicht so gut.
    N icht so gut? , frage ich. Wieso?
    Deshalb , erwidert er und stößt mich mit der Nase drauf. Das da meine ich.
    Den Dreck daran? Sie war ziemlich unsauber, die Tassel, Herr Finn, aber wenn sie auf der Straße herumlag, ist’s ja auch kein Wunder, also denk ich mir nichts dabei.
    Das ist kein Dreck , sagt er. Das ist Blut, Abbado.
    Blut? , sag ich entgeistert, und ich hätt’s fast laut

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