Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
leicht, so als hätte man meinen Kopf als Klöppel benutzt. »Joffre Viladomat?« stammelte ich. Das war doch der Name, der zu Hause auf meinem Computerbildschirm erschienen war, als Señora Torrent mich angerufen hatte.
    Nun hielten auch die anderen inne und sahen mich an, und mit besonderer Befriedigung tat es die Doctora, die sich ein grausam triumphierendes Lächeln nicht verkneifen konnte.
    »Joffre Viladomat. Für seine Freunde seit den Universitätsjahren auch Jovi.«
    »Ist Ihr Mann Programmierer?« fragte Jabba erstaunt.
    »Nein, mein Mann ist Volkswirt und Anwalt. Er besitzt eine Handelsgesellschaft auf den Philippinen. Sie vermittelt zwischen den Exportwirtschaftszonen Südostasiens und spanischen Firmen.«
    »Ich glaube nicht, daß ich das verstanden habe«, brummte Marc.
    »Joffre kauft Artikel, die in Südostasien hergestellt werden, und verkauft sie an interessierte Firmen. Man könnte sagen, er ist eine Art Zwischenhändler, der den spanischen Firmen den Erwerb von Waren erleichtert, die mit niedrigen Produktionskosten hergestellt wurden. Sein Büro ist in Manila, von dort aus kauft und verkauft er so unterschiedliche Artikel wie Jeans, Haushaltsgeräte, Fußbälle oder Computerprogramme. Vor Jahren habe ich ihn mal gebeten, mir Anwendungen zu besorgen, mit denen ich Aymara-Texte übersetzen und meinen Laptop mit einem Paßwort sichern konnte. Joffre beauftragte eine philippinische Softwarefirma, und nach ein paar Monaten schickte er mir JoviKey und JoviLoom, die nach meinen Anweisungen und auf meine Datenbanken zugeschnitten worden waren.«
    »Sie wollen also sagen, daß Ihr Mann«, stotterte Proxi, vor Wut ganz rot im Gesicht, »Erzeugnisse kauft, die in der Dritten Welt von Sklavenarbeitern unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt wurden. Und daß er sie an bekannte spanische Markenfirmen weiterverkauft, die auf diese Weise Kosten für eine Fabrik vor Ort sowie Steuern und die Sozialversicherungsbeiträge für unsere spanischen Arbeiter sparen?«
    Marta lächelte halb ironisch und halb zerknirscht. »Wie ich sehe, sind Sie mit den Facetten der globalen Wirtschaft vertraut. Nun ja, genau das macht Joffre. Und natürlich ist er nicht der einzige.«
    Ihrem Gesicht und ihrer Stimme hätte ich entnehmen können, daß sich hinter ihren Worten irgendeine komplizierte persönliche Geschichte verbarg - aber in diesem Augenblick hatte ich keinerlei Sinn für Feinheiten. Ich fühlte mich vernichtet. Besiegt. Nichts außer der grauenvollen, alptraumhaften Entdeckung zählte, daß mein Bruder diese Computerprogramme gestohlen hatte - und, wer weiß, vielleicht auch die Unterlagen, die wir in seinem Büro gefunden hatten, wie es die Doctora stets behauptet hatte. Ich wiederhole, daß in diesem Augenblick nichts zu mir durchdrang, ich hatte dichtgemacht. Ich konnte einfach nicht glauben, daß Daniel etwas derartiges getan haben sollte. Mein Bruder war nicht so, er war kein Dieb, er war keiner, der sich einfach etwas nahm, das jemand anderem gehörte. Außerdem hatte er es gar nicht nötig. Warum sollte er sich heimlich fremdes Forschungsmaterial, zum Beispiel das seiner Chefin, aneignen wollen, wo er doch selbst eine phantastische Karriere vor sich hatte und in ein paar Jahren aus eigener Kraft noch viel mehr würde erreichen können? Fragen über Fragen . Warum nur hatte er diese verfluchten Programme klauen müssen? Ich konnte nicht mehr umhin, an ihm und seiner Aufrichtigkeit zu zweifeln. Und das ausgerechnet jetzt, wo er selbst krank und verteidigungsunfähig in einem Krankenhausbett lag. Verflucht noch mal, Daniel! Ich hätte dir doch viel bessere Anwendungen als diesen stümperhaften Jovi-Mist besorgen können! Du brauchtest ein Übersetzungsprogramm für Aymara? Ich hätte Himmel und Erde bewegt, um dir eins zu beschaffen!
    »Arnau.«
    Ich habe es so oft wiederholt, Daniel! Sag mir einfach, was du brauchst. Aber du sagtest immer, nein, nein, du brauchtest nichts. Okay, aber wenn du was brauchst, dann sag es mir. Ja, ja, ich sag’s dir schon. Du hast dich immer gegen meine Hilfe gesträubt. Immer hast du dieses typische Gesicht aufgesetzt, dieses schweigende Stirnrunzeln. Aber warum mußtest du diese beiden Programme stehlen? Dein Bruder ist Programmierer und hat eine Computerfirma, verdammt. Und Dutzende von Programmierern, die für ihn arbeiten! Mußtest du dir die Hände schmutzig machen? Mußtest du ausgerechnet die Software deiner Chefin klauen? Dieser Marta Torrent, die du immer so

Weitere Kostenlose Bücher