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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Miene, und ich dachte mir, dass ihm diese weniger sympathischen Aspekte der menschlichen Psyche durchaus vertraut waren. Was bedeutete, dass er nicht mehr viel länger tatenlos bleiben würde.
    Außerdem hatte er sichtlich bestürzt auf die Erkenntnis reagiert, dass es sich bei der Lieferung um etwas anderes als leichte Waffen handelte. Ich fragte mich, ob er beschlossen hatte, etwas dagegen zu unternehmen.
    Die Russen fingen an, miteinander zu reden, und ich merkte, dass ich richtig gelegen hatte: Sie sprachen Russisch. Aber wieder konnte ich den Akzent nicht einordnen. Waren sie Ukrainer? Weißrussen? Oder kamen sie aus einem anderen Teil der ehemaligen Sowjetunion?
    Staunend beobachtete ich das Geschehen weiter durchs Fernglas. Mit ein bisschen Glück konnte das Ganze fast perfekt ablaufen. Der Bodyguard erschießt die sechs Männer. Dox erledigt ihn, wenn er in den Van einsteigen will. Oder sie fangen alle an, aufeinander zu schießen, und Dox und ich eliminieren die »Überlebenden«. Ich schnappe mir die Reisetasche, und wir brausen davon.
    Aber noch während ich mir das ausmalte, wusste ich, dass es zu schön war, um wahr zu sein. Ich sah nämlich schon die nächste Komplikation: ein silberfarbener Toyota Camry, der aus südlicher Richtung die Zufahrtstraße hochkam. Was jetzt?, dachte ich.
    Der Bodyguard blickte kurz zu dem näher kommenden Auto, dann fixierte er wieder die Männer vor sich. Er wirkte nicht überrascht, im Gegenteil, ich sah ein wenig Erleichterung in seinem Gesicht. Ich hatte so das Gefühl, dass die Insassen des Fahrzeugs seine Komplizen waren, die er möglicherweise mit irgendeinem elektronischen Gerät herbeizitiert hatte.
    Hilger war ganz gespannte Aufmerksamkeit. Er dachte jetzt vermutlich: Der Kerl kann jetzt noch nicht schießen, weil wir sechs gegen einen sind. Er könnte uns nicht alle erledigen, ehe einer von uns ihn überwältigt. Aber wenn die Männer in dem Auto zu ihm gehören, wenn die hier sind, sind wir alle so gut wie tot.
    Er würde vorher handeln. Das spürte ich.
    »Nun, Gentlemen«, sagte einer der Russen, »wir haben die Alazans geliefert, nicht wahr? Sie gehören jetzt Ihnen. Das ist also … nicht mehr unser Problem.«
    Schlau. Auch er wollte nicht abwarten, bis der Wagen bei ihnen war. Er hob die Reisetasche auf und nickte seinem Begleiter zu. Die beiden gingen zu ihrem Auto.
    Der Bodyguard trat ein paar Schritte zurück, um weiter alle im Auge behalten zu können, aber er machte keinerlei Anstalten, die Russen aufzuhalten. Der mit der Tasche begann zu lächeln. Dann zerplatzte sein Kopf.
    Der Bodyguard mochte ja gewillt sein, die fünf Millionen verschwinden zu lassen. Aber Dox war es nicht.
    Dem Bodyguard klappte der Unterkiefer runter. Und in dem Augenblick der Verblüffung und Ablenkung ging Hilger in die Knie, zog eine Pistole aus einem Halfter am Fußknöchel und schoss ihm in den Bauch. Der Mann taumelte rückwärts und wirbelte herum. Hilger schoss wieder und wieder. Der Bodyguard tauchte hinter den Wagen, und ich konnte nicht sagen, ob Hilgers weitere Schüsse getroffen hatten.
    Anscheinend nicht. Ich sah Mündungsfeuer unter dem Wagen aufblitzen, da wo der Bodyguard sein musste.
    Der zweite Russe schnappte sich die Tasche und wollte zu dem Lexus laufen. Er machte genau zwei Schritte, bis Dox ihm lautlos das Gehirn wegpustete.
    Belghazi sprang hinten in den Van. Ich hörte die Tür hinter ihm zuschlagen.
    Hilger huschte zur Vorderseite des Vans und richtete seine Pistole auf das Fahrerfenster. Ich dachte, Scheiße, der knallt Belghazi ab, seinen eigenen Spitzel. Dem Kerl möchte ich möglichst nie in die Quere kommen.
    Der Toyota schlingerte quietschend auf den Wendeplatz. Ich hörte Schüsse und sah im Beifahrerfenster Mündungsfeuer aufblitzen, sah kleine Staubexplosionen auf dem Boden um Hilger und um Belghazis andere Männer. Die beiden Araber suchten hinter dem Van Deckung. Hilger, wieder auf einem Knie, drehte sich vom Van weg und gab seelenruhig ein halbes Dutzend Schüsse auf den Wagen ab, von denen jeder traf. Entweder er hatte den Fahrer erwischt oder aber der Mann hatte in dem Kugelhagel Panik bekommen, denn eine Sekunde später brach der Wagen aus und krachte in die Betonbegrenzung auf der rechten Seite. Er wirbelte um hundertachtzig Grad herum und schlitterte funkensprühend rückwärts an der Begrenzung entlang. Er war kaum zum Stillstand gekommen, als die Fahrertür aufflog und ein junger Mann heraussprang. Noch ein Araber. Er kniete sich

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