Der Vermesser (German Edition)
Hut und sah dabei Tom an, der argwöhnisch die Stirn runzelte.
»Nein«, sagte Tom entschieden. »Ohne Geld keinen Hund. So hab ich es mein Leben lang gehalten, und ich hab nicht die Absicht, das jetzt zu ändern. Wenn ich meine hundert Guineen hab, kriegen Sie die Hündin. Keinen Tag früher.«
»Tom, Tom, jetzt hör mir mal zu«, mischte sich Brassey ein. »Der Captain ist schließlich nicht einer dieser Rüpel, mit denen du sonst zu tun hast. Er ist ein Gentleman, mit der Ehre eines Gentlemans. Hab ich Recht, Sir?«
»Aber natürlich.«
Tom straffte die Schultern, und seine Miene verdüsterte sich. »Wenn ich mein Geld hab, kriegen Sie den Hund.«
»Tom«, sagte der Captain schmeichlerisch. »Mr. Brassey hat Recht. Ein Gentleman bricht niemals sein Wort. Dennoch bin ich zuversichtlich, Tom, dass wir uns einig werden. Es ist schließlich nicht das erste Mal, dass wir geschäftlich miteinander zu tun haben. Mein Freund war wirklich dankbar dafür, dass du seine … seine Hinterlassenschaft, wollen wir es so nennen, beseitigt hast. Und daher wäre mein Freund ausgesprochen ungehalten mit mir, wenn ich dir auch nur den geringsten Anlass zur Unzufriedenheit geben würde. Du besitzt intime Kenntnis sehr persönlicher Angelegenheiten, die er geheim zu halten wünscht. Wenn ich dich betrügen würde, Tom, so würde ich in noch viel größerem Maße einen Mann betrügen, den ich mein Lebtag kenne.«
Der Captain sah Tom forschend ins Gesicht.
»Du bist misstrauisch«, fuhr er fort. »Das verstehe ich. Es wäre unbillig von mir zu erwarten, dass ein Mann wie du in geschäftlichen Angelegenheiten wie ein Gentleman handelt.« Er betastete die Taschen seines Mantels und holte ein zusammengefaltetes Blatt Papier heraus. »Daher habe ich ein Dokument vorbereitet, das die Zahlung regelt, aufgesetzt und unterzeichnet von einem Anwalt. Damit ist es eine Sache mit Brief und Siegel. Es ist ganz einfach. Ich unterschreibe hier, und du, Tom« – er zeigte auf das Blatt –, »du unterschreibst da. Mr. Brassey wird unsere Unterschriften bezeugen.«
Brassey nickte heftig und wackelte mit dem Kopf wie eine geölte Kugel im Lager.
»Es ist nichts weniger als eine schriftliche Verpflichtung, dass ich dir die volle Summe zahle«, versicherte der Captain. »Einhundert Guineen, wie hier aufgeführt. Und wenn du das Geld nicht bekommst, kannst du natürlich den Hund zurückfordern. Das ist in dem Vertrag ganz klar geregelt. Hier, siehst du?«
Tom beäugte misstrauisch das Dokument, das ihm der Captain hinhielt. Oben auf der Seite befanden sich kunstvoll verschnörkelte Buchstaben, ein Stempel und ein Siegel, beide mit demselben Aufdruck. Der Text war in zwei Absätze gegliedert und in dicker schwarzer Tinte geschrieben. Tom wurde nicht schlau daraus. »Ich halte nichts von diesem Papierkram«, murmelte er.
»Na, das muss sich aber schleunigst ändern, jetzt, wo du ein gemachter Mann bist«, sagte der Captain, und die Gaslampe beschien seine scharfkantigen Zähne. »Wenn man Geld hat, ist das Gesetz nicht mehr Widersacher, sondern Freund. Hab ich Recht, Mr. Brassey?«
Brassey nickte und drehte den Kopf zwischen den Schultern hin und her. Ein Grinsen überzog sein Gesicht. »In der Tat, Sir«, pflichtete er ihm beflissen bei. »In der Tat.«
»Mr. Brassey kennt sicherlich Dokumente dieser Art. Aber vielleicht möchtest du zuerst selbst einen Blick darauf werfen, Tom?«
Tom starrte auf das Blatt, dessen schwarze Buchstaben wie Ameisen über die cremefarbene Oberfläche krochen. Vierzig Guineen! Vierzig Guineen waren an sich schon ein kleines Vermögen, und an dem Schriftstück, das übersät war mit Stempeln, Wachs, Unterschriften und was sonst noch allem, konnte er nichts Verdächtiges finden. Aber es juckte ihn im Nacken; er drückte Lady fest an sich. Ihr Körper wärmte ihm die Brust. »Ich will mein Geld«, wiederholte er stur. »Und zwar alles.«
»Ah«, seufzte der Captain. »Natürlich.« Er wog den Beutel mit dem Geld in der Hand. »Selbstverständlich bleibt es dir überlassen, ob du meine Bedingungen annimmst oder nicht. Entweder du akzeptierst einhundert Guineen, zahlbar binnen drei Wochen, oder … nun ja, sagen wir mal, ich würde es mir sehr genau überlegen, ob ich nicht mit jemand anderem einen vorteilhafteren Handel abschließen könnte.« Er wog den Beutel ein letztes Mal in der Hand und tat, als wollte er ihn wieder einstecken. »Es überrascht mich, dass du bereit bist, dir eine so große Summe entgehen
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