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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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der du schwebtest; und weitaus schlimmer noch: Sie war unnötig und wäre vermeidbar gewesen. Nenn mich einen vindländischen Esel, wenn du willst! Ich hoffe nur, du kannst einem Fremden wie mir verzeihen!«
    »Da gibt es nichts zu verzeihen. Habe ich etwa an den Criarg gedacht? Oder sonst jemand? Nein. Wenn es eine Schuld gibt, so trifft sie uns alle   – wir waren alle nicht bei der Sache. Und das ist ja auch kein Wunder. Schau, der Mond geht unter. Es ist spät geworden; wir haben’s zwei Stunden vor Mitternacht, schätze ich. Was gäbe ich jetzt für ein Bett mit weichen Federn. Gleich wird’s zappenduster.«
    Finn hatte Recht. Kaum war der Mond versunken, umfing sie das reine Dunkel der Nacht wie ein plötzlich herabgefallenes Tuch, ehe ihre Augen sich an das matte Licht der Sterne gewöhnt hatten und sie wieder etwas sehen konnten. Sie beratschlagten, was zu tun sei   – oder richtiger, was sie noch tun konnten. Um die drei toten Vahits zu begraben, dazu fehlte ihnen die Zeit. Außerdem war es fraglich, ob die Gidrogs nicht gerade währenddessen zurückkämen.
    »Dann reiten wir endlich weiter«, verlangte Bholobhorg. »Vielleicht können wir die Räuschelfurter einholen.«
    »Einholen?« Mellow lachte müde auf. »Vielleicht verrätst du uns vorher   …« Mellow ließ den Satz absichtlich in der Luft hängen, ehe er fortfuhr: »in welche Richtung sie geflohen sind?«
    Vielleicht bin ich ja nur ein schlechter Vahitkenner, dachte Finn, der Bhobho beobachtet hatte. Aber entweder ist unser Tanninger ein ausgemachter Einfaltspinsel, der wirklich nur seinen Auftrag für Herrn Gesslo erfüllt, oder er ist in der Lage, sich weitaus glaubhafter zu verstellen als jeder andere, den ich kenne. Bhobho hatte Mellow nur fragend angesehen und mit keiner Miene zu verstehen gegeben, ob er die doppelte Bedeutung in dessen Bemerkung verstanden hatte. Er hat nicht einmal mit den Wimpern gezuckt, dachte Finn. Verdächtigen wir ihn womöglich zu Unrecht?
    »Na, ich meine, sie sind bestimmt die Straße runter, nach Süden. Oder nicht?«
    »Das wäre kein sehr gutes Versteck, Herr Bholobhorg.« Circendil hob die Schultern und ließ sie ergeben fallen wie einer, der beschlossen hatte, den Dingen einstweilen ihren Lauf zu lassen. »Genau das aber benötigten sie. Also sind sie, so sie fliehen konnten, über die Felder hinaus in die Wildnis gerannt. Nur ein sehr glücklicher Umstand würde uns mit ihnen zusammenführen. Zumal anzunehmen ist, dass sich die Geflohenen inzwischen irgendwo in unzugänglichen, felsigen Spalten verbergen. Ihnen mit unseren Ponys in finsterer Nacht in die zerklüftete Heide zu folgen, wäre töricht, und davon hatten wir an diesem Abend genug. Ich bin nicht bereit, ein derart unberechenbares Wagnis einzugehen. Die Tiere könnten sich auf Schritt und Tritt die Beine brechen. Und wir uns unsere Hälse. Nein, wir werden sie nicht suchen.«
    »Wenn ihr mich fragt«, sagte Mellow, »wäre es wahrscheinlich richtiger, nach Mechellinde umzukehren, um von dort Hilfe herbeizuholen. Eine Schar bewaffneter Vahits, die den Broch unddie Furt verteidigen können. Aber es wäre zugleich auch falsch. Es würde uns um viele Stunden und Meilen zurückwerfen. Und noch sind weder Gwaethirin ausgebildet worden noch überhaupt Freiwillige eingetroffen. Wir wären einem solchen Trupp auf jeden Fall begegnet, meine ich, es sei denn, sie gingen heimlich über Land und schwammen irgendwo flussaufwärts durch die Räuschel. Nur einige wenige werden daher abkömmlich sein, vielleicht eine Handvoll. So viel also zu einer Schar. Andererseits müssen Sahaso und Kampo eiligst von dem neuen Überfall unterrichtet werden. Wenn wir die Furt verlieren, können wir Saisárasar auch gleich die Schlüssel zur Hel aushändigen. Dann war es das. Aus und vorbei. Dann heißt’s: Gute Nacht, lieb’ Hüggelland!   – Das bedeutet, wir müssen uns aufteilen. Wenigstens einer von uns muss zurück, um Bericht zu erstatten. Und genau genommen dürften die anderen Räuschelfurt nicht mehr verlassen, ehe nicht Hilfe da ist. Der Furtlerbroch muss bewacht werden. Sonst ist die Furt dennoch verloren.«
    »Du sagst es ja selbst   – wer soll den Broch halten, Mellow?« Circendil schüttelte den Kopf. »Auch mit fünfzig oder mehr Vahits wäre nicht viel gewonnen, sobald Saisárasar alle seine Reiter in die Waagschale wirft. In drei, vier Tagen   – vielleicht. Wenn alle Bögen haben und Köcher voller Pfeile und sie damit umgehen können. Aber bis

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