Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verlorene Ursprung

Der verlorene Ursprung

Titel: Der verlorene Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
Mikrowelle piepte, und lief ins Büro auf der Suche nach der Mappe, in der ich die verdammte Karte nach dem Einscannen verstaut hatte. Ich sprang über die herumliegenden Teile, ergriff hastig die Karte und faltete sie auf. Richtig, dieser kleine Klecks war das Männchen mit dem Wasserkopf, ganz bestimmt, allerdings war es schwer zu erkennen.
    »Mehr Licht!« rief ich wie Goethe auf dem Totenbett, und sofort wurde die Bürobeleuchtung vom System entsprechend reguliert. Da stand er, der verflixte Humpty Dumpty mit seinem schwarzen Bart, seiner Colla-Mütze und seinen Froschschenkeln! Er war so winzig, daß man ihn kaum identifizieren konnte, und so zog ich Daniels Vergrößerung aus der Mappe und musterte ihn, als wäre es das erste Mal. Was für eine Überraschung! Ich hatte ihn die ganze Zeit vor meiner Nase gehabt!
    »Bring die Karte mit in die Küche«, bat Proxi, die in der Tür aufgetaucht war.
    Jabba starrte weiter auf die Espressomaschine, als müßte er das Wasser mit seinem feurigen Blick erhitzen. »Hast du das Männchen gefunden?« fragte er, sobald sich die Tür hinter uns schloß.
    »Es ist einfach unglaublich!« rief ich aus und wedelte mit dem Blatt wie mit einem Palmfächer.
    »Ja, nicht wahr?« stimmte Proxi mir auf dem Weg zur Mikrowelle zu. Sie trug geblümte Leggings und darüber ein dickes, offenes Holzfällerhemd, unter dem ein weißes Trägerhemdchen und die Perlen mehrerer Ketten hervorblitzten.
    »Nun setz dich erst mal! Ich mach dir schon deinen ekligen Tee.«
    Ich war ihr aus ganzem Herzen dankbar. Obwohl Proxi Tee widerlich fand, kriegte sie ihn immer erstklassig hin.
    »Okay«, nahm mein Freund Jabba Anlauf. »Und jetzt sperr die Ohren auf und hör genau zu, was wir dir zu erzählen haben. Wenn das mit dem Aymara schon heftig war, dann ist das hier jetzt der Hammer.«
    »Und genau deshalb haben wir beschlossen, dir zu helfen.«
    »Ja, paß auf, diese Geschichte ist einfach zuviel für dich allein. Haufenweise Sachen, haufenweise Bücher und Dokumente ... Proxi und ich haben beschlossen, daß für diese Angelegenheit mindestens drei Köpfe gebraucht werden. Wenn du also damit einverstanden bist, nehmen wir uns jetzt eine Woche Urlaub von Ker-Central, kommen her und helfen dir.«
    »Brauchen wir soviel Zeit?« warf ich ein. »Außerdem darf ich dich daran erinnern, daß es hier im Haus bereits vor Leuten wimmelt.«
    »Warum arbeiten wir eigentlich für diesen Typen, Proxi?« brummte Jabba beleidigt.
    »Weil die Kohle stimmt.«
    »Da hast du recht«, Jabba klappte bedauernd den Deckel der italienischen Kaffeemaschine hoch, um zu prüfen, ob das Wasser endlich kochte.
    »Und weil er uns sympathisch ist«, fügte Proxi hinzu, während sie den Rest heißen Wassers in die Porzellankanne goß.
    »Weil er auf dieselben Dinge steht wie wir, weil er genauso verrückt ist wie du und weil wir uns schon seit . wie vielen Jahren kennen? Zehn? Zwanzig?«
    »Wir zwei schon ewig«, stellte ich richtig, auch wenn das nicht wirklich stimmte. »Du bist doch erst vor drei Jahren dazugestoßen, als ich Ker-Central aufgebaut habe.«
    »Richtig . wenn man es genau nimmt. Mir kommt es jedenfalls wie eine Ewigkeit vor.«
    Jabba hatte ich im Netz kennengelernt. Obwohl wir nicht sehr weit voneinander entfernt wohnten (er stammte aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Girona), hatten wir jahrelang zusammen programmiert und gehackt, ohne uns je persönlich begegnet zu sein. Einige Schandtaten gingen auf unser Konto, aber wir hielten dicht, anders als diese billigen kleinen Hacker, die mit ihren popeligen Triumphen hausieren gehen und dabei vergessen, wie schnell man sich die Finger verbrennt. Wir waren beide komische Typen, Eigenbrötler, die den Kontakt zu Wesen aus Fleisch und Blut eher scheuten - vielleicht aus Schüchternheit oder, wer weiß, weil wir der Leidenschaft für Informatik und Computer erlegen waren und uns deshalb anders fühlten als der Rest der Menschheit. Ich erfuhr Jabbas richtigen Namen erst, als ich ihm 1993 einen Job bei Inter-Ker anbot. Dabei wäre es keine Lüge gewesen, hätte ich damals behauptet, der große, massige und rothaarige Jugendliche, der die Kneipe betrat, in der wir uns zum ersten Mal trafen, sei der beste Freund, den ich je gehabt hatte. Und zweifellos war es ihm genauso ergangen, obwohl wir uns bis dahin noch nie gegenübergestanden hatten. Wir wechselten nur wenige Worte.
    Ich erzählte ihm von meiner Firmenidee, und er sagte zu, daß er für mich arbeiten würde, solange er

Weitere Kostenlose Bücher