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Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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über mich selbst und meine Begriffsstutzigkeit lachen. Martas Nummer gesperrt .? Wieso gesperrt?
    »Was ist bloß los mit mir!« sagte ich laut. »Ich bin völlig neben der Spur!«
    Es war mir wieder eingefallen. Ich hatte an jenem fernen Sonntag abend, als Marta anrief, um ihre Unterlagen über Taipikala und die Aymara zurückzufordern, das System angewiesen, alle Anrufe von dieser Nummer, von anderen Nummern desselben Teilnehmers und selbst die aus dem Fachbereich der Uni abzuweisen.
    »Entsperren!«
    Fast im selben Moment hörte ich Martas Stimme. »Ja?«
    »Ich bin’s, Marta. Arnau.«
    »Hallo, Arnau, was gibt’s? Müssen wir schon zu Daniel?«
    »Nein, nein ...« Ich lachte. »Hättest du Lust, heute abend mit mir essen zu gehen? Ich würde gerne über ein paar Dinge mit dir reden.«
    Überraschte Stille am andern Ende der Leitung.
    »Sicher, warum nicht?« antwortete sie endlich.
    »Ist dir das zu früh?« Ich zog mein Uhrenarmband ums Handgelenk stramm. »Wäre dir morgen oder übermorgen lieber?«
    »Nein, überhaupt nicht. Von mir aus gern.«
    »Wann soll ich dich abholen?«
    Diese Unterhaltung war unglaublich. Nie zuvor hatte ich mich derart dreist einem anderen Menschen zu nähern versucht. In vergleichbaren Situationen hatte ich mich immer gefühlt, als müßte ich mich mit einem Wesen von einem anderen Stern verständigen. Was ich daher gar nicht erst versucht und mich prompt nie jemandem angeschlossen hatte. Aber mit Marta war es anders. Wir waren über zwei Monate Tag und Nacht zusammengewesen, und diese Einladung zum Essen sprudelte nur so aus mir heraus.
    »Komm vorbei, wann du willst«, sagte sie. »Eigentlich mache ich gerade nichts. Eben habe ich mich aufs Sofa gesetzt und wollte mir die erste Zigarette seit zwei Monaten anzünden.«
    »Laß es doch einfach. Was hast du davon?«
    »Ich rauche gern und habe nicht vor, mir diese kleine Freude verderben zu lassen. Halt mir keine Predigt, okay?«
    »Okay. Dann kann ich gleich kommen?«
    »Natürlich. Du solltest schon hier sein.«
    Das gefiel mir. Und es gefiel mir auch, wieder in mein Auto zu steigen und das Lenkrad fest in den Händen zu halten. Es war kurz nach halb sieben, und obwohl ich fast vierundzwanzig Stunden in Flugzeuge eingesperrt gewesen war und den Atlantik überquert hatte, fühlte ich mich wie der König der Welt. Meine Mutter hatte mir natürlich wortreich vorgeworfen, daß ich »mit einer Freundin« ausging, ohne zuvor bei meinem Bruder und meinem Neffen gewesen zu sein. Ich hatte es großzügig überhört und war wie der Blitz im Aufzug verschwunden. Falls der »Trost« der Capacas funktionierte, wäre ich die ganze Mischpoke zum Glück schneller los, als sie sich das vorstellen konnte. Wie sagte der Volksmund so schön: Ich würde wieder der »Herr im Haus« sein. Meinen Bruder würde ich schon zur rechten Zeit besuchen, und für meinen Neffen hatte ich eben erst die kleine Puppe aus dem Koffer geholt, die ich auf dem Hexenmarkt für ihn gekauft hatte. Er würde sie nach Lust und Laune kaputtmachen können, sobald ich ihn wiedersah.
    Ich hatte Glück und fand einen Parkplatz in einer Seitengasse nah bei Martas Haus, einer alten, vom Ruß der Abgase geschwärzten Villa mit zwei Stockwerken, Mansarde und einem kleinen Garten.
    Marta öffnete mir die Tür. »Hier gibt’s weder Mikrofone noch Sensoren noch Kameras«, warnte sie mich spöttisch, kaum daß ich über die Schwelle getreten war. »Ich sage das nur für den Fall, daß du dich nicht wohl fühlst. Wenn du schreist, ist also kein Computer da, der dir antwortet. Sorry.«
    Das Haus war riesig, mit Parkettböden, hohen Decken und alten Möbeln. Überall, selbst in der Diele, standen Bücher auf großen Holzregalen, die jeden Flecken Wand bedeckten. Ich hatte nichts anderes erwartet: Das Haus paßte zu Marta wie Marta zu dem Haus.
    »Du hast noch nicht mal eine Konsole? Du weißt schon, eine Playstation? Oder wenigstens einen Gameboy?« fragte ich, während ich ihr ins Wohnzimmer folgte. Durch die hohen Fenster konnte man in den Garten sehen.
    »Doch, damit kann ich dienen.« Sie lächelte und ließ sich aufs Sofa fallen. Die Umgebung war fremd, aber Marta war dieselbe Marta wie in Bolivien - oder kam mir zumindest so vor. Nur daß sie jetzt keine Wintersachen trug, sondern ein schlichtes Trägerkleid. »Die Schlafzimmer meiner Söhne sind oben. Da könntest du fündig werden, falls du eine brauchst. Tu dir keinen Zwang an.«
    Ich setzte mich in einen Sessel ihr gegenüber,

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