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Der Vermesser

Der Vermesser

Titel: Der Vermesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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Ziehen in den Oberschenkeln. Hier war er nun,
    an dem Abend, der ihm ein kleines Vermögen einbringen sollte,
    und wünschte sich doch sehnlichst, an einem anderen Ort zu sein.

    212
    Plötzlich stand Brassey neben ihm.
    »Tom«, sagte er und starrte Lady mit seinen kleinen Kröten-
    augen an. »Halt dich bereit. Wenn du mich als Idiot dastehen
    lässt ... «
    Er beließ es dabei und setzte sein schmieriges Grinsen auf.
    Tom hatte gute Lust, ihm einen Faustschlag zu verpassen, aber
    wozu? In dem Gedränge konnte der Wirt gar nicht umfallen,
    selbst wenn Tom ihn grün und blau prügeln würde.
    »Wir sind bereit«, murmelte Tom stattdessen.
    »Ein hübsches Halsband, was dein Köter da hat«, meinte
    Brassey, und seine Augen funkelten. »Es ist doch ihres, oder?«
    Tom runzelte die Stirn. Es ging ihm gegen den Strich, dass
    Brassey ihn behandelte, als wäre er ständig auf der Flucht vor der
    Polizei, und so tat, als würde er, Brassey, ihn aus reiner Guther-
    zigkeit nicht bei den Polypen verpfeifen. Wo doch jeder hier in
    der Schankstube wusste, was für ein windiger Bursche der Wirt
    war. Tom war sehr darauf bedacht gewesen, Lady ein anständiges
    Halsband zu besorgen, eines, das richtig gut gemacht war. Also
    hatte er einem Falschmünzer in der Drury Lane fast eine ganze
    Krone dafür bezahlt, dass er die Steckknöpfe des Verrückten in
    ein hübsches Halsband einließ, das er aus einem geschmolzenen
    Silberlöffel formte. Für gewöhnlich schwärzte der Falschmünzer
    seine Münzen mit Lampenruß und Öl, damit sie nicht mehr wie
    neu aussahen, aber für dieses Halsband hatte sich seine Tochter
    eigens Zeit genommen, um es auf Hochglanz zu polieren. Im
    trüben Licht des Schankraums glänzte und funkelte es wie die
    Uhrkette eines Kirchendieners.
    »Natürlich gehört es ihr«, gab Tom kurz ngebu
    a
    den
    n
    urück.
    z
    »Wem sonst?«
    Brassey zwinkerte ihm zu und machte dabei eine leichte
    Verbeugung. »Natürlich, wem sonst?«, pflichtete er ihm bei.
    »Du scheinst dir deiner Sache ja ganz sicher zu sein, wenn du

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    deinen Gewinn verschleuderst, noch bevor du ihn in der Tasche
    hast.«
    Tom warf einen Blick auf Lady. Sie sah ihn mit halb geschlos-
    senen Augen an und drückte die Schnauze noch fester an ihn. Er
    schluckte, um den Kloß im Hals loszuwerden. »Sie wird gewin-
    nen.«
    »Das möchte ich dir auch geraten haben.« Brassey wippte auf
    seinen feinen Schuhen und rieb sich die Hände. »Das möchte ich
    dir wirklich geraten ha en.«
    b
    Tom ließ den Blick durch den Raum schweifen. »Wo ist der
    Captain?«
    Brassey fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
    »Wird schon kommen. Ist ja noch viel Zeit. Aber er wird kom-
    men.«

    Bevor Lady an der Reihe war, sollten andere Hunde zum Kampf
    antreten, um dem Publikum Appetit auf den Hauptgang zu ma-
    chen. Pünktlich um neun ließ Brassey die Männer nach oben.
    Der Captain war zwar noch immer nicht eingetroffen, aber Bras-
    sey heizte die Spannung auf, wusste er doch aus Erfahrung, dass
    aufgeregte Männer eine durstige Kehle hatten. Lady auf dem
    Schoß, ließ Tom sich in dem nunmehr fast völlig leeren Schank-
    raum nieder. Der einzige verbliebene Gast außer ihm war ein al-
    ter Mann mit einem Backenbart wie aus zerschlissener, an einem
    Dornenstrauch hängen gebliebener Schafwolle. Mit trauriger
    Miene starrte er in sein schmutziges Glas und stieß ab und zu ein
    Schnauben aus, als wäre das sein Beitrag zu einer Unterhaltung.
    Vom Kampfplatz im Obergeschoss waren merkwürdig dumpfe
    Schläge und das Kratzen von Krallen zu hören. Lady spitzte ihr
    gesundes Ohr und lauschte mit hechelnder Zunge. Es versetzte
    Tom einen Stich im Magen, als ihm klar wurde, wie aufgeregt sie
    war.

    214
    Sie warteten schon eine ganze Weile, als ein finster dreinbli-
    ckender junger Straßenhändler die Treppe herunterstolperte,
    eine blutüberströmte Bulldogge auf den Armen. Herausgeputzt
    nach der neuesten Mode, das Haar unter einem plüschigen Käpp-
    chen, das die Straßenhändler King̕s man nannten, zu sechs
    Schläfenlocken gedreht, blieb er mitten in der Schankstube ste-
    hen und streckte die Arme mit dem Hund aus, als wollte er Tom
    das Tier zur Begutachtung präsentieren. Mit wachsamen rosa
    Augen hob Lady neugierig den Kopf.
    »Alles gut gegangen?«, fragte Tom, da sich der Junge offenbar
    nicht von der Stelle zu rühren gedachte, bevor Tom etwas sagte.
    Der Junge zog ein finsteres Gesicht. Ohne Vorwarnung ließ er
    den Hund auf den Boden fallen und

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