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Der Verräter von Westminster

Der Verräter von Westminster

Titel: Der Verräter von Westminster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Sie haben ihn auf dem Hof einer Ziegelei in Shadwell eingeholt, wenige Augenblicke, nachdem man ihn umgebracht hatte. Der Mörder stand noch über ihn gebeugt.« Er spürte die Hitze seiner Wangen, während er das sagte. Wirklich ärgerlich, dass seine Männer dem Täter so nahe gewesen waren, ohne die Tat verhindern zu können. Eine Minute früher, und West wäre nicht nur noch am Leben, sondern sie hätten auch all seine Informationen. Er empfand das zum Teil als persönliches Versagen, denn für den Fall, dass dahinter Unfähigkeit seiner Leute stand, fiel das seiner Ansicht nach auch auf ihn selbst zurück. Er sah Croxdale in die Augen, ohne den Blick abzuwenden. Es war nicht seine Art, nach Ausreden zu suchen, weder offen noch versteckt.
    Mit einem Lächeln lehnte sich Croxdale zurück und schlug seine langen Beine übereinander. »Das war Pech – aber man kann nun einmal nicht immer Glück haben. Es war eine beachtliche Leistung Ihrer Männer, dass sie dem Mörder auf den Fersen geblieben sind. Wie sieht die Lage inzwischen aus?«
    »Ich habe von Pitt zwei Telegramme aus Saint Malo bekommen. Wrexham, also der Mörder, scheint im Haus eines dort ständig lebenden Briten mehr oder weniger untergetaucht zu sein. Interessanterweise haben sie dort auch andere weithin bekannte sozialistische Aktivisten gesehen.«
    »Wen?«
    »Pieter Linsky und Jacob Meister«, erklärte Narraway.
    Croxdale richtete sich ein wenig auf und fragte mit angespanntem Gesicht: »Tatsächlich? Dann ist vielleicht noch nicht alles verloren.« Er senkte die Stimme. »Meinen Sie immer noch, dass größere Aktionen bevorstehen könnten?«

    »Unbedingt«, sagte Narraway, ohne zu zögern. »Meiner Ansicht nach dürfte der Mord an West jeden Zweifel daran ausgeräumt haben. Er hätte uns gesagt, worum es geht, und wahrscheinlich auch, wer dabei seine Hand im Spiel hat.«
    »Verflucht! Sie müssen unbedingt dafür sorgen, dass Pitt und der andere an Ort und Stelle bleiben. Wie heißt der noch?«
    »Gower.«
    »Also, auch Gower. Stellen Sie den beiden so viel Geld zur Verfügung, wie sie brauchen. Ich sorge dafür, dass niemand Einwände dagegen erhebt.«
    »Ja«, sagte Narraway. Croxdales letzte Worte erstaunten ihn, denn er hatte in Bezug auf die ihm zugewiesenen Gelder stets freie Hand gehabt und nach Gutdünken darüber verfügen können.
    Croxdale spitzte die Lippen und beugte sich noch ein wenig weiter vor. »Das ist nicht selbstverständlich, Narraway«, sagte er mit bedeutungsvoll gehobener Stimme. »Wir haben uns mit der Verwendung Ihnen für frühere Fälle zur Verfügung gestellter Gelder beschäftigt, wie Sie vermutlich wissen werden. « Er schlang seine Finger ineinander, sah einen Augenblick auf seine Hände und hob dann rasch den Blick wieder. »Es sind im Zusammenhang mit Mulhares Tod einige unangenehme Fragen gestellt worden, und ich fürchte, wir werden Antworten darauf finden müssen.«
    Narraway war überrascht. Er hatte nicht gewusst, dass die Sache schon so weit oben angekommen war, bevor er auch nur eine Möglichkeit gehabt hatte, sich damit zu beschäftigen und seine Schuldlosigkeit zu beweisen. Ob Austwick dahintersteckte? Der Teufel mochte ihn holen!
    »Das versteht sich von selbst«, sagte er. »Ich habe seinerzeit bestimmte Kontobewegungen geheim gehalten, um Mulhare zu schützen. Man hätte ihn sofort umgebracht, wenn bekannt geworden wäre, dass er Geld aus England bekommen hat.«
    »Ist denn nicht genau das passiert?«, fragte Croxdale betrübt.
    Einen Augenblick lang dachte Narraway daran, das zu bestreiten, doch es war nicht seine Art, nach Ausflüchten zu suchen. Es gab in seinem Leben genug Belastungen, und er war nicht bereit, sich vor Croxdale seiner moralischen Verantwortung zu entziehen. »Doch, leider.«
    »Wir haben den Mann im Stich gelassen, Narraway«, sagte Croxdale. In seiner Stimme lag Trauer.
    »Ja.«
    »Wie ist es dazu gekommen?«, fasste Croxdale nach.
    »Man hat ihn verraten.«
    »Wer?«
    »Das weiß ich nicht. Sobald die Sache mit der sozialistischen Bedrohung ausgestanden ist, werde ich mich darum kümmern und zusehen, dass ich es herausbekomme, sofern das in meinen Kräften steht.«
    »Zweifeln Sie etwa daran?«, fragte Croxdale freundlich. »Haben Sie keine Vorstellung davon, wer hier in London dahinterstecken könnte?«
    »Nein.«
    »Aber Sie haben gesagt, man habe den Mann verraten«, beharrte Croxdale. »Ich nehme an, Sie haben das Wort mit Bedacht gewählt. Bereitet Ihnen das keine Sorgen?

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