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Der Verräter von Westminster

Der Verräter von Westminster

Titel: Der Verräter von Westminster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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so dass sie beiseitetreten musste,
um nicht den Eindruck zu erwecken, sie wolle sie am Fortgehen hindern.
    Narraway stand nach wie vor am anderen Ende des Saals und unterhielt sich mit Barralet. Als Charlotte sah, dass Talulla genau in diese Richtung strebte, folgte sie ihr mit einigen Schritten Abstand. Ungefähr in der Mitte des Ganges zwischen den Stuhlreihen blieb Talulla unvermittelt stehen, was Charlotte ebenfalls dazu nötigte.
    Dann sah sie, warum Talulla nicht weitergegangen war. Eine kleine Menschentraube hatte sich dort gebildet, wo Narraway, der sich wohl inzwischen von Ardal Barralet verabschiedet hatte, Cormac O’Neil gegenüberstand. Phelim O’Conor sah von einem zum anderen, Bridget Tyrone stand rechts von ihm.
    Einige Augenblicke rührte sich keiner der beiden Männer, dann holte Cormac tief Luft und stieß zwischen den Zähnen hervor: »Ich hätte nicht gedacht, dass Sie so unverfroren sein könnten, sich noch einmal in Irland zu zeigen.« Dabei sah er Narraway unverwandt an. »Wen wollen Sie diesmal ins Unglück stürzen? Mulhare ist tot – haben Sie das etwa nicht gewusst? « Seine Worte waren kaum zu verstehen, denn seine Stimme bebte, und er zitterte am ganzen Leibe.
    Heftige Gefühle erfüllten die Menschen um die beiden herum. Es war, als fege der Wind durch ein Getreidefeld.
    »Doch, das ist mir bekannt«, sagte Narraway, der keinen Schritt zurückwich, obwohl Cormac dicht vor ihm stand. »Jemand hat das Geld unterschlagen, das er bekommen sollte, damit er irgendwo im Ausland untertauchen und ein neues Leben anfangen konnte.«
    »Jemand?«, höhnte Cormac. »Und vermutlich haben Sie keine Ahnung, wer das war?«
    »Bisher nicht«, gab Narraway zurück, der sich nach wie vor nicht rührte, obwohl Cormac nur noch gut einen halben
Meter von ihm entfernt war. »Ich bin aber auf dem besten Weg, das festzustellen.«
    Cormac verdrehte die Augen. »Wenn ich nicht genau im Bilde über Sie wäre, würde ich die Geschichte glauben. So aber bin ich sicher, dass Sie selbst das Geld gestohlen haben, Sie haben Mulhare ebenso verraten wie uns alle.«
    Narraways Gesicht war jetzt kreideweiß. Seine Augen blitzten. »Damals herrschte Krieg, Cormac. Sie haben verloren, das ist alles …«
    »Das ist eben nicht alles!«, stieß Cormac mit vor Hass verzerrtem Gesicht aus. »Ich habe dabei nicht nur meinen Bruder und meine Schwägerin verloren, sondern auch mein Land. Und jetzt kommen Sie her und sagen kaltschnäuzig: ›Das ist alles‹ …«
    Gemurmel erhob sich in der Gruppe um ihn herum. Charlotte biss die Zähne zusammen. Sie wusste, was Narraway mit seiner Aussage gemeint hatte, aber er hatte wohl die Situation nicht recht bedacht und seine Worte nicht besonders glücklich gewählt. Dabei musste er doch wissen, dass die Menschen im Lande gegen ihn aufgebracht waren und er nichts beweisen konnte. Von London konnte er keine Unterstützung mehr erwarten; er war auf sich allein gestellt, und es sah ganz so aus, als werde er die Partie verlieren.
    »Es können nun einmal nicht beide Seiten gewinnen«, sagte Narraway, der mit Mühe seine Selbstbeherrschung wiederfand. »Damals hatte ich Erfolg. Sofern Sie gewonnen hätten, hätten Sie bestimmt nicht ›Verrat‹ geschrien!«
    »Es geht um mein verdammtes Land, Sie überheblicher Affe!«, fuhr ihn Cormac an. »Wie viele von uns Iren müssen denn noch ausgeplündert, betrogen und ermordet werden, bis Ihr endlich ein schlechtes Gewissen bekommt und von unserer Insel verschwindet?«
    »Ich gehe, sobald ich den Beweis dafür habe, wer das für Mulhare bestimmte Geld veruntreut hat«, sagte Narraway.
»Haben Sie den Mann geopfert, um sich an mir zu rächen? Wissen Sie deshalb von der Sache?«
    »Jeder weiß davon«, knurrte Cormac. »Seine Leiche wurde am Ufer des Hafens von Dublin angetrieben. Der Teufel soll Euch holen!«
    »Nicht ich habe ihn verraten«, gab Narraway mit bebender Stimme zurück. Trotz seiner Mühe, sich zu beherrschen, war er lauter geworden. »Ich hätte mich mit Sicherheit nicht so amateurhaft verhalten und das Geld auf mein eigenes Konto geleitet, damit man es da finden kann. Ganz gleich, was Sie von mir halten, Cormac, Sie wissen genau, dass ich kein Dummkopf bin.«
    Cormac schwieg einen Augenblick lang. Er schien fassungslos zu sein.
    Inzwischen hatte auch Talulla die Gruppe erreicht und stellte sich Narraway so gegenüber, dass sie Cormac den Rücken zukehrte. Ihr Gesicht war so bleich, dass sogar ihre Lippen jede Farbe verloren hatten, und

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