Der verlorne Sohn
laut sprechen? Zeigen Sie!«
Der Fürst trat in die Zelle. Der Schließer lag auf der Seite. Befour drehte ihn herum.
»Herrgott!« rief er aus.
»Mein Himmel!« rief der Assessor zugleich mit ihm.
Sie sahen das fürchterliche Loch in seiner Stirn.
»Ermordet!« kreischte der Wachtmeister auf, indem er die Hände zusammen schlug.
»Schrecklich!« stieß der Assessor hervor.
Der Fürst kniete am Lager nieder, zog das Tuch hervor, wickelte den Hammer heraus und hielt denselben an die Wunde.
»Hier sehen Sie!« sagte er. »Mit diesem Hammer ist’s geschehen. Er paßt ganz genau.«
»Also doch?«
Und der Wachtmeister trat näher und fragte:
»Wem gehört der Hammer? Von wem haben Sie ihn?«
»Von einem Gefangenen, den man Ihnen gleich bringen wird. Wo ist der andere Schließer?«
»In seiner Privatstube, wo er schläft. Soll ich ihn wecken?«
»Ja. Dauert dieses lang?«
»Nein. Hier ist die Klingel. Wenn ich ziehe, ist er in zwei Minuten da.«
»Wecken Sie! Wo lag der Hauptmann?«
»Nummer Acht, Seitenflügel rechts. Ein Piket hält vor seiner Thür.«
»Vielleicht auch ermordet. Wo heben Sie Ihre Schlüssel zu den Handschellen auf?«
»Hier,« antwortete der Wachtmeister, nach der Wand deutend, fügte aber erschrocken hinzu: »Himmel, sie sind nicht mehr da! Sie sind fort!«
»Führen Sie uns nach dem Seitenflügel!«
Sie schritten den Gang hinab. Bereits als sie die Thür erreichten, vernahmen sie hinter derselben ein lautes Wimmern und Ächzen.
»Ja, da ist etwas geschehen,« sagte der Assessor. »Schnell, öffnen Sie, Wachtmeister!«
Dieser Letztere zitterte vor Aufregung so, daß er kaum den Schlüssel anzustecken vermochte. Als die Thür geöffnet war, bot sich ihnen ein schauderhafter Anblick. In einer Blutlache lag der Soldat, zu schwach, sich zu erheben, aber doch, wie sich bald zeigte, bei leidlichem Bewußtsein.
Der Fürst kniete zu ihm nieder und fand die Wunde am Hinterkopfe.
»Hören Sie mich?« fragte er.
»Ja,« erklang es matt.
»Sehen Sie mich?«
»Nebel.«
»Wer hat Sie geschlagen?«
»Schließer.«
»Sie irren sich!«
»Nein. Blanke Knöpfe!«
»Wie war es ihm möglich?«
»Rief mich hier her. Gefangener fliehen. Gab mir Hieb.«
Die übrigen Fragen konnte er vor Mattigkeit nicht beantworten. In diesem Augenblicke stellte sich der andere Schließer ein, welcher fürchterlich erschrak, als er den Verwundeten erblickte.
»Ihr College ist ermordet und dieser Mann verwundet worden,« sagte der Fürst. »Eilen Sie zum Gerichtsarzte und zum Staatsanwalt. Beide sollen sofort kommen. Der Hauptmann ist entflohen.«
Der Mann stürzte fort. Die Beiden aber gingen mit dem Wachtmeister nach Zelle Nummer acht, welche sie nun freilich leer fanden. Die Ketten hingen an der Wand; die Handschellen waren geöffnet.
»Also ganz so, wie ich dachte,« sagte der Fürst. »Eilen Sie hinab zu Ihrer Frau, Herr Wachtmeister. Lassen Sie sich Essig, Wasser und Leinen geben. Wir werden den Verwundeten verbinden.«
Er gehorchte. Sie befanden sich noch beim Verbande, als es draußen läutete. Der Wachtmeister ging, um zu öffnen. Man brachte Bormann. Obgleich an Händen und Füßen gefesselt, hatte er sich doch so gewehrt, daß es die größte Anstrengung gekostet hatte, ihn in die Droschke zu bringen. Er wurde einstweilen unten festgehalten, bis der Arzt und der Staatsanwalt erschienen waren. Der Erstere untersuchte den Verwundeten, verbesserte die Bandage und erklärte, daß es vielleicht möglich sei, ihn herzustellen. Zu dem Schließer geführt, sagte er nach kurzer Untersuchung, daß er nur den Tod desselben constatiren könne. Dieser sei jedenfalls unmittelbar gleich nach dem Hiebe eingetreten. Uebrigens sei der Hammer ohne allen Zweifel diejenige Waffe, mit welcher beide Streiche ausgeführt worden seien.
Jetzt wurde Bormann gebracht und an das Lager des Todten geführt.
»Sind Sie das gewesen?« fragte der Staatsanwalt, welchem mittlerweile Alles mitgetheilt worden war.
»Nein.«
»Sie haben sich aber in diesem Hause befunden?«
»Nein.«
»Leugnen Sie nicht!«
»Glauben Sie, daß ich verrückt bin? Ich bin Flüchtling und soll mich in ein Gefängniß schleichen!«
»Von wem haben Sie den Hauptschlüssel?«
»Gefunden.«
»Den Hammer?«
»Gefunden.«
»Die kleinen Schlüssel?«
»Auch gefunden.«
»Wo?«
»Auf der Gasse.«
»Auf welcher?«
»Ich weiß nicht, wie sie heißt.«
»Aber Sie können sie finden?«
»Nein. Ich bin hier nicht so bekannt.«
»Seit wann
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