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Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Der verlorene Brief: Roman (German Edition)

Titel: Der verlorene Brief: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert M. Talmar
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wiederfinden.«
    »Aber was ist, wenn noch weitere Feinde kommen? Hast du nicht selbst gesagt, das könne jederzeit geschehen? Wir müssen los und ihn suchen.«
    »Das werden wir. Aber gemach, eile mit Weile. Wirst du gehen können?«
    Finn vermochte es, wenn auch langsam.
    Sie gingen zunächst zum Ufer. Der tote Criarg lag auf dem Rücken im schwappenden Wasser; Maúrgin steckte bis zum Heft in seiner Brust. Mellow übernahm den unangenehmen Teil. Er watete in den Fluss, setzte einen Fuß auf den mächtigen Kadaver, zog die Klinge heraus, wusch sie sauber und reichte sie dem bibbernden Finn. Anschließend wickelten sie Finn in Mellows Mantel und wrangen mit vereinten Kräften seine Sachen aus. Endlich machten sie sich an den Aufstieg hinauf zum Furtlerbroch. Als sie beim schwankenden Wirtshausschild ankamen, erwartete sie darunter Bhobho mit vier übermüdet dreinblickenden Ponys   – es war ihm gelungen, die Tiere einzufangen oder einzusammeln, wie er es nannte. Er grinste, schlug seinen Mantel zurück und überraschte sie damit alle: Er hielt einen aufgeregt zappelnden und schwanzwedelnden Inku auf dem Arm.
    Wortlos streckte Bhobho Finn den Otu Atruma entgegen.
    »Dafür schulde ich dir was, Herr Bholobhorg«, sagte Finn, unendlich erleichtert.
    Inkus helles Bellen bekräftigte es.
    Es erwies sich als gar nicht so einfach, mit Inku im Arm zu reiten. Der ehemalige Vorhang, den Finn für die Trage zerrissen hatte, war feucht und klamm und in diesem Zustand nicht zu verwenden. Finn wand stattdessen die mitgenommene Decke um den Welpen. Leise redete er auf ihn ein. Inkus halb neugieriges, halb verängstigtes Zittern legte sich; es hatte eingesetzt, kaum dass Finn im Sattel saß.
    Dies war vermutlich Inkus erster Ritt. Der Otu Atruma erschnupperte zudem Finns nasse Kleider, an denen noch die eklige Witterung des Criarg haften mochte. Immerhin ließ der Welpe sich von dem herübergebeugten Mellow kraulen und steckte den Kopf mit der stupsigen Schnauze aus seiner Decke hervor. Finns Hand aber leckte er, und immer wieder suchte er mit dankbarem Augen den Blick seines neuen Herrn.
    Die anderen Räuschelfurter Häuser hatten die drei leer vorgefunden; offen, erzählten sie, aber verlassen; und sie hatten zu ihrer Erleichterung keine Anzeichen weiterer Kämpfe entdeckt. Vor allem aber waren sie nicht auf das gestoßen, was sie nach Circendils Fund im oberen Stockwerk des Brochs halb und halb erwartet hatten: auf Leichname weiterer erschlagener Vahits.
    »Wer konnte, ist geflohen«, murmelte Circendil, als sie nun durch das aufgegebene Brada ritten. »Das ist gut. Oder wenigstens besser als nichts.«
    Sie blickten im Vorbeireiten vergeblich hinter Mauer, Busch und Strauch. Auf einen weiteren Gidrog oder Criarg trafen sie nicht; doch sie wussten nicht, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war.
    Sie querten mehrfach die Straße und ritten zu beiden Seiten ein Stück entlang der Obstgartenhecken ins Land hinein. Auch hier stießen sie weder auf Freund noch auf Feind. Wohin die Dörfler geflohen waren, blieb ungewiss.
    »Es tut mir leid, Finn«, sagte Circendil, als sie am südlichen Ende von Räuschelfurt hielten. »Ich hätte es besser wissen sollen. Mellow hat völlig Recht, wenn er meint, ein paar frische Mönche täten uns gut. Der hiesige lässt in der Tat etwas nach   – ich hoffe, du kannst mir verzeihen.«
    »Wovon sprichst du?«
    »Ich meine den Criarg. Bei Aman! Sein Angriff ist allein meine Schuld.«
    »Wie das?«
    »Blitz und Donner! Ich hätte aufmerksamer sein müssen. Alswir den toten Gidrogwächter fanden, war es nur folgerichtig zu fragen, wo wohl sein Reittier sei. Es konnte nur in der Nähe sein! Jeder Novize meines Ordens hätte daran gedacht. Als hätte Aman mich mit Blindheit geschlagen! Ich hätte dich zumindest warnen müssen. Oder dich erst gar nicht allein lassen dürfen. Ich hätte meinen Verstand gebrauchen sollen, ja, das ist es. Stattdessen hing ich meinen Gedanken nach und war nicht bei der Sache. Das aber ist ein unverzeihlicher Fehler, den wir uns im Kampf gegen das Übel dieser Tage niemals leisten dürfen. Lass dir dies als Warnung dienen, Finn. Solche Fehler enden zumeist tödlich. Vor Torheit warnte ich gestern den lieben langen Tag, und ach!, töricht handelte ich heute selber. Wie leicht wurde mein Herz, als ich das Leben in dich zurückkehren sah, und um wie viel schwerer wog zuvor meine Furcht, als ich dich wie tot aus dem Flussbett zog. Denn wahrlich groß war die Gefahr, in

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