Der verlorene Ursprung
Hardware-Komponenten auf dem Boden hockten. Ich hatte ganz vergessen, daß sie einen Hausschlüssel hatten.
»Ach, hallo Root!« begrüßte mich Jabba und strich sich mit dem Unterarm rote Strähnen aus dem Gesicht.
Mir entfuhr ein ziemlich grobes Schimpfwort. Vor mich hin fluchend bahnte ich mir den Weg ins Büro und trat mir einen kleinen, scharfen USB-Hub in den Fuß, worauf der Strom meiner Verwünschungen weiter anschwoll. »Könnt ihr mal damit aufhören!« war der erste kohärente Satz, der mir über die Lippen kam. »Meine Großmutter schläft!«
Proxi, die sich von meinen Kraftausdrücken nicht weiter hatte aus der Ruhe bringen lassen, hob den Kopf, blickte mich entsetzt an und ließ von dem ab, was auch immer sie da gerade getan hatte. »Jabba, Auszeit!« rief sie und richtete sich auf.
»Das wußten wir nicht, Root, ernsthaft. Wir hatten wirklich keine Ahnung.«
»Kommt mit in die Küche. Während ich frühstücke, erzählt ihr mir, was zum Teufel ihr da gerade treibt.«
Zahm folgten sie mir den Gang entlang und betraten zerknirscht vor mir die Küche. Ich schloß leise die Tür, damit wir sprechen konnten, ohne jemanden zu stören.
»Also los!« sagte ich säuerlich und trat an das Regal, in dem die Glasbehälter und die Gewürze untergebracht waren. »Ich erwarte eine Erklärung.«
»Wir sind hier, weil wir dir helfen . «, fing Proxi an, aber Jabba unterbrach sie.
»Wir wissen, wo dein großköpfiger Zwerg herkommt.«
Ich drehte mich auf dem Absatz um, das Vorratsglas mit Tee in der Hand. Sie hatten sich einander gegenüber an den Küchentisch gesetzt. Eine Frage meinerseits erübrigte sich wohl: Das Fragezeichen mußte mir ins Gesicht geschrieben stehen.
»Wir wissen fast alles«, plusterte sich mein angeblicher Freund selbstzufrieden auf.
»Stimmt!« bekräftigte Proxi in derselben Haltung. »Aber warum sollten wir’s dir verraten? Du hast uns ja noch nicht mal von dem Kaffee angeboten, den du dir gerade machen willst.«
Ich seufzte. »Das ist Tee, Proxi«, informierte ich sie und goß eine exakt abgemessene Menge Mineralwasser in die winzige Glaskanne. Das Teetrinken war mir von meiner Mutter aufgenötigt worden, als wir in England wohnten. Am Anfang fand ich es widerlich, aber mit der Zeit hatte ich mich daran gewöhnt.
»Oh, dann lieber nicht!«
Ich wartete, bis die Bläschen aufstiegen, um sicherzugehen, daß die Wassermenge stimmte, und als ich merkte, daß ein bißchen fehlte, goß ich noch einen dünnen Wasserfaden aus der Flasche in die Kanne.
»Ich mach dir einen Kaffee«, sagte Jabba und ging zu der italienischen Espressomaschine, die er im Regal entdeckt hatte.
»Ich kann auch einen gebrauchen. Weißt du -«, erklärte er mir, »wir sind sofort nach dem Mittagessen hergekommen.«
»Bedien dich«, murmelte ich, stellte das Kännchen in die Mikrowelle und gab am Touchscreen die Zeit ein. Jabba goß Leitungswasser in die Espressomaschine. Er war koffeinsüchtig, aber gerade deshalb fehlten ihm sämtliche Geschmacksnerven.
»Und wer rückt jetzt endlich mit den Neuigkeiten raus?« bohrte ich.
»Ich erzähl’s dir, immer mit der Ruhe«, erwiderte Proxi.
»Wo ist der Kaffee?«
»Im Vorratsglas, gleich neben dem Teeglas. Gefunden?«
»Dein >Eierkopf<«, fuhr meine Lieblingssöldnerin aus der Sicherheitsabteilung fort, »ist eines der Figürchen auf der Karte, die du uns gestern nacht gemailt hast, Root.«
»Sag lieber heute morgen«, warf ich ein, unbeeindruckt von der Information, die ich gerade erhalten hatte.
»Auch gut, dann heute morgen ...«, gestand sie mir zu, während der Mann ihres Lebens körbeweise jamaikanischen Kaffee in das Kaffeesieb kippte und mit Inbrunst zusammenpreßte, bevor er das Sieb wieder in die Maschine schraubte. Ich biß mir auf die Zunge und sagte mir, daß es wohl besser sei, nicht weiter hinzusehen, wenn ich mich nicht mit diesem Tier anlegen wollte.
Und da fiel bei mir der Groschen. »Das bärtige Männlein ist auf der Karte mit den arabischen Schriftzeichen ...?« entfuhr es mir. Ich war vollkommen perplex.
»Es steht direkt auf der Andenkordillere!« präzisierte Jabba und lachte auf. »Mit den Füßen auf den Gipfeln, und zwar genau da, wo Tiahuanaco liegen müßte!«
»Allerdings ist es wirklich sehr klein, kaum zu sehen. Du mußt schon ganz genau hingucken.«
»Oder wie wir eine riesige Lupe nehmen.«
»Deshalb hat Daniel es vergrößert!« Ein paar Sekunden lang war ich sprachlos, dann stürzte ich aus der Küche, obwohl die
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