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Der Vermesser

Der Vermesser

Titel: Der Vermesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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Ab-
    wesenheit wiederkommen. Hastig kritzelte er Ladys Namen auf
    einen schmutzigen Fetzen Papier und nickte in Richtung einer
    leeren Bank.
    »Sie ist gut«, sagte Tom leise.
    »Tatsächlich?«, meinte Brassey gleichgültig. Sein Blick war auf
    die Tür gerichtet. »Also, bring sie rauf, wenn es so weit ist. Wenn̕s
    genug Zuschauer gibt, kann sie von mir aus in den Ring.«
    »Ist der rosa Köter dort nicht die Hündin von dem alten Jere-
    miah?«, fragte ein Mann und zeigte mit dem Finger auf Lady, als
    sich der Schankraum langsam füllte. Mit seinem schmuddeligen
    hohen Kragen und dem zerschlissenen Gehrock wirkte er wie
    ein miesepetriger Pfaffe, der schon einmal bessere Zeiten erlebt
    hatte. Sein Gesicht war blau gemasert wie ein Stilton-Käse.
    Sein Kumpel, ein Straßenhändler, der nach verdorbenem
    Fleisch stank, schüttelte den Kopf, während er Ladys Pfoten
    drückte.
    »Nicht möglich. Jerry ist vor mehr als drei Monaten hopsge-
    gangen. Jedenfalls hatte sein Hund nicht ein Fitzelchen Fleisch
    auf den Knochen. Der hier sieht zwar komisch aus, aber ich sag
    dir, der hat ordentlich Saft in den Schenkeln ...«
    Dabei warf der Straßenhändler einen verstohlenen Blick über
    die Schulter und senkte die Stimme zu einem Flüstern.
    Ein wenig später eilte Brassey zur Tür hinüber. Der Captain
    war eingetroffen. Wieder wurde er von seinem schmalgesichti-
    gen Freund begleitet, der an diesem Abend noch dürrer und fah-
    ler aussah als zuvor, fand Tom.
    »Hoffentlich hast du heute ein paar richtige Mörderhunde
    hier, Jem. Ein bisschen frisches Blut.« Der Captain grinste und

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    zeigte abei
    d
    seine Zähne. »Ich möchte nicht noch einmal ent-
    täuscht werden.«
    »Aber Captain, wieso denn enttäuscht? Bei den fantastischen
    Hunden, die wir diesmal für Sie haben?«, säuselte Brassey und
    drehte den halslosen Kopf hin und her. »Ganz bestimmt nicht.«
    Er grinste wie eine Kröte übers ganze Gesicht. Als er jedoch
    herumwirbelte, um seinen Gehilfen beim Kragen zu packen, er-
    starb dieses Grinsen urplötzlich, als hätte man Salz darauf ge-
    streut. Wenn der Raum oben nicht in zwei Minuten offen sei,
    zischte er dem Jungen ins Ohr, könne er was erleben.
    Mit trippelnden Schritten geleitete Brassey den Captain zu
    seiner Loge. Doch der wollte sich nicht setzen. Stattdessen klet-
    terte er in die Manege, angefeuert von seinem Begleiter, der
    spitze Schreie ausstieß und sich wie eine Dame kurz vor einem
    Ohnmachtsanfall ein Taschentuch vor den Mund hielt. Der Cap-
    tain schob Brasseys Gehilfen beiseite und begann, die Ratten
    nacheinander am Schwanz aus dem Käfig zu ziehen. Der Omni-
    busfahrer warnte ihn, sich vorzusehen, dass er nicht gebissen
    werde, aber der Captain schenkte ihm keine Beachtung. Als eine
    Ratte sein Bein hochklettern
    l
    wol te, packte er sie und schleu-
    derte sie durch die Luft.
    »Weg mit dir, du Drecksvieh«, knurrte er wütend und ver-
    setzte der Ratte noch in der Luft einen Fußtritt, so dass sie
    quer durch den Ring flog und mit einem dumpfen Knall an der
    gegenüberliegenden Wand aufprallte. Die Zuschauer johlten
    vor Begeisterung. Daraufhin verneigte sich der Captain, trat
    noch nach zwei weiteren Ratten, die an seinem Hosenauf-
    schlag schnüffelten, stieg aus dem Ring und schnippte mit den
    Fingern.
    »Also los!«, donnerte er mit gerötetem Gesicht und lehnte
    sich so weit über die Bretterwand, dass die Gaslampen seine
    dunklen Augen aufblitzen ließen. »Fangen wir an!«

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    Der erste Hund bot nicht gerade eine Glanznummer, ebenso
    wenig wie der zweite. Wütend rief der Captain zwei verlässliche
    Hundebesitzer zu sich und verlangte, dass sie ihre Tiere antre-
    ten ließen. Zögerlich schüttelten die beiden den Kopf und mein-
    ten, ihre Hunde seien zurzeit nicht ganz auf der Höhe und solch
    großen Ratten noch nicht gewachsen. Die Miene des Captain
    verfinsterte sich. Er griff sich den Spazierstock seines Freundes
    und hieb mit dem silbernen Knauf auf die ziellos umherhu-
    schenden Ratten ein. Nicht lange, und er traf eine am Schädel,
    worauf

    das Tier durch

    den Ring taumelte und schließlich zu-
    sammenbrach.
    »Herr im Himmel! Wenn selbst ich das kann ...«, zischte er
    seinem Freund zu, der kichernd die Blutspritzer auf seinem
    Gehstock begutachtete. Dabei streckte er die Zungenspitze zwi-
    schen den Zähnen heraus, als wollte er das Blut ablecken.
    Besorgt schickte Brassey einen weiteren Hund in den Ring.
    Dieser verzog die Schnauze zu einer bösartigen

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