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Der verlorne Sohn

Der verlorne Sohn

Titel: Der verlorne Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Zufall oder vielmehr Ihre ungemeine Ähnlichkeit mit Kleopatra eröffnet Ihnen eine Zukunft, deren Perspective sich in diesem Augenblicke gar nicht messen und absehen läßt.«
    »Sie haben recht, ich sehe das ein. Ich wäre eine große Thörin, wenn ich die Hand, welche Sie mir bieten, von mir stoßen wollte.«
    »Sie willigen also ein?«
    »Ja, gewiß!«
    »Das freut mich, obgleich ich Ihnen bemerken muß, daß man keine Früchte ohne Mühe pflückt. Dieses Sprüchwort bewahrheitet sich auch in dem gegenwärtigen Falle.«
    »Sie sprechen von Mühe, von Anstrengung? Ich unterziehe mich jeder derselben.«
    »Machen Sie sich auf besondere Anstrengungen gefaßt.«
    »Welche sind es?«
    »Zuvörderst strengste Verschwiegenheit.«
    »Was sonst noch? Ich bin zu Allem bereit.«
    »Ich hoffe das und will Ihnen die weiteren Schwierigkeiten, welche ich meine, bezeichnen. Zunächst werden Sie einsehen, daß Ihr Umgang mit meiner Bevollmächtigerin wenigstens in der ersten Zeit kein öffentlicher sein kann.«
    »Das gebe ich unumwunden zu.«
    »Die Zusammenkünfte müssen also heimlich geschehen.«
    »Ich stimme bei.«
    »Sodann hat eine Dame von so außerordentlicher Distinction viel andere Anschauungen als ein gewöhnlicheres Wesen.«
    »Davon bin ich vollständig überzeugt.«
    »Es wird unbedingte Hingabe in ihre Wünsche verlangt.«
    »Versteht sich ganz von selbst.«
    »Auch wenn diese Wünsche zuweilen besser Launen genannt werden sollten?«
    »Ja. Eine solche Dame, zumal sie Künstlerin ist, ist ja innerlich ganz anders als andere Sterbliche.«
    »Dieses Wort enthält eine Wahrheit, deren Befolgung Ihnen großen Segen bringen kann. Also, im Großen und Allgemeinen sind wir wohl einig, und dürfen wir den besten Erfolg erwarten.«
    Er reichte ihr die Hand. Sie schlug ein, als ob sie eine Obsthändlerin sei, die einen Äpfelhandel abzuschließen hat. Er nickte ihr befriedigt zu und meinte dann: »Wann dürften da wohl die Sitzungen beginnen?«
    »Sobald es gewünscht wird.«
    »Wenn ich nun sagte, heute Abend?«
    »Ich bin bereit.«
    »Schön! Doch eine sehr nothwendige Bemerkung: Wenn die betreffende Dame äußerst verschwiegen sein muß, so versteht es sich von selbst, daß auch Sie in demselben Grade Discretion üben.«
    »Natürlich.«
    »Auch Ihrem Herrn Gemahl gegenüber!«
    »Auch er soll nichts wissen?«
    »Er gar nichts! Er ist Chef der Claque! Verstehen Sie mich vollkommen, gnädige Frau!«
    »Wohl! Auch er soll nichts erfahren.«
    »Wird das möglich sein?«
    »Gewiß! Unser Familienleben ist kein so inniges, daß er Alles wissen muß.«
    »Aber wenn er Ihre Abwesenheit bemerkt?«
    »So werde ich eine genügende Erklärung finden.«
    »Auch für heute?«
    »Ja. Grad heute ist er sehr beschäftigt und hat mir bereits gestern mitgetheilt, daß er selbst nach der Vorstellung noch nicht im Besitze seiner Zeit sei. Ich stehe also zur Verfügung, und bitte, die Zeit zu bestimmen, wie es Ihnen, oder vielmehr der Dame beliebt.«
    »Die Prinz – – die betreffende Dame kann Sie natürlich nicht in ihren Gemächern empfangen.«
    »Ich sehe das ein.«
    »Sie muß vielmehr, um Sie treffen zu können, ihre Wohnung verlassen.«
    »Ist bereits ein Ort bestimmt?«
    »Ja. Man hat im Bellevue ein Zimmer belegt.«
    »Ah! In einem öffentlichen Hause!«
    »Grad da ist man am Sichersten.«
    »Mag sein. Ich verstehe das nicht und verlasse mich auf Sie.«
    »Das können Sie getrost, da man mir auch von der anderen Seite her das beste Vertrauen schenkt.«
    »Aber man wird uns dort erkennen.«
    »Nein. Sie werden Halbmaske tragen.«
    »Hm! Ist das nicht erst recht auffällig?«
    »Nein. Der Wirth ist in’s Vertrauen gezogen und von der Minute Ihrer Ankunft unterrichtet. Er sorgt dafür, daß Ihnen beim Eintritte kein Mensch begegnet.«
    »Gut! Also bitte, die Zeit!«
    »Sie sehen ein, daß die Dame sich zu früher Stunde nicht entfernen kann?«
    »Gewiß.«
    »Sie muß warten, bis die Corridore und Treppen passirbar sind, und das ist erst gegen zwölf Uhr der Fall.«
    »Allerdings sehr spät!«
    »Es geht nicht anders. Ueberdies handelt es sich ja nur um die ersten Male; später wird sich ein bequemeres Arrangement treffen lassen. Vielleicht läßt meine hohe Auftraggeberin sich bereit finden, Sie hier in Ihrer Wohnung aufzusuchen.«
    »Das wäre allerdings das Beste; das würde herrlich sein.«
    »Und bequemer auch für mich. Für heute habe ich Auftrag, Sie halb zwölf Uhr abzuholen. Halten Sie sich bereit Ich werde im

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