Der Vermesser
gemuster-
ten Halsbinde herum. »Ein richtiger Siegerhund, nicht wahr? Ist
bestimmt ̕nen Batzen Geld wert?«
Tom antwortete nicht. Stattdessen setzte er Lady auf dem Bo-
den ab. Er war wackelig auf den Beinen und fühlte sich unend-
lich müde und zittrig, als er sich aufrichtete. Der Straßenhändler
versetzte seinem Hund einen weiteren, weniger energischen
Fußtritt und ging zur Theke hinüber.
»Sie hat das Zeug dazu, ja«, murmelte Tom, doch der Straßen-
händler drehte sich nicht um. »Ein richtiger Siegerhund. Wenn
sie die Chance dazu bekommen würde.«
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Als Lady die Schnauze in seine Hand schmiegte, zog er sie weg
und wischte sie ausgiebig an seiner Jacke ab. Die Hündin sah ihn
erst mît ihren rosa Augen groß an und schlich sich dann, fast auf
dem Boden kriechend, davon. Am liebsten hätte er ihr einen
Fußtritt verpasst und
sie gleichzeitig in die Arme genommen.
Seine Brust schmerzte.
Die Eingangstür wurde aufgerissen. Herein stürzten mehrere
Herren in dicken Wintermänteln und schweren Schals. Sie brach-
ten einen Schwall eiskalter Luft und den holzig-modrigen Ge-
ruch nach Whisky mit.
»Brandy!«, rief einer von ihnen und fuchtelte mit einem Stock
mit Silberknauf in der Luft herum. »Her mit dem Brandy!«
»Da müssen wir uns vertan haben«, protestierte ein anderer
mit vom Alkohol schwerer Zunge. »Hier ist ja gar nichts los. Seht
doch, da ist nur ein alter Mann.«
»Da ist ja Tom«, erklang eine Stimme mit vertrautem schlep-
pendem Tonfall, und de
r Captain lüftete mit schwungvoller
Geste den Hut in Richtung Lady. »Guten Abend allerseits.«
Das Gesicht des Captain glühte, die roten Flecken auf seinen
Wangen leuchteten wie bei einer Straßenhure. Auch seine Lip-
pen waren rot und glänzten feucht, und er leckte immer und im-
mer wieder mit der Zunge darüber. Die Poren auf seiner Haut
waren deutlich als schwarze Punkte zu erkennen, seine Pupillen
waren unnatürlich groß, die Iris nur ein schmaler Kreis. Tom
schnupperte, aber zu seiner Überraschung roch er ihn nicht he-
raus, den brunftigen Moschusgeruch der Hurerei. Er roch nur
den Whisky und die alles durchdringende Feuchtigkeit von Ne-
bel und Schnee, metallisch wie Blut. Tom
f
knif die Augen zu-
sammen.
»Gilt die Abmachung noch?«, fragte er fordernd.
Der Captain neigte den Kopf.
»Einhundert Guineen?« Tom ließ nicht locker.
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»Hatten wir das ausgemacht?« Die Augen des Captain funkel-
ten, als er grinste und dabei seine scharfen, gelben Zähne ent-
blößte. »Dann gilt es selbstverständlich. Einhundert Guineen.«
Vielleicht hatte Brassey durchs Schlüsselloch gespäht, viel-
leicht besaß er aber auch den Instinkt einer Kröte beim Aufspü-
ren von Fliegen. Jedenfalls stand er plötzlich mit gespreizten Bei-
nen in der Schankstube, die Füße in den feinen Schuhen, noch
bevor sein Gehilfe Zeit gehabt hatte, eine Flasche auf den Tisch
zu stellen. Mehrere Hunde seien bereits angetreten, sagte er zu
den Herren. Dabei wackelte er aufgeregt mit dem Kopf. Aber es
stünde noch mindestens ein Kampf bevor, wenn die Herren gern
etwas zur Einstimmung hätten. Andernfalls würde er sofort die
Arena freimachen für den großen Kampf. Ganz wie die Herren
wünschten .Er strich sich über den gewölbten Bauch, während er
im Geist seinen Gewinn überschlug.
Während sich seine Begleiter auf den Brandy stürzten, winkte
der Captain Tom zu, Lady auf den Tisch zu stellen, damit er sie
begutachten konnte. Anders als seine Kumpane, die mit trübem
Blick und schwerer Zunge nach ihren Gläsern tasteten, wirkte
der Captain vollkommen nüchtern. Er atmete in kurzen Stößen,
den Mund zu einem Grinsen verzerrt.
»Dann bist du also ein richtiger Killer, Mädel?«, murmelte er
Lady zu. Seine glänzenden roten Lippen zeichneten sich scharf
unter dem schwarzen Backenbart ab. Er drückte ihr Maul so
fest, dass sie aufjaulte. »Bist schon aufgeregt? Hast Blut geleckt,
was?«
Tom sagte nichts. Er hielt den Blick gesenkt, die Hände in den
Hosentaschen zur Faust geballt. Als Brassey die Herrschaften
nach oben führte, folgte er ihnen nicht. Es dauerte noch drei,
vier Runden, bis Lady an der Reihe war. Sie lag zu seinen Füßen.
Er berührte sie nicht. Reglos saß er da, die Hände im Schoß, den
Kopf leer. Wenn er jetzt anfing zu denken, konnte er nicht mehr
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aufhören. Und so s a
t rrte er auf die rußigen Schatten an der
Wand, und wartete.
Als sie schließlich gerufen
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