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Der Verräter von Westminster

Der Verräter von Westminster

Titel: Der Verräter von Westminster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Hochglanz gebohnert war, folgte sie ihr in die kleine nach hinten hinaus liegende Küche. Auch dort war alles blitzblank und roch trotz der frühen Morgenstunde frisch nach Zitrone und Kernseife. Das Feuer im Herd brannte, und auf dem Fensterbrett standen Formen mit gründlich geknetetem Brotteig, der aufgehen sollte, bevor Gracie sie in die Backröhre schob.
    Sie zog den Wasserkessel auf die Ringe, stellte eine Teekanne mit Tassen auf den Tisch und holte dann Milch aus der Speisekammer.
    »Ich hab Kuch’n im Haus, wenn Se woll’n«, bot sie an. »Aber vielleicht hätt’n Se lieber Toast mit Konfitüre?«
    »Ehrlich gesagt wäre mir ein Stück Kuchen am liebsten, falls es Ihnen nichts ausmacht«, sagte Charlotte. »Ich habe schon eine ganze Weile keinen guten Kuchen mehr gegessen. Da Mrs Waterman nichts vom Kuchenbacken hielt, waren die Ergebnisse dementsprechend, wenn sie doch einen machte. Was sie buk, lag wie Blei im Magen.«
    Gracie nahm den Kuchen aus dem Schrank und stellte Teller auf den Tisch. Charlotte musste lächeln, als sie sah, dass alles am Tellerregal genau so war wie in der Keppel Street, wo sich Gracie so lange um den Haushalt gekümmert hatte: Die
Tassen hingen an Haken, die kleinen Teller standen auf dem obersten Brett, dann kamen Schüsseln und ganz unten die großen Teller.
    »Is’ se denn weg?«, fragte Gracie besorgt.
    »Mrs Waterman? Ja, leider. Sie hat gestern Abend gekündigt und ist gleich gegangen. Genauer gesagt, hat sie gestern am späten Abend gekündigt und stand heute am frühen Morgen mit ihrem Koffer in der Diele, als ich herunterkam.«
    Gracie war sichtlich verblüfft. Sie stellte den Kuchen auf den Tisch und sah dann Charlotte betrübt an. »Was hat se denn gemacht? Se ham se doch nie und nimmer ohne Grund vor de Tür gesetzt?«
    »Ich habe sie überhaupt nicht vor die Tür gesetzt«, gab Charlotte zurück. »Sie hat mir wirklich gekündigt, einfach so …«
    »So was kann se doch nich’ mach’n.« Gracie unterstrich ihre Worte mit einer Handbewegung, die deutlich zeigte, wie sehr sie diesen Gedanken missbilligte. »So kriegt die doch nie ’ne neue Stellung, jed’nfalls keine vernünftige.«
    »Es ist viel geschehen«, sagte Charlotte ruhig.
    Gracie setzte sich ihr gegenüber und beugte sich ein wenig vor. Ihr Gesicht war von einem Augenblick auf den anderen bleich geworden. »Mr Pitt fehlt doch nix …?«, fragte sie. Charlotte hörte, dass in Gracies Stimme mit einem Mal Besorgnis mitschwang.
    »Nein«, beeilte sie sich, ihr zu versichern. Das hätte sie gleich sagen müssen, damit Gracie gar nicht erst auf solche Gedanken kam. »Er ist dienstlich in Frankreich und kann erst zurückkommen, wenn der Fall abgeschlossen ist. Man hat Mr Narraway durch eine Intrige aus dem Amt entfernt, und das kann auch für Mr Pitt sehr schwerwiegende Auswirkungen haben.« Gracie die Wahrheit vorzuenthalten hatte keinen Sinn, und ganz davon abgesehen wäre es ihr gegenüber auch
nicht anständig gewesen. Schließlich hatte Mr Narraway sie damals als Dienstmädchen in den Buckingham-Palast eingeschleust, als Pitt dort dringend Hilfe bei der Aufklärung eines Mordfalls brauchte. Dass es ihm schließlich gelungen war, ihn zu lösen, war beinahe ebenso sehr Gracies Verdienst wie sein eigenes gewesen, weshalb Narraway sie höchstpersönlich für ihre Arbeit gelobt hatte.
    Gracie war entsetzt. »Das is gemein!«
    »Er nimmt an, dass ein alter Feind dahintersteckt. Möglicherweise macht der gemeinsame Sache mit einem neuen, der auf seinen Posten scharf ist«, teilte ihr Charlotte mit. »Mr Pitt weiß nichts davon und verlässt sich darauf, dass Mr Narraway tut, was er kann, um ihn von hier aus bei seiner Aufgabe zu unterstützen. Er ahnt nicht, dass er jetzt auf einen anderen angewiesen ist, der möglicherweise nicht so unverbrüchlich zu ihm steht wie Mr Narraway.«
    »Un’ was mach’n wir da?«, erkundigte sich Gracie sofort.
    Eine plötzliche Dankbarkeit erfüllte Charlotte angesichts Gracies unwandelbarer Treue. Sie spürte, wie ihr warm ums Herz wurde und ihr die Tränen in die Augen traten. Doch das war nicht der richtige Augenblick, um sich ihren Gefühlen hinzugeben.
    »Mr Narraway vermutet, dass das Ganze mit einem Fall zu tun hat, den man ihm vor zwanzig Jahren in Irland übertragen hatte. Deshalb will er dort hinreisen, um seinen Feind aufzuspüren, damit er versuchen kann, seine Schuldlosigkeit zu beweisen. «
    »Aber kann er das alleine? Mr Pitt is’ nich’ da un’ kann ’m

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